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Der Täter / Psychothriller

Der Täter / Psychothriller

Titel: Der Täter / Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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er kam, wie die Nacht war.

[home]
2
    Schlaf
    S ophie Millstein spähte durch einen Gardinenspalt hinaus und blickte Simon Winter in der Dunkelheit des Hofs hinterher. Dann drehte sie sich um und sackte auf ihren Sessel. Fast im selben Moment sprang der grau-weiß gefleckte Kater auf ihren Schoß.
    »Mr.Boots, hast du mich vermisst?«
    Während das Tier sich einrollte, kraulte sie das weiche Fell in seinem Nacken.
    »Mach’s dir nicht allzu bequem«, warnte sie. »Ich hab noch einiges zu erledigen.«
    Der Kater überhörte das nach Katzenart und fing an zu schnurren.
    Sophie Millstein legte dem Tier die Hand aufs Fell und fühlte sich mit einem Mal erschöpft. Sie sagte sich, es sei nichts dabei, wenn sie nur einen Moment die Augen schloss, doch als sie es tat, merkte sie, wie sie sich in einem nervösen Gedankenwirrwarr verlor, als ob ihre geschlossenen Lider nur die Ängste stauten, statt sie zu beruhigen. Sie legte die Hand an die Stirn und fragte sich, ob sie vielleicht einen Infekt ausbrütete. Sie hatte das Gefühl zu fiebern und räusperte sich mehrmals kräftig, um zu sehen, ob sie verschleimt war.
    Sie holte tief Luft.
    »Du hast immer ein einfaches Leben gehabt, Mr. Boots«, wandte sie sich an den Kater. »Es war immer für dich gesorgt. Du hattest ein warmes, trockenes Zuhause. Reichlich zu fressen. Unterhaltung. Zuneigung. Alles, was ein Katzenherz begehrt.«
    Mit einer abrupten Bewegung legte sie die Hand unter das Tier und schob es vom Schoß. Sie zwang sich, aufzustehen.
    Sie betrachtete den Kater, der ihr trotz seiner unerwarteten Vertreibung um die Beine strich.
    »Ich hab dich gerettet«, sagte sie bitter und war von der aufwallenden Wut selbst überrascht. »Dieser Mann hatte dich und den übrigen Wurf in einen Beutel gestopft, um euch ins Wasser zu werfen. Niemand wollte kleine Kätzchen. Es gab einfach zu viele, alle Welt hasste Katzenjunge, und keiner mochte sie haben, also wollte er euch alle töten, doch ich habe ihn daran gehindert und dich aus der Tüte geholt. Ich hätte eins der anderen nehmen können. Ich hatte schon die Hand um eins gelegt, doch es hat mich gekratzt, ich habe losgelassen und dich gepackt. Also hast du ein angenehmes Leben gehabt, während alle anderen in dem Beutel blieben und der Beutel ins Wasser geworfen wurde, so dass sie alle ertranken.«
    Sie schob Mr.Boots mit dem Fuß weg.
    »Glück gehabt, Kater«, flüsterte sie zischelnd. »Du bist ein richtiger Glückspilz.«
    Sophie Millstein ging in die Küche und machte sich daran, aufzuräumen. Sie richtete jede Dose auf den Regalen mit dem Etikett nach vorne aus, ordnete sie nach Größe und nach Sorte, so dass die Oliven nicht neben der Tomatensuppe standen. Nachdem das erledigt war, unterzog sie die verderblichen Lebensmittel im Kühlschrank einer ähnlichen Prozedur und stapelte sie in Reih und Glied. Als Letztes inspizierte sie ein Flunderfilet, das sie sich eigentlich zum Abendessen hatte grillen wollen, doch der Hunger war ihr vergangen. Einen Moment lang zögerte sie, weil der Fisch sich vielleicht nicht bis zum nächsten Tag halten würde. Sie beschloss, ihn am Morgen zuzubereiten und mittags zu essen.
    Der Kater war ihr miauend gefolgt. Das Geräusch irritierte sie.
    »Schon gut. Schon unterwegs.«
    Sie machte eine Dose Katzenfutter auf. Der Dosenöffner bereitete ihr Mühe, und ihre Hand fühlte sich wund an. Morgen früh sollte sie zum Eisenwarenhändler gehen und einen elektrischen kaufen. Sie setzte dem Kater den vollen Napf vor und sah ihm beim Fressen zu.
    Im Schlafzimmer starrte sie auf das Bild ihres verstorbenen Mannes.
    »Du müsstest bei mir sein«, erklärte sie vorwurfsvoll. »Du hattest kein Recht, mich allein zu lassen.«
    Sophie Millstein marschierte in das kleine Wohnzimmer zurück und nahm erneut auf ihrem Sessel Platz. Mit einem Mal fühlte sie sich, als wäre sie auf der Straße und es ginge ein Unwetter hernieder, als brächen die Böen wie meterhohe Wellen in die feuchte Stille und schlügen von allen Seiten über ihr zusammen.
    »Ich bin müde«, sagte sie laut. »Ich sollte eine Tablette nehmen und mich schlafen legen.«
    Doch stattdessen stand sie auf, stapfte in die Küche, griff nach dem Telefon und wählte die Nummer ihres Sohnes auf Long Island. Sie ließ es einmal klingeln, doch als ihr augenblicklich klar wurde, dass sie mit ihrem einzigen Kind nicht reden wollte, legte sie gleich wieder auf. Er wird nur wieder darauf herumreiten, dass ich in eins von diesen Altenheimen ziehen

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