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Der Tag Delphi

Titel: Der Tag Delphi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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verbunden wurden. In der unteren Ebene standen zwei identische Chesterfield-Sofas auf einem üppigen Perserteppich. Ein antiker Régence-Stuhl stand vor einem eleganten Sekretär, der ebenfalls auf einem Orientteppich ruhte. Hinter dem Schreibtisch brannte in einem Kamin ein gasbetriebenes Feuer, das in dem klimaregulierten Raum allerdings eher für Atmosphäre denn für Wärme sorgen sollte. Die Wände waren von Regalreihen mit unzähligen Büchern bedeckt, die verhinderten, daß man den nackten Beton sehen konnte, und Türen führten – so vermuteten Blaine und Kristen zumindest – zu weiteren Räumen. Eine unbezahlbare Standuhr aus der Epoche George III. beherrschte die Wand gegenüber vom Kamin, und auf einem offenen Sims konnte man eine Sammlung von Waterford-Kristall bewundern.
    Die obere Etage, bei der es sich eigentlich eher um eine offene Galerie handelte, wurde von schweren Pfosten und Balken getragen. Ein Teil eines großen Himmelbetts war zu sehen, und in weiteren Regalen standen Bücher dicht an dicht, viele davon in Leder eingebunden. Ihr angenehmer Geruch trieb durch die gesamte Höhle. An einigen leeren Stellen an den Wänden hingen Gemälde von französische Impressionisten, zu denen sich Statuen und weitere Kunstobjekte in einem orientalischen Stil gesellten.
    »Hier ist CNN.«
    Die bekannte Stimme und danach einsetzende Erkennungsmelodie lockte Kristens Aufmerksamkeit zu einer Nische links von den Chesterfield-Sofas. Sie bemerkte, daß auch McCracken in diese Richtung sah, in der sie das leicht zu identifizierende Leuchten eines Fernsehschirms mit überdimensional großem Bildschirm ausmachte.
    Dem plötzlichen Geräusch einer Wasserspülung auf der Galerie folgte ein Klicken, mit dem eine Tür zugezogen wurde, und dann erschien ein Mann in dem großen Schlafzimmer. »Ah, Gäste«, stellte H. William Carlisle fest, als er, eine Zeitung unter den Arm geklemmt, zum Kopf der Wendeltreppe trat. »Hätte ich gewußt, daß Sie kommen, hätte ich mich noch schnell umgezogen.«
    Statt der zerfetzten Lumpen, die das ehemalige Mitglied der Trilateralen Kommission am Samstag im Lafayette Park getragen hatte, war Carlisle nun mit einer altmodischen Smokingjacke und plissierten Hosen bekleidet. Seine Hausschuhe waren weich und gepolstert. Er war glattrasiert und absolut sauber.
    »Sie sehen viel besser aus als bei unserer letzten Begegnung«, stellt McCracken fest.
    »Die Verkleidung ermöglicht es mir, mich oben ungezwungen zu bewegen und unter die Leute zu mischen. Einfach unbezahlbar.«
    »Ich habe das Gefühl, daß Sie seit dem Gespräch mit mir nicht mehr draußen gewesen sind.«
    »Wenn Sie mich finden konnten, ist das auch anderen möglich. Nicht die beste Zeit, um sich sehen zu lassen, meinen Sie nicht auch?«
    Blaine trat langsam vor und sah sich in dem Raum um, der ihm wie eine Mischung aus dem Schlupfwinkel des Phantoms der Oper und Kapitän Nemos Räumlichkeiten an Bord des U-Boots Nautilus vorkam. »Ich gratuliere Ihnen zu diesem beeindruckenden Versteck.«
    »Ich ziehe den Ausdruck Alterssitz vor. Aber wie dem auch sei, glauben Sie mir, es war keine leichte Aufgabe.«
    »Wie ist es Ihnen gelungen, diese Einrichtung herzuschaffen?«
    »Mit Hilfe zweier fingierter Einbrüche in mein Haus, einer vor meinem Verschwinden und einer danach. Aber leider stand ich vor demselben Problem, mit dem sich alle neuen Hausbesitzer auseinandersetzen müssen: viel zu viele leere Räume.«
    Auf halbem Weg die Wendeltreppe hinab schien Carlisle zum erstenmal Kristen zu bemerken. »Ich hatte noch nicht das Vergnügen, Ihre Bekanntschaft zu machen, Miss. H. William Carlisle«, sagte er und verbeugte sich leicht.
    »Sie sind Billy the Kid«, erwiderte Kristen, anstatt sich vorzustellen.
    »Wie ich sehe, haben Sie von mir gehört.«
    »Ich habe Sie studiert.«
    Carlisle erreichte den Fuß der Treppe und blieb stehen. »Und genau darauf, mein liebes Fräulein, bin ich reduziert worden: auf Unterrichtsstoff an der Universität.«
    »Nicht unbedingt«, widersprach Blaine.
    »Ich habe Ihnen ein Stück Geschichte geboten, Mr. McCracken.«
    »Zeitgeschichte, Mr. Carlisle, denn Ihr Unterausschuß ist immer noch aktiv.«
    »Ich habe mich auf die Operation Gelbe Rose bezogen.«
    »Ich auch. Sie haben behauptet, Ihr Unterausschuß wäre bei Ihrem Ausstieg im Jahr 1978 aufgelöst worden. Aber die Akten in dem Schließfach in dem Busbahnhof gingen bis zum Jahre 1980 weiter.«
    Carlisle stand steif und ausdruckslos vor

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