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Der Tag an dem ich erwachte

Der Tag an dem ich erwachte

Titel: Der Tag an dem ich erwachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilia Miller
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mitgebracht hatte: Eine Jeanshose und einen dunklen, unförmigen Pullover.
    „Warte, Holly, das musst du dir auch überziehen!“, verlangte Ryan und reichte mir eine blonde Perücke und eine Sonnenbrille. „Jetzt ist es soweit. Draußen wartet ein Auto auf dich, es befindet sich ein paar Straßen weiter weg von hier. Oh mein Gott, ich hoffe, du findest es!“, sagte er atemlos. „Pass gut auf! Du gehst durch den Notausgang hinaus, die Alarmanlage schaltest du mit damit frei.“ Er drückte mir eine Karte in die Hand, die wie eine Kreditkarte aussah. „Du musst sie einfach kurz an die Fläche halten, die rot leuchtet. Sobald sie grün wird, machst du die Tür auf und schließt sie sofort wieder hinter dir zu, sonst geht der Alarm los. Bis jetzt alles verstanden?“
    „Ich denke schon“, erwiderte ich, „der Notausgang befindet sich direkt hinter dem Schwesternzimmer, nicht wahr?“ Ich hatte mich ein einziges Mal aus meinem Zimmer hinausgetraut, um nach der Schwester zu suchen, nachdem ich mehrmals nach ihr geläutet und sie nicht darauf reagiert hatte. Am Ende des Flurs hörte ich ein vergnügtes Lachen, das aus einem Zimmer kam, dessen Tür offen stand. Es war die einzige Tür auf dem ganzen Flur, die nicht geschlossen war. Ich näherte mich langsam und vorsichtig der Quelle des Lachens und hielt einen Augenblick inne. Was hätte ich alles dafür gegeben, um dazuzugehören, um zu wissen, worüber die Menschen in diesem Zimmer lachten und um mitzulachen! Ich hätte alles, einfach alles dafür gegeben, und dann dämmerte mir, dass ich nichts hatte. Rein gar nichts, nicht einmal eine Identität. Und dann sah ich „meine“ Schwester in Gesellschaft von zwei anderen, die bei meinem Anblick augenblicklich verstummten.
    „Was suchen Sie hier?“ Sie sprang auf wie von einer Biene gestochen.
    „Ich… Verzeihung, Schwester, ich hatte geläutet“, stammelte ich verlegen und zog meinen Bademantel fester zu, als ich die neugierigen Blicke der jungen Frauen auf mir spürte. „Ich habe kein Wasser mehr.“
    „Gehen Sie sofort wieder in Ihr Zimmer!“, fauchte sie mich an, „ich komme gleich und bringe Ihnen Wasser.“ Ich gehorchte und ging den Flur entlang zurück, dabei hörte ich ein aufgeregtes Flüstern aus dem Schwesternzimmer. Ich werde behandelt, als hätte ich eine ansteckende Krankheit, dachte ich traurig. Dabei bin ich doch genau wie sie, eine gesunde junge Frau. Eine gesunde junge Frau, die kein Gedächtnis mehr hat und womöglich eine brutale Mörderin ist, korrigierte ich mich. Ein armes Ding ohne Namen.
    „Genau, gut beobachtet!“, lobte mich Ryan und holte mich wieder in die Gegenwart zurück, ich wurde sofort mit Stolz erfüllt. Er hatte mich gelobt und meine Leistung anerkannt, also konnte nichts mehr schief gehen. Doch er war anscheinend anderer Meinung. „Bist du dir sicher, dass du weißt, wo es ist?“, hackte er nach.
    „Natürlich, Ryan, mach dir keine Sorgen!“, beeilte ich mich, ihn zu beruhigen. „Wo soll ich danach hin?“
    „Schnurstracks nach rechts, und dann immer geradeaus. Dort steht ein Taxi, das dich zu einem geheimen Versteck bringt. Du musst nur einsteigen! Sobald du eingestiegen bist, hast du es geschafft. Der Fahrer bringt dich in Sicherheit. Wir sehen uns morgen. Warte, Holly!“, rief er, als ich mich auf den Weg machte, und ich drehte mich um. Er ging langsam auf mich zu, schloss mich in seine Arme und küsste mich zärtlich auf den Mund, bevor er mir ins Ohr flüsterte: „Eins musst du wissen, du armes Ding ohne Namen… Ich liebe dich. Es ist mir egal, wer oder was du bist und wie du wirklich heißt. Es ist mir auch vollkommen egal, was du in deiner Vergangenheit getan oder nicht getan hast.“
    „Ich liebe dich auch, Ryan!“, erwiderte ich und versuchte, seinen Anblick für immer in mein Gedächtnis einzuprägen. Falls doch etwas schief lief. Er las sofort meine Gedanken und versicherte mir: „Es wird alles wieder gut, Liebling, das verspreche ich dir! Halte dich einfach nur an meine Anweisungen!“ Für den Bruchteil einer Sekunde erlebte ic h so etwas wie ein Déjá-vu, es fühlte sich wunderbar vertraut an, an nichts denken zu müssen, sondern lediglich den Anweisungen von jemandem zu folgen, der es besser wusste. Ich lief zu dem Notausgang, vernahm ein leises Schnarchen aus dem Schwesternzimmer, dessen Tür nur angelehnt war, blieb einen kurzen Augenblick stehen und zeigte den Mittelfinger in die Richtung, aus der das Schnarchen kam. „Blöde, dämliche

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