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Der Tag an dem ich erwachte

Der Tag an dem ich erwachte

Titel: Der Tag an dem ich erwachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilia Miller
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schon wieder bedrohlich. „Wenn ich etwas hasse, ich meine, wirklich hasse, dann ist es, dazu gezwungen zu werden, das Gleiche immer und immer wieder durchzukauen. Bis zum Erbrechen. Was sagten wir über die Liebe, die Vergebung und über die Wiedergutmachung? Ich habe dir das Unaussprechliche vergeben und dir meine Liebe mehrmals bewiesen, jetzt bist du an der Reihe, mir deine Liebe zu beweisen.“ Als ich immer noch wie versteinert dasaß und ihn sprachlos anstarrte, sagte er etwas ungeduldiger: „Ich fühle mich dazu gezwungen, das Ganze zu präzisieren. Mister Robert Harrington muss morgen sterben, und zwar durch deine zarte Hand.“ Ich erschauderte, als er die selbige galant ergriff und einen Kuss darauf hauchte. „Wenn dein Geburtstag vorbei und er immer noch am Leben ist, dann wirst du verstümmelt in der Gosse landen. Ich muss es noch mehr präzisieren, mein Herz, bevor du auf den bescheuerten Gedanken kommst, die gute Samariterin zu spielen: Auch wenn dieser Fall eintreffen würde, was ich wirklich nicht hoffen will, musst du wissen, dass der gute Mister Harrington trotzdem sterben wird. Durch diese Hand.“ Er ließ meine Hand, die er die ganze Zeit zärtlich streichelte, los und hielt seine demonstrativ hoch, bevor er mir eine saftige Ohrfeige verpasste. Verdammt, der alte Mann hatte immer noch so viel Kraft, dass ich lauter kleine Sternchen sah und spürte, wie meine Zähne bedrohlich wackelten. Der Ohrfeige folgten unmittelbar ein inniger Kuss und eine Entschuldigung. „Das wollte ich nicht, Schatz, es ist einfach so über mich gekommen. Es sieht so aus, als hätte ich deinen Fehltritt doch noch nicht ganz verarbeitet. Hilf mir dabei, Gail. Tue, was ich von dir erwarte, und es wird alles wieder wie früher. Wenn nicht noch besser. Wir vergessen die Vergangenheit und fangen komplett neu an. Was würdest du davon halten, wenn wir eine lange Reise unternehmen?“ Seine Augen leuchteten fiebrig, er steigerte sich immer mehr in seine neuen, verrückten Pläne ein. „Oh ja, wir machen eine Weltreise! Ich besorge dir Papiere für deine neue Identität, die einzig wahre. Das hätte ich schon längst tun sollen. Ich denke, du bist jetzt soweit, die große, weite Welt da draußen kennen zu lernen, meine Galatea. Aber erst, nachdem du deine Pflicht erfüllt hast“, fügte er streng hinzu. „Verstehst du jetzt endlich, was ich meine?“
    Ich verstehe dich, du verrückter alter Bastard, dachte ich.
    „Ich verstehe dich, Liebling!“, sagte ich laut.
    „Dann verstehen wir uns also?“
    „Da wäre noch eine Sache, Greg“, traute ich mich, einzuwenden, und er zog angepisst seine ergrauten, buschigen Augenbrauen zusammen, während sich eine tiefe, hässliche Falte dazwischen bildete. Wie konnte ich sein Gesicht einst als attraktiv empfinden? „Du hast ihn vor wenigen Tagen aus unserem Haus weggejagt, Schatz“, erinnerte ich ihn, „du hast mit einer Pistole auf ihn gezielt. Glaubst du tatsächlich, dass er unter diesen Umständen meine Einladung annehmen wird?“ Glaubte er es tatsächlich ? War er womöglich noch verrückter geworden, als er es schon immer war? Anscheinend war genau das der Fall, denn er blieb zuversichtlich und grinste entspannt.
    „Das wird er, Gail“, sagte er, „du musst nur auf die richtigen Knöpfe drücken. Dank meiner Genialität und meiner Schöpfungskraft bist du nun eine wunderschöne Frau, und schöne Frauen hatten schon immer eine große Macht über uns Männer. Schon seit Anbeginn der Zeit. Die ganze Weltgeschichte ist von der heimlichen Macht der Frauen geprägt. Ich könnte es dir auch leicht machen, Schatz. Ich könnte dir genaue Anweisungen geben, wie du ihn dazu kriegst, mit uns auf die Yacht zu kommen. Aber ich möchte es nicht! Und weißt du, warum ich das nicht möchte?“ Ich schüttelte schweigend mit dem Kopf und schluckte verzweifelt meine Tränen herunter. „Weil ich ganz genau weiß, dass du es allein schaffst, Gail! Ich vertraue dir, Liebling. Ich weiß, dass du mich nicht enttäuschen wirst.“ Ich sah ihm an, wie sehr er sein krankes Spiel genoss. Und hasste ihn so sehr, dass mir dabei fast das Herz stehen blieb. Ich sehnte mich danach, zu sehen, wie das Leben aus seinem alten Körper wich, schloss die Augen und stellte mir vor, wie ich auf seinem Grab tanze.
    „Du bist so unsagbar schön, wenn du lächelst, mein Liebling!“, schwärmte er glücklich, „diese Lippen sind mir wirklich perfekt gelungen“, murmelte er selbstzufrieden.
    „Greg.“ Auf

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