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Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte

Titel: Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Steen
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sie in dem Bermudadreieck ihrer Handtasche herum und reichte ihm schließlich ein paar Erfrischungstücher.
    „Es tut mir so leid, Claudi“, sagte er, rieb sich die Hände darin ab und wäre vor Scham am liebsten im Boden versunken. Eine Stinkbombe in den Park zu setzen wie ein räudiger Köter …
    Aber Claudi machte es ihm leicht.
    „Das ist nichts, für das du dich schämen musst“, sagte sie. „Das hätte mir genauso passieren können. Freuen wir uns lieber, dass deine Hose sauber geblieben ist.“
    „Ja, das war wohl Rettung in letzter Sekunde. Und jetzt nichts wie weg hier! Wie die Leute uns anglotzen.“
    Sie hakte ihn unter und begleitete ihn an die vierspurige Straße zurück, um von dort aus ein Taxi zu rufen.
    Ihre letzte gemeinsame Nacht verbrachten sie in Claudis Hotelzimmer, und dank ihrer aufopferungsvollen Pflege und einer Mütze Schlaf erholte René sich recht schnell.
    Morgens konnte er sogar schon wieder ein leichtes Frühstück zu sich nehmen. Das bedeutete bei ihm: Rührei mit Speck, Brötchen mit Käse und Marmelade, Müesli mit Milch und Obst, dazu noch ein Riesenglas Orangensaft und zwei Kännchen Kaffee … Danach spürte er zwar einen unangenehmen Klumpen im Magen, aber sonst ging es ihm wieder besser.
    Das Einzige, was ihm jetzt noch zu schaffen machte, war die Tatsache, dass die Zeiger seiner Armbanduhr unerbittlich vorrückten. In knapp zwei Stunden würde ihnen wieder ein scheußlicher Abschied bevorstehen. Und weil Claudi auf dem Weg Richtung Norden noch einen Zwischenstopp bei Frank einlegen musste und deshalb den Zug nehmen wollte, würde er diesmal auf dem Hauptbahnhof stattfinden.
    Als sie später auf dem Bahnsteig standen und sich im Arm hielten, kämpfte Claudi wieder mit den Tränen und bohrte ihr Gesicht in seine Schulter. Sie wussten beide nicht, was sie sagen sollten. Aber da sie von aufgeregt schnatternden und gestikulierenden Japanern umgeben waren, hätten sie ohnehin Schwierigkeiten gehabt, ihr eigenes Wort zu verstehen. Irgendwann schob René seine Hand unter ihre Jacke und ließ sie auf ihrem Rücken kreisen, ein mechanisches Streicheln, ein hilfloses Festhalten. Dann umfasste er ihr Gesicht und hielt sie mit seinem Blick so fest, wie er nur konnte. Aber das kurbelte ihre Tränenproduktion nur noch mehr an.
    Schließlich war es so weit: Der Intercity fuhr ein, und mit einer letzten Umarmung und einem verkrampften Lachen, schon durch das Abteilfenster getrennt, ging ihr halbjährliches Beisammensein zu Ende.
    Nachdem der Zug den Bahnhof verlassen hatte und in der Ferne verschwunden war, verkroch René sich in seinen Jackenkragen und schnupperte und leckte daran wie ein Hund. Er wollte den Geruch und Geschmack von Claudis Tränen ganz tief in sich aufnehmen. Das gelang ihm auch, aber es brachte ihm keine Erleichterung.
    Wenn er nicht so ein Sturschädel wäre, hätte er sie nicht gehen lassen. Vier oder fünf gemeinsame Tage pro Halbjahr waren nicht das, was er von ihr wollte. Aber leider waren sie alles, was ihm zustand, und alles, was er ihr geben konnte.
    Dann seufzte er auf, rieb sich über die Stirn und beschloss, erst mal einen Kaffee trinken zu gehen, um wieder runterzukommen und sich zu sammeln.
    Als er den Bahnhof eine halbe Stunde später verließ und sich mit einem ganzen Schwung Leute in den Bus Richtung Stadtrand drängte, hatte er sich wieder gefangen.
    Nachdem er den vorderen Eingang passiert hatte, blieb er hinter dem Fahrerstand im Gang stehen und überlegte, wo er sich hinsetzen sollte. Dabei drückte er seinen Bauch gegen eine Haltestange und rührte sich keinen Zentimeter mehr von der Stelle, sodass die anderen Fahrgäste über seinen Rollkoffer mit dem guten Anzug und seine Laptoptasche mit dem technischen Equipment hinwegklettern mussten.
    Damit brachte er die Busfahrerin gegen sich auf.
    „Ich zähl bis drei, dann ist das Ding da verschwunden“, sagte sie, deutete auf seinen Koffer und sah ihn mit saurer Miene an. Etwas an ihrem Tonfall gefiel René nicht.
    „Sind wir heute schlecht drauf, ja?“, fragte er.
    „Passen Sie auf, was Sie sagen, junger Mann. Schweres Gepäck gehört an den Hinterausgang. Da hängt dick und fett ein Schild. Jeder, der Augen im Kopf hat, sieht das.“
    „Wir sind heute schlecht drauf. Vielleicht liegt’s am Föhn. Obwohl … Föhn im September, das hatten wir noch nie.“
    „Ach, halt die Klappe, René!“, sagte die Frau.
    „Ich liebe dich auch, Tanja-Schatz", sagte er, beugte sich vor und gab ihr einen Kuss

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