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Der Tag an dem ich erwachte

Der Tag an dem ich erwachte

Titel: Der Tag an dem ich erwachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilia Miller
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anscheinend trennte er sich äußerst ungern davon. Ryan starrte ihn an, als hätte er einen Geist gesehen.
    „Ausweisnummer?“, wiederholte er irritiert und rollte fleißig die „R“’ s.

„Das sind die kleinen Nummer, die auf Ihren Ausweisen stehen“, erklärte der Alte geduldig.
    „Maria, wo unsere Ausweise?“, wandte er sich an mich und hob die buschigen Augenbrauen fragend hoch.
    „Zu Hause“, erwiderte ich bestürzt. „Du nix gesagt, ich sollen diese mitnehmen! Jetzt nix Ausflug am Meer?“ Ich legte die Hände auf meine Silikonmaske und fing an, bitterlich zu schluchzen: „Pedro, wir fahren wieder heim? Nix feiern Hochzeitstag?“
    Der alte Mann schien aufrichtig betroffen zu sein, und ich merkte, wie er sehnsüchtig zu der halbvollen Flasche Whiskey schielte, die auf dem Tisch stand, halbherzig versteckt hinter einem dicken Ordner.
    „Ach, wissen Sie was, Mister Gonzales?“, sagte er schließlich. „Heute pfeifen wir auf die Formalitäten, ich drücke einfach ein Auge zu, was soll’ s! Genießen Sie Ihren Hochzeitstag mit Ihrer bezaubernden Gattin!“
    Ryan ergriff seine Hand und drückte sie dankbar: „Ich danke Ihnen, danke, senior! Sie ein guter Mann! Maria und ich dreißig Jahre verheiratet und immer begegnen guten Menschen, Gott sei Dank!“
    Der Alte schniefte gerührt: „Ich war mit meiner Misses fünfundvierzig Jahre lang verheiratet. Leider hat sie mich vor einem Jahr verlassen, ein Herzversagen…“ Er wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. „Sie hatte ein viel zu gutes Herz, nicht wahr, Billy?“
    „Ja, Grandma war die Beste!“, bestätigte er, immer noch in sein Handy tippend.
    „Ein Engel auf Erden!“, sagte sein Großvater. „Aber irgendwie bin ich froh, dass sie dieses Elend nicht miterleben muss, dass würde ihr armes Herz noch mehr brechen. Sie hat ihr ganzes Leben diesem Geschäft gewidmet, und es tut mir weh, zu sehen, wie es immer mehr den Bach runtergeht. Seit diese schlimme Sache passiert ist, kommen kaum noch Kunden.“
    „Schlimme Sache? Was Sie meinen, senior?“, fragte Ryan in gespielter Überraschung, und Bill bedachte seinen Großvater mit scharfem Blick.
    „Mein Großvater ist leicht senil“, sagte er entschuldigend und sah uns zum ersten Mal direkt an, „er weiß nicht, was er sagt.“ Daraufhin wurde der Alte so wütend, dass ich mich besorgt fragte, ob er seiner Misses gleich ins Jenseits folgen würde. Sein Gesicht lief tief rot an, seine Hände zitterten vor Zorn.
    „Du dummer Bengel, was ist nur los mit dir?“, schalt er seinen Enkel aufgebracht und wandte sich wieder an uns: „Ich bin alles andere als senil, sondern einfach nur ehrlich. Auch, wenn es geschäftsschädigend ist. Ich war mein ganzes Leben lang ein ehrlicher Mann und werde es bleiben, bis ich endlich bei meiner Misses bin. Sie würde es nicht gutheißen, wenn ich meine Kunden anlüge, hast du gehört, Billy? Deine Grandma wäre sehr enttäuscht von dir, wenn sie noch hier wäre!“ Billy sah aufrichtig zerknirscht aus, doch dann piepste sein Handy, und er drehte uns wieder den Rücken zu. „Vor ein paar Wochen geschah hier ein Mord“, fuhr der Alte fort. „Eine richtige Sauerei war das, alles voller Blut, richtig, richtig schlimm. Irgendwie bin ich froh, dass die Polizei diese Yacht in Beschlag genommen hat, wenigstens muss ich mich nicht um diese verdammte Sauerei selbst kümmern. Dabei sah es nach einer Geburtstagsfeier unter guten Freunden aus, ich wurde sogar neidisch. Es waren drei Leute, zwei Männer und eine Frau, eine richtige Schönheit. Meinem Billy sind fast die Augen rausgefallen, als er sie gesehen hat. Dabei war sie absolut still, hat keinen Mucks von sich gegeben, ihr Mann hat alles geregelt. Er war um einiges älter als sie, hätte fast ihr Vater sein können. Doch der zweite Mann, der dieses komische Ehepaar begleitete, war ein recht strammer Bursche, jung, groß, gut gebaut… Und da dachte ich mir, wieso nehmen sie ihn mit? Soll es etwa so ein perverses Spielchen werden? Auch mein Billy hat sich darüber Gedanken gemacht, nicht wahr, Billy? Wo bist du überhaupt? Ach ja, er telefoniert mit seiner Freundin. Ist ja auch egal. Jedenfalls kam plötzlich die Polizei und weckte mich auf. Seitdem meine Misses mich verlassen hat, trinke ich gern einen über den Durst. Also, mussten sie lange klingeln, bis ich endlich wach wurde. Dann stellten sie mir alle möglichen Fragen, auf die ich keine Antwort wusste, ich habe doch nur eine meiner Yachten an drei

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