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Der Tag an dem ich erwachte

Der Tag an dem ich erwachte

Titel: Der Tag an dem ich erwachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emilia Miller
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bereits zu spät: Ich lockerte die Steine und fing an zu graben, wobei ich einen breiten, flachen Stein als Schaufel benutzte. Schon bald wurde ich belohnt: Unter der Kreuzmarkierung war eine kleine Metallschachtel vergraben. Ich befreite sie von den Resten der Erde und öffnete sie, um enttäuscht festzustellen, dass sie leer war. Doch als ich sie umdrehte und schüttelte, fielen ein paar Papierblätter heraus, die ich als alte, vergilbte Fotografien identifizierte. Ich hielt sie in das spärliche Licht der untergehenden Sonne hoch und verengte die Augen, um die Bilder besser sehen zu können. Auf allen Fotos war die gleiche Frau abgebildet, auf manchen war sie allein, auf den anderen hielt sie ein Baby im Arm. Es musste Ryans Mutter sein, natürlich war es Ryans Mutter! Sie hatte genau die gleichen warmen, braunen Augen und die gleichen Augenbrauen wie er. Ihre Haare waren honigblond und fielen ihr in weichen Locken um ihr schönes, ovales Gesicht. Ihr Lächeln war sanft und zart, genau wie Ryans. Es waren mindestens ein Dutzend Bilder. Immer die gleiche Frau und das Baby. Ich wollte sie schon zurück in die Schachtel legen und die Schachtel wieder vergraben, damit Ryan nicht merkte, dass ich geschnüffelt hatte, als mir ein letztes Bild förmlich in die Hand fiel. Darauf war ein Mann zu sehen. Er trug einen Anzug, seine Haare waren kurz geschnitten und nach hinten gekämmt. Es war bereits so dunkel, dass ich das Bild ganz dicht vor meinen Augen halten musste. Plötzlich schrie ich entsetzt auf und ließ die ganze Schachtel samt Inhalt fallen. Setzte mich auf die kalte Erde und wiegte mich vor und zurück, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Nein, es konnte nicht sein, meine Fantasie spielte mir einen bösen Streich! Ich hob das Bild wieder auf und starrte es an. Es konnte keinen Zweifel geben, es war Greg! Er war viel jünger als zu dem Zeitpunkt, an dem ich ihn kennen lernte, doch es war definitiv sein Gesicht! Wieso besaß Ryan ein Bild von Greg? Und, was viel wichtiger war, wieso sagte er mir nichts davon, dass er ihn kannte? „Hast du ihn getötet, Ryan?“, flüsterte ich. „Bist du deswegen so felsenfest von meiner Unschuld überzeugt, weil du der Schuldige bist?“ Es kostete mich meine ganze Kraft, die Schachtel wieder zu vergraben und die Steine in dem gleichen Muster zu ordnen, in dem ich sie vorgefunden hatte, damit Ryan keinen Verdacht schöpfte. So viel zum Vertrauen, dachte ich bitter. Ich lief ins Haus und ließ die Kräuter und die Pilze, die ich so mühevoll gesammelt hatte, achtlos fallen. Meine Hände zitterten so stark, dass es eine Weile dauerte, bis ich das Schloss öffnete. Ich setzte mich auf die Couch und versuchte, mich etwas zu beruhigen, doch es war leichter gesagt als getan. Lebte ich mit einem Mörder zusammen? Würde Ryan auch mich töten, wenn ich ihn mit meinem Wissen konfrontierte? Ich war ihm voll und ganz ausgeliefert, hier draußen würde mich niemand finden. Niemand würde meine Leiche finden . Wahrscheinlich würde er mich neben der Metallschachtel begraben. Die Abgeschiedenheit des Hexenhäuschens, in dem ich mich befand, die ich die ganze Zeit als beruhigend und sicher empfand, erschien mir auf einmal finster und bedrohlich. Was nun, fragte ich mich und sah auf die Uhr. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis er nach Hause kam. Nach Hause, welch eine Ironie! Ich hatte kein Zuhause, sondern war in einem geheimen Versteck mit einem Mörder zusammen gefangen. Aber was hatte ich schon für eine Alternative? Den Knast? Plötzlich fiel mir wieder der alte Kinderreim ein, den Ava und ich uns immer gegenseitig vorgesungen hatten, als wir noch klein waren. Immer, wenn wir Angst vor dem Gewitter hatten, wenn wir allein zu Hause waren, umarmten wir uns und sangen laut: „Heile, heile Segen, drei Tage Regen, drei Tage Schnee, dann tut es nicht mehr weh.“ Es war unser geheimes Ritual, und es half immer. Selbst als wir erwachsen wurden und ganz andere Probleme als Angst vor dem Gewitter hatten, sangen wir uns diesen Reim vor, um uns gegenseitig zu trösten. Ich sang es dreimal hintereinander, und es hatte geholfen. Atme tief ein und aus, sagte ich zu mir, atme tief durch und denk nach. Ryan ist doch kein Mörder, es wird schon eine Erklärung für alles geben. Und wenn nicht? Zu spät. Ich hörte, wie die Tür aufging. Der kalte Schweiß brach mir aus, ich rang um Atem.
    „Maria, wo bist du, Weib?“, hörte ich ihn rufen, „wieso begrüßt du deine Mann nicht, wie es sich

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