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Der Tag an dem ich erwachte

Der Tag an dem ich erwachte

Titel: Der Tag an dem ich erwachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilia Miller
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Kühe!“, murmelte ich leise, hielt die Karte gegen den roten Punkt an der Wand, wartete, bis er grün wurde und öffnete die Tür. Schloss sie sofort hinter mir zu und rannte in die Richtung, die Ryan mir geschildert hatte, bis ich endlich ein Taxi sah. Erst, als ich drinnen saß, erlaubte ich mir, erleichtert aufzuatmen. Der Fahrer sprach nicht mit mir, er erwiderte nur flüchtig meine Begrüßung und konzentrierte sich auf den Straßenverkehr. Es war mir recht, das Letzte, was ich im Moment gebrauchen konnte, war eine lästige Plaudertasche. Ich schloss die Augen und nickte ein. Als ich wieder aufwachte, nahm ich entsetzt wahr, dass wir uns nicht mehr in der Stadt befanden, sondern im tiefsten Wald.
    „Wo sind wir?“, fragte ich den Taxifahrer.
    „Wir sind bald am Ziel“, erwiderte er lakonisch. Anscheinend war er kein Mann der großen Worte. Mein Herz schlug so heftig gegen meine Brust, dass ich fürchtete, es würde gleich explodieren. Ein Herzinfarkt erschien mir auf einmal äußerst verlockend, eine viel bessere Variante als entführt zu werden. Wurde ich etwa gerade entführt? Plötzlich trat der Fahrer abrupt auf die Bremse und fluchte laut, was mich unangenehm an Colin Mills erinnerte. „Diese verdammten Viecher!“, knurrte er wütend, als ich einen dunklen Schatten hinter die Bäume verschwinden sah. „Ich glaube, es war ein Hirsch“, ließ er sich zu einer Erklärung herab, bevor er weiterfuhr. Verdammt noch mal, wo brachte er mich hin? Als hätte er meine Gedanken gelesen, drehte er sich kurz zu mir um und sagte: „Geduld, nur Geduld! Gleich haben Sie es geschafft, Blondie.“ Endlich blieb das Auto stehen. Als ich einen Blick aus dem Fenster riskierte, sah ich ein kleines Häuschen, das mich spontan an das Märchen von Hänsel und Gretel erinnerte. Ein Hexenhäuschen, eine einsame Hütte mitten im Wald. Der Taxifahrer schaltete das Licht ein und blickte mir direkt ins Gesicht: „Wir sind da, Blondie! Das soll ich Ihnen vom Doc geben.“ Er überreichte mir einen Schlüsselbund und lächelte mich breit an, wobei er mehrere Zahnlücken entblößte. „Ich habe Sie nie gesehen, Schätzchen, und Sie haben mich nie gesehen, ist es klar?“ Ich nickte stumm und stieg aus dem Auto aus. „Auf Wiedersehen, Lady, und viel Glück!“, hörte ich, bevor er das Fenster hochkurbelte und wie wild davonraste. Ich ging langsam auf das Hexenhäuschen zu, das im Mondlicht beinahe gespenstisch anmutete. Der Schlüsselbund in meiner Hand fühlte sich kühl und schwer an. Ich probierte einen Schlüssel nach dem anderen aus, bis ich endlich den richtigen erwischte. Die Tür gab ein klägliches Quietschen von sich, als sie aufging. „Sesam, öffne dich!“, murmelte ich und trat hinein. Ich wurde von einer vollkommenen Finsternis begrüßt, die mir irgendwie vertraut vorkam, bis ich den Lichtschalter entdeckte. Was ich sah, passte so wenig zu einer verlassenen Hütte mitten im Wald, dass ich mehrmals blinzeln musste, um mich zu vergewissern, dass meine Fantasie mir keinen Streich spielte. Unter der Decke hing ein riesiger Kristallkronleuchter, der die unglaublich edle und geschmackvolle Einrichtung auf eine wunderbar unaufdringliche Weise zur Geltung brachte. Ich ließ meinen Blick ungläubig über die teuren Möbel gleiten. Träumte ich etwa schon wieder? Sollte es der Fall sein, so war es ausnahmsweise kein Alptraum, sondern ein wunderschöner, angenehmer Traum, aus dem ich nicht so schnell wieder erwachen wollte. Ich erkundete meine neue Behausung voller Freude und entdeckte immer mehr Überraschungen, die dieses wundersame Hexenhäuschen für mich bereithielt. Zum Beispiel ein geräumiges Badezimmer mit einer überdimensional großen Badewanne im Boudoir Stil, mit vergoldeten Füßen und einem altmodisch verzierten Wasserhahn. Oder ein Schlafzimmer mit einem Himmelbett, das unter meinem Gewicht bereitwillig nachgab und mich mit einer wohligen Wärme begrüßte. Ein Wasserbett, stellte ich entzückt fest. Die Bettwäsche war aus reinster, edelster Seide und duftete so lieblich wie ein blühender Garten im Frühling. Es kostete mich viel Mühe, mich dazu zu zwingen, wieder aufzustehen, am liebsten wäre ich sofort in diesem herrlichen Bett eingeschlafen, doch meine Neugier war stärker als meine Müdigkeit. Das vermeintliche Hexenhäuschen verfügte über vier Räume: Das pompöse Wohnzimmer, das kuschelige Schlafzimmer, das Arbeitszimmer und die Küche. Mitten im Arbeitszimmer stand ein großer Schreibtisch aus

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