Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)
Wir brauchen mehr Zeit.«
»Edna hat ihre Hilfe angeboten.«
»Gut, gut. Sie wollte sich sofort an die Strippe hängen. Was meinst du, wann du damit loslegen kannst?«
»Ich brauche erst ein bisschen Schlaf.«
»Geht klar. Und diese Detectives …«
»Ich geh gleich zu ihnen.«
Cowart wandte sich wieder seiner Arbeit zu. Schließlich pickte er sich ein Zitat von Sullivan aus den Aufzeichnungen in seinem Notizbuch heraus und setzte es ans Ende seines Artikels: »Irre Story, was?«
Er sendete seine Arbeit an die Lokalredaktion, die sie für die Titelseite bearbeiten und formatieren würde. Er konnte nicht mehr sagen, ob das, was er geschrieben hatte, auf die Wahrheit oder auf Lügen hinauslief. Ihm wurde bewusst, dass er zum ersten Mal in seiner Laufbahn als Journalist beides nicht mehr auseinanderhalten konnte, so sehr hatten sie sich in seinem Kopf vermengt.
Von Ratlosigkeit und Doppeldeutigkeiten verunsichert, machte er sich auf den Weg zu den Detectives.
Shaeffer und Weiss waren gereizt. »Wo ist es?«, herrschte die Frau ihn an, kaum dass er zur Tür hereingekommen war. Die drei Stenotypistinnen hefteten gerade an einem großen Tisch, an dem nachmittags Pressekonferenzen abgehalten wurden, die Seiten zusammen. Als sie aus dem Tonfall der Polizistin die kaum verhaltene Wut heraushörten, brachten sie ihre Arbeit hastig zu Ende, ließen einen Stapel Transkriptionskopien auf dem Konferenztisch und eilten aus dem Raum. Cowart antwortete nicht. Sein Blick wanderte zum großen Panoramafenster. Sonnenlicht wurde vom Wasser der Bucht reflektiert und durchflutete den Raum. Für einen Moment beobachtete er ein Kreuzfahrtschiff, das mit Volldampf durch den Governor’s Cut ins offene Meer fuhr.
»Wo ist es?«, wiederholte Shaeffer ihre Frage. »Wo bleibt seine Erklärung zum Doppelmord an seinem Stiefvater und an seiner Mutter?«
Wütend hielt sie ihm eine getippte Transkription unter die Nase. »Da drin findet sich kein einziges Wort dazu«, schrie sie beinahe.
Auch Weiss hielt es nicht länger auf seinem Stuhl. Mit spitzem Zeigefinger kam er auf ihn zu. »Ich hab Ihre Hinhaltemanöver satt, Cowart. Wir könnten Sie als wichtigen Zeugen verhaften und in eine Zelle sperren.«
»Klingt verlockend«, erwiderte der Journalist, da er keine Lust mehr hatte, auf die beiden Ermittler mit einem ähnlichen Maß an Empörung zu reagieren. »Ich könnte ein bisschen Schlaf gebrauchen.«
»Wissen Sie was? Ich habe die Nase gestrichen voll davon, wie Sie beide meinen Mitarbeiter hier bedrohen«, hörte Cowart hinter sich jemanden sagen. Es war der Lokalredakteur. »Wie wär’s, wenn Sie zur Abwechslung selbst ein bisschen Arbeit in die Ermittlungen stecken würden? Stattdessen sind Sie wie der Teufel hinter Cowart her und erhoffen sich sämtliche Antworten von ihm.«
»Weil ich davon überzeugt bin, dass er sämtliche Antworten hat«, erwiderte Shaeffer langsam und leise, doch in mühsam beherrschtem Ton.
Einen Moment lang waren alle im Raum wie erstarrt. Um die knisternde Spannung ein wenig abzubauen, deutete der Redakteur nach einer Weile mit einer entschlossenen Geste auf die Stühle. »Setzen wir uns alle erst mal«, sagte er streng. »Versuchen wir, die Sache zu klären.«
Cowart sah, wie Shaeffer einmal tief Luft holte und versuchte, sich zu fassen.
»Na schön«, sagte sie ruhig. »Nichts weiter als eine umfassende Aussage, hier und jetzt. Dann sind Sie uns los. Was halten Sie davon?«
Cowart nickte. Der Redakteur wandte ein: »Wenn er damit einverstanden ist, meinetwegen. Aber noch so eine Drohung, und dieses Gespräch ist beendet.«
Weiss sackte auf einen Stuhl und zückte ein kleines Notizbuch. Shaeffer stellte die erste Frage.
»Bitte erklären Sie mir, was Sie im Gefängnis in Starke zu mir gesagt haben.«
Sie ließ ihn keine Sekunde aus den Augen, registrierte jede Regung bei ihm.
Cowart erwiderte ihren unverwandten Blick. So sieht sie Verdächtige an, dachte er.
»Sullivan hat behauptet, er habe den Doppelmord veranlasst.«
»Das sagten Sie bereits. Und wie? Durch wen? Was genau hat er gesagt? Und wieso ist das nicht auf dem Band?«
»Er hat verlangt, dass ich das Aufnahmegerät abschalte. Keine Ahnung, wieso.«
»Na schön«, sagte sie gedehnt. »Fahren Sie fort.«
»Es war nur ein kleiner Teil unseres Gesprächs …«
»Sicher. Fahren Sie fort.«
»Also gut. Sie wissen, dass er mich nach Islamorada geschickt hat. Mir die Adresse und eine Wegbeschreibung gegeben hat. Ich sollte die Leute
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