Der Tag, als das Ufo-Pony in unseren Garten krachte
fragte Annabell Ringelbloom, ohne auf den Vorschlag ihrer Tochter einzugehen.
Kathis Vater zuckte mit den Achseln. „Fühlen sich nicht zuständig“, erklärte er. „Die nehmen nur Kleintiere. Ich habe unsere Adresse hinterlassen, falls sich dort jemand meldet.“
„Und nun?“ Kathis Mutter legte den Kopf schief und beobachtete befremdet, wie das Pony ein weiteres Stückchen des zerstörten Springbrunnens auffraß.
„Es frisst Beton“, stellte sie fest.
„Ich weiß“, sagte Hinnerk Ringelbloom mit einem Seufzer.
In diesem Augenblick blitzte es plötzlich schon wieder. Das Pony erschrak, machte einen Satz und stand mitten im Rosenbeet.
Kathi hob wütend den Arm. „Mats, du Vollpfosten! Was soll das? Du hast Neila erschreckt!“
Schuldbewusst senkte Mats den Fotoapparat, grinste aber gleich darauf. „Das ist ein klasse Bild, das können wir in die Zeitung bringen oder ins Internet, oder besser beides!“
„Gar keine schlechte Idee. Ich helfe Mats. Ihr kommt ja zurecht hier, oder?“, meinte Hinnerk Ringelbloom und ging ins Haus.
Kathi warf ihrem Bruder einen finsteren Blick zu und rollte mit den Augen. Doch Mats schloss grinsend das Fenster und sie war sich fast sicher, dass er ihr die Zunge herausgestreckt hatte.
Kathi runzelte nachdenklich die Stirn. Sie wusste genau, dass Mats drinnen nur auf eine passende Gelegenheit wartete, um seinen Freunden von dem Ufo-Pony zu erzählen und das Foto herumzumailen. Solange allerdings ihr Vater dabei war und mit ihm stattdessen eine Suchanzeige oder Handzettel aufsetzte, war Neila einigermaßen sicher.
„Raus aus meinen Rosen!“, schimpfte unterdessen Annabell Ringelbloom und zeigte mit dem ausgestreckten Arm in Richtung des Fahrradschuppens.
„Das bringt nichts“, widersprach Kathi. „Ponys sind doch keine Hunde.“
Doch zu ihrem großen Erstaunen trottete Neila brav in die angewiesene Richtung und blieb dort erwartungsvoll stehen.
Annabell Ringelbloom seufzte tief. „Dann lass uns mal eine behelfsmäßige Box bauen.“
Kathi wollte ihrer Mutter stürmisch um den Hals fallen. Doch die wehrte energisch ab: „Das ist nur eine Übergangslösung, bis wir die Eigentümer ermittelt haben. Oder besser den Amtstierarzt. Wer hat dem armen Ding das nur angetan? Es mit GlitzerLack zu bemalen und ihm so wenig zu fressen zu geben, dass es Beton kaut …“ Sie schüttelte entrüstet den Kopf. „Wir können das Tier ja wohl kaum am Gartenzaun anbinden.“
Mats hin, Internet her, Neila brauchte eine Bleibe. Also begannen Kathi und ihre Mutter unter den neugierigen Blicken des glitzernden Ponys mit der Arbeit. Sie räumten den Schuppen frei und teilten eine Seite ab, sodass Neila genügend Platz zum Schlafen und sogar ein Fenster mit Blick in den kleinen Garten haben würde. Kathi reinigte einen leeren Maurerkübel und befüllte ihn mit frischem Wasser aus dem Gartenschlauch. Dann funktionierte sie einen alten Fahrradkorb zur Heuraufe um und befestigte ihn mit ein paar Schraubhaken an der Holzwand. „Fertig“, strahlte sie und wäre im Umdrehen fast mit Neila zusammengestoßen, die der Heimwerkerin die ganze Zeit über die Schulter geäugt hatte.
Wie Annabell und Kathi Ringelbloom sehr schnell feststellten, wollte sich das glitzernde Pony allerdings überhaupt nicht einfangen lassen. Zwar ließ Neila sich nach anfänglichem Zögern gern unterm Kinn, am Hals und zwischen den Rippen kraulen, aber sobald Kathi das schnell aus einem Stück Wäscheleine geknüpfte Nothalfter zückte, schleuderte das Pony seinen Kopf herum und trabte gerade so weit, dass es außer Reichweite der beiden war.
„He, was soll das denn?“, schimpfte Kathi nach der dritten Runde durch den Garten.
Zu ihrem Erstaunen rollte Neila empört mit den Augen, genau so, wie sie selbst es vorhin bei Mats getan hatte. Das hatte sie bei einem Pony auch noch nie gesehen. Perplex pustete sich Kathi eine Locke aus der Stirn.
„Komm, Kathi. Wir stecken erst mal ein paar Meter Rasen vor dem Schuppen als Auslauf ab. Dann versuchen wir, es dort hineinzuscheuchen, und besorgen ihm etwas Gesundes zu fressen. Es kann sich ja nicht nur von Beton ernähren, richtig?“
„Super!“ Kathis Miene hellte sich auf. „Ich gehe in die Küche und hole ein paar Möhren. Vielleicht kannst du etwas Heu und Stroh vom Reitverein besorgen? Dann bleibe ich so lange hier und passe auf …“
Ihre Mutter zog unwillig die Augenbrauen zusammen.
„… dass es nicht wieder in die Rosen geht“, ergänzte Kathi
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