Der Sumpf: Psychothriller (German Edition)
interviewen, die ich dort vorfinden würde. Dabei hat er mir verschwiegen, dass sie tot sein würden. Er hat nicht die geringste Andeutung gemacht, nur darauf bestanden, dass ich hinfahre und …«
»Und Sie haben keine Erklärung von ihm verlangt, bevor Sie da runtergefahren sind?«
»Wozu? Er hätte mir keine gegeben. Er konnte tun und lassen, was er wollte. Schließlich sah der Mann seiner Hinrichtung ins Auge. Also bin ich gefahren. Ohne Fragen zu stellen. So schwer ist das doch wohl nicht zu verstehen.«
»Sicher. Fahren Sie fort.«
»Kaum kam ich zu seiner Zelle zurück, wollte er, dass ich ihm die Toten genau beschreibe. Er wollte alle Einzelheiten wissen, wie sie dagesessen haben, wie genau sie gestorben sind und wie es am Tatort ausgesehen hat. Vor allem interessierte ihn, ob sie gelitten hatten. Nachdem ich ihm alles erzählt hatte, was ich über die beiden Leichen wusste, schien er zufrieden. Geradezu erfreut.«
»Fahren Sie fort.«
»Ich fragte ihn, wieso, und er sagte: ›Weil ich sie getötet habe.‹ Und auf meine Frage, wie er das angestellt habe, antwortete er: ›Alles lässt sich deichseln, ist nur eine Frage des Preises.‹ Ich hakte nach, was er dafür bezahlt habe, doch er hielt dicht. ›Find’s raus‹, meinte er nur. Bis er das Zeitliche segnete, würde er die Klappe halten. Ich hab versucht, aus ihm rauszubekommen, wie er das gedreht hat, aber ich habe wirklich kein Wort mehr aus ihm rausbekommen. Dann fragte er plötzlich: ›Interessieren Sie sich nicht für mein Vermächtnis?‹ An der Stelle sollte ich das Aufnahmegerät wieder einschalten, und er fing an, all diese anderen Morde zu gestehen.«
Die Lügen kamen ihm leicht über die Lippen. Er staunte selbst, wie leicht.
»Glauben Sie, dass es zwischen dem darauf folgenden Geständnis und dem Doppelmord in Monroe County eine Verbindung gibt?«
Genau das war die Frage, dachte Cowart. Er zuckte mit den Achseln. »Schwer zu sagen.«
»Aber Sie glauben, dass er Ihnen die Wahrheit gesagt hat?«
»Ja, jedenfalls zum Teil. Ich meine, offensichtlich hat er gewusst, dass in dem Haus dort unten etwas passieren würde, sonst hätte er mich nicht hingeschickt. Folglich wusste er, dass sie ermordet werden sollten. Ich denke, er hat bekommen, was er wollte. Was allerdings die Rechnung dafür betrifft …« Cowart sprach den Satz nicht zu Ende.
Shaeffer stand abrupt auf und starrte Cowart ins Gesicht. »Gut«, sagte sie. »Danke. Können Sie sich sonst noch an etwas erinnern?«
»Falls ja, melde ich mich bei Ihnen.«
»Wir hätten gerne die Originalbänder.«
»Schauen wir mal«, warf der Redakteur ein. »Spricht wahrscheinlich nichts dagegen.«
»Sie könnten Beweismaterial sein«, konterte sie in scharfem Ton.
»Jedenfalls müssen wir uns vorher Kopien davon machen. Vielleicht heute Nachmittag oder am frühen Abend. Vorerst können Sie eine Kopie der Transkription mitnehmen.«
»In Ordnung«, sagte sie. Cowart sah den Lokalredakteur an. Die Ermittlerin wirkte plötzlich überaus verbindlich.
»Falls ich Sie erreichen muss?«
»Sie finden mich hier.«
»Sie haben nicht vor, irgendwohin zu fahren?«
»Nur nach Hause und ins Bett.«
»Hm, verstehe. Wir melden uns wegen der Bänder.«
»Bei mir«, stellte der Redakteur klar.
Sie nickte. Weiss schlug laut vernehmlich sein Notizbuch zu.
Einen Moment lang durchbohrte Shaeffer Cowart mit ihrem Blick. »Wissen Sie was? Eine Sache macht mir zu schaffen. Bei der Pressekonferenz nach der Exekution haben Sie gesagt, Blair Sullivan habe mit Ihnen über den Mord an diesem kleinen Mädchen in Pachoula gesprochen.«
Cowart zog sich der Magen zusammen. »Ja …«, sagte er.
»Aber auch davon stand kein Wort in dieser Transkription.«
»Ich musste das Gerät ausschalten. Sagte ich bereits.«
Sie lächelte zufrieden. »Richtig. Hatte ich mir schon gedacht …« Sie legte eine wirkungsvolle Pause ein, dann fügte sie hinzu: »Nur dass Sullivan dann irgendwo sagen müsste: ›Schalten Sie den Apparat aus‹ oder dergleichen, meinen Sie nicht?«
Cowart kämpfte gegen die Panik an, zuckte jedoch nur lässig die Achseln. »Nein«, antwortete er langsam. »Von dem Verbrechen hat er gesprochen, als es auch um den Doppelmord ging.«
Shaeffer nickte. Sie kniff die Augen zusammen. »Ah, natürlich. Aber das hatten Sie eben nicht erwähnt, oder ist mir da was entgangen? Seltsam, finden Sie nicht? Alle anderen Verbrechen sind auf dem Tonband, bis auf diese zwei. Der Mord, der Sie überhaupt zu ihm
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