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Der Täuscher

Der Täuscher

Titel: Der Täuscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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meinem Wochenende erkundigt. Aber immerhin hat er meinen Namen gewusst, ohne auf das Schild an meiner Brust schauen zu müssen (was für einen atemberaubenden Verstand er doch hat). Ich denke an all die Nächte in seinem Büro zurück. Gegen zwei Uhr früh, wenn SSD menschenleer war, habe ich auf seinem Stuhl gesessen, Andrews Gegenwart gespürt und mich durch seine Bibliothek der nach oben weisenden Buchrücken gelesen. Darunter befand sich kein einziges dieser pe-dantischen, albernen Selbsthilfebücher für Geschäftsleute, sondern nur Band um Band einer viel größeren Vision - Bücher über das Ansammeln von Herrschaftsgewalt und Territorien: die Vereinigten Staaten unter der Doktrin der »Offenkundigen Bestimmung« im neunzehnten Jahrhundert, Europa unter dem Dritten Reich, der Mittelmeerraum unter den Römern, die ganze Welt unter der katholischen Kirche und dem Islam. (Und - nebenbei bemerkt - sie alle haben um die beachtliche Macht der Daten gewusst.)
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    Ach, was ich alles gelernt habe, einfach weil ich zufällig eine von Andrews Bemerkungen mit anhören konnte oder weil ich genüsslich gelesen habe, was er in Entwürfen von Memos und Briefen schreibt - und in dem Buch, an dem er gerade arbeitet.
    »Fehler führen zu falschen Daten. Falsche Daten sind Verunreinigungen. Verunreinigungen müssen entfernt werden.«
    »Nur als Sieger können wir es uns leisten, großzügig zu sein.«
    »Nur die Schwachen machen Zugeständnisse.«
    »Finde entweder eine Lösung für dein Problem oder hör auf, es als Problem zu betrachten.«
    »Wir sind geboren, um zu kämpfen.«
    »Wer versteht, der gewinnt; wer weiß, der versteht.«
    Ich überlege, was Andrew wohl von meinem Vorhaben halten würde. Ich glaube, er wäre sehr angetan.
    Und nun tritt der Kampf gegen diese Leute in eine neue Phase.
    Ich drücke ein weiteres Mal den Knopf auf dem Autoschlüssel, und endlich gibt eine Hupe einen leisen Ton von sich.
    Mal sehen, mal sehen.. Ah, da ist er. Sieh sich einer diesen Schrotthaufen an, einen Honda Civic. Natürlich geliehen, denn der Wagen von Amelia 7303 steht mittlerweile auf einem Verwahrplatz - worauf ich ziemlich stolz bin. Eine Inkassofirma zu bemühen, ist mir bisher noch nie eingefallen.
    Ich denke wieder an meinen schönen Rotschopf. Hat sie geblufft, als sie andeutete, was diese Leute alles wissen? Über Peter Gordon? Das ist das Komische am Wissen; zwischen Wahrheit und Lüge liegt nur ein schmaler Grat. Aber ich darf kein Risiko eingehen und muss den Wagen verstecken.
    Ich sehe sie vor mir.
    Ihren wilden Blick, ihr rotes Haar, ihren Körper. . Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich noch lange zurückhalten kann. Trophäen..
    Eine schnelle Besichtigung des Wagens. Ein paar Bücher, Zeitschriften, Papiertaschentücher, einige leere Mineralwasserflaschen, eine Starbucks-Serviette, Joggingschuhe mit abgenutzten Sohlen, auf der Rückbank ein Seventeen-Magazin und ein Lehrbuch über Poesie. . Und wem gehört dieses prächtige japanische Vehikel? Auf der Zulassungsbescheinigung steht der Name Pamela Willoughby.
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    Ich werde mir aus innerCircle einige weitere Informationen über sie beschaffen und ihr dann einen Besuch abstatten. Wie sie wohl aussieht? Ich schaue lieber vorher bei der Führerscheinstelle nach, ob die Mühe sich auch lohnt.
    Der Wagen springt sofort an. Ich reihe mich vorsichtig in den Verkehr ein, um keinen anderen Fahrer zu verärgern. Ich will ja nicht auffallen.
    Einen halben Block weit, dann in die Gasse.
    Was hört Miss Pam denn am liebsten? Rock, Rock, Alternative, Hip-Hop, Talk und National Public Radio. Gespeicherte Radiosender sind überaus informativ.
    Ich entwerfe bereits den Plan zu einer Transaktion mit dem Mädchen: Zunächst muss ich Pam kennenlernen. Wir treffen uns bei der Gedenkfeier für Amelia 7303 (keine Leiche, kein Begräbnis). Ich bringe mein Beileid zum Ausdruck. Amelia und ich haben uns bei dem Fall angefreundet, an dem sie gearbeitet hat. Ich habe sie wirklich gemocht. Ach, weine doch nicht, Kleines. Schon gut. Ich weiß was. Setzen wir uns doch mal zusammen. Ich kann dir all die Geschichten erzählen, die Amelia mir anvertraut hat. Über ihren Vater. Und über die spannenden Erlebnisse, die ihren Großvater in dieses Land gebracht haben. (Als ich erfuhr, dass sie herumschnüffelt, habe ich mir ihr Dossier vorgenommen. Was für eine interessante Familiengeschichte.) Wir sind gute Freunde geworden. Ich bin sehr traurig. . Wie wär's mit einem Kaffee? Magst du Starbucks? Ich

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