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Der Tag Delphi

Titel: Der Tag Delphi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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Belamo hinzu, als er sah, daß Blaine die Tür trotz seiner Proteste öffnete.
    »Ganz genau«, sagte McCracken, als ihm der Gestank in die Nase stieg.
    Blaine drückte gegen die Wände, um festzustellen, ob sie vielleicht nachgaben. Er wollte schon Johnny herbeirufen, damit er ihm half, das verrostete Toilettenhäuschen zur Seite zu schieben, als er spürte, daß der Boden sich unter seiner Berührung leicht bewegte.
    »Hilf mir mal, Sal.«
    »Es gibt für alles Grenzen, Boß.«
    »Keine Angst, du machst dir schon nicht die Hände schmutzig. Halt nur mal den Rahmen hier fest. Ja, genau so.«
    Unter Kristen Kurcells aufmerksamen Blicken zerrte McCracken den Boden des Toilettenhäuschens ein Stück hoch und schob eine Hand darunter. Ein kräftiger Ruck, und der Boden löste sich. Er schob die Platte zurück.
    »Verdammte Scheiße!« sagte Sal erstaunt.
    »Du hast schon wieder den Nagel auf den Kopf getroffen«, sagte Blaine, während er in ein dunkles Loch hinabsah, das in die Kanalisation von Washington führte.
    Als Blaine von der letzten Sprosse der Leiter hinabsprang, wurde ihm klar, daß er sich wohl eher in einem aufgegebenen Abschnitt der Metro befand, des U-Bahn-Systems der Stadt. Kristen Kurcell folgte ihm langsam, aber dennoch entschlossen, ihn zu begleiten. Sal Belamo freute sich, mit Johnny Wareagle oben bleiben und Wache halten zu können.
    Kristens Fuß berührte den finsteren Boden. »Danke, daß ich mitkommen durfte. Ich meine es ernst. Ich weiß, Ihnen allen wäre es lieber gewesen, mich unterwegs irgendwo abzusetzen.«
    »Dann gäbe es jetzt niemanden, der diesen köstlichen Geruch mit mir teilt.«
    »Ich meine es wirklich ernst.«
    »Ich habe es auch ernst gemeint, als ich Sie gefragt habe, ob sie mich begleiten wollen.«
    »Ich dachte, Sie würden Sal mitnehmen, und war schon bereit, Ihnen ordentlich einzuheizen.«
    »Diese Sache hat nichts mit Sal zu tun, also habe ich Ihnen die Mühe erspart. Es geht um Sie, Kris. Sie kamen ins Spiel, als Ihr Bruder umgebracht wurde. Damals hatten Sie keine Wahl. Jetzt haben Sie eine verdient.«
    Bevor sie antworten konnte, hatte Blaine sich umgedreht und in Bewegung gesetzt.
    Der Gang, in dem sie sich befanden, änderte immer wieder die Richtung; Blaine kam sich fast wie in einem Labyrinth vor. An manchen Stellen stand das Wasser so hoch, daß es ihre Schuhe bedeckte. An anderen war der Betonboden knochentrocken, und das Klicken ihrer Absätze warf laute Echos. Ihr Weg wurde von Glühbirnen erhellt, die an einer Schnur an der Decke baumelten. Seltsamerweise war keine einzige der Birnen durchgebrannt. Gelegentlich ließ ein lautes Rumpeln die Wände erzittern, ein Indiz dafür, daß ein regulärer U-Bahn-Tunnel nicht weit entfernt sein konnte.
    Je tiefer sie in den Tunnel vordrangen, desto schwächer wurde der scheußliche Gestank der Kanalisation, und schließlich verschwand er ganz. Das Poltern ließ ebenfalls nach, wodurch es ihnen plötzlich möglich war, ein schwaches Summen von Stimmen zu vernehmen. Kristen erstarrte. McCracken nicht. Sie sah ihn an.
    »Die Stimmen. Sie haben Sie erkannt«, sagte sie, obwohl sie ursprünglich eine Frage hatte stellen wollen.
    »Hören Sie zu, und Sie werden sie auch erkennen.«
    McCracken war bereits weitergegangen, und Kristen beeilte sich, zu ihm aufzuschließen. Nach weiteren zwanzig Metern wurde die Luft plötzlich kühl, fast frisch, als hätte man ihr die überschüssige Feuchtigkeit entzogen.
    »Eine Klimaanlage und Luftfilter«, erklärte Blaine.
    »Sie haben damit gerechnet.«
    »Wir sind fast da«, sagte er.
    »Wo sind wir fast?«
    Nach weiteren zehn Metern veränderte sich die Beleuchtung auf dramatische Art und Weise. Unmittelbar vor ihnen tauchte wie ein Leuchtfeuer ein heller Fleck in der Dunkelheit auf: zuerst ein schwacher Schimmer, aus dem aber schnell ein vielschichtiges Strahlen anscheinend am Ende des Tunnels wurde.
    Dort befand sich eine schmale Türöffnung. Die gedämpften Stimmen, die sie gehört hatten, kamen aus dem dahinterliegenden Raum. Kristen folgte McCracken durch die Türöffnung, und als sie sah, was vor ihnen lag, klaffte ihr Mund in ungläubigem Erstaunen auf.
    Eine gewaltige Höhle, bei der es sich vielleicht um ein Sammelbecken der Kanalisation gehandelt haben mochte, bevor sie dann wegen der U-Bahn-Schächte aufgegeben werden mußte, war zu einem luxuriösen Wohnraum umgebaut worden. Er bestand aus zwei gleichermaßen vorzüglich eingerichteten Ebenen, die von einer Wendeltreppe

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