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Der Tag Delphi

Titel: Der Tag Delphi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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sich augenblicklich an das Ausbildungslager erinnert, in das er eingezogen worden war, nachdem er sich 1968 freiwillig zur Army gemeldet hatte. Männer in den üblichen Khaki-Uniformen und staubüberzogenen braunen Stiefeln der AWB begrüßten die aussteigenden Passagiere mit Handschlag. Drei berittene Soldaten hielten Wache. Die Männer des Begrüßungskomitees lächelten, die Berittenen sahen stur geradeaus. Aber ihre Augen waren alle gleich, schroff und unversöhnlich. Blaine kannte solche Augen nur allzu gut. Es waren die von Männern, die von Haß und Intoleranz lebten. Und er wußte genausogut, daß sich die Niederlage in den Blicken derjenigen, die ihn im Bus hierher begleitet hatte, bald ebenfalls in Haß verwandeln würde.
    Ein kahlköpfiger Mann mit einem gewaltigen Schnurrbart, der sich als Colonel Smeed vorstellte, hielt eine kurze Rede, nach der die Neuankömmlinge dann zu einer ersten Befragung abkommandiert wurden. Blaine wurde dem Colonel selbst zugeteilt. Als er an die Reihe kam und an einem Tisch in einem der drei Gebäude Platz nahm, sagte er die genau einstudierten biographischen Daten der Identität auf, die Barnstable und das Innenministerium für ihn geschaffen hatten. Der Colonel nahm alles nüchtern zu Kenntnis und trug die Daten in einige Formulare ein.
    Nachdem alle Gespräche beendet waren, mußten die neuen Rekruten draußen Aufstellung nehmen. Als ein Jeep herangefahren kam, salutierten Smeed, und die anderen AWB-Soldaten und schlugen die Haken zusammen. Blaine machte einen Mann aus, den er als Travis Dreyer erkannte; er stand in dem Jeep und hielt sich am Rahmen der Windschutzscheibe fest. Der Jeep rollte aus, und Dreyer sprang hinab. Seine blankgeputzten schwarzen Stiefel knirschen auf dem Schotter, als er steifbeinig näher kam, die Arme mechanisch an den Seiten schwingend und die Brust übertrieben herausgestreckt. Er war glattrasiert und hatte ganz kurz geschnittenes, blondes Haar. Seine Augen leuchteten in einem kristallinen Blau.
    In dem üblichen Sam Browne-Halfter der AWB steckte eine Neun-Millimeter-Browning mit Elfenbeingriff. Die Waffe hing viel zu tief und schlug gegen sein Bein, als er die Reihe seiner Soldaten abschritt, die noch immer Haltung angenommen hatten.
    »Steht bequem«, sagte er und ging weiter.
    Nun wandte er sich den neuen Rekruten zu und musterte einen jeden mit strengem Blick. Blaine befürchtete schon, er würde zu lange vor ihm stehen, doch Dreyer schenkte ihm nicht mehr Beachtung als den anderen. Der Mann bedachte die Gruppe mit einem letzten Nicken, ging zu dem Jeep zurück und nahm wieder seinen Platz hinter der Windschutzscheibe ein.
    Der Jeep fuhr davon, und Colonel Smeed befahl den sechzehn neuen Rekruten, ihn wieder an Bord des Busses zu begleiten, der langsam durch Whiteland fuhr, während der Colonel seine Antrittsrede fortsetzen. Blaine prägte sich die Örtlichkeiten ein und stellte sie in einen Zusammenhang mit den Details, an die er sich von seinem sorgfältigen Studium der Pläne am heutigen Vormittag erinnerte. Die Karten und Informationen, die er über den Computer bekommen hatte, ließen Whiteland keine Gerechtigkeit angedeihen. Hier wurde überall gebaut, und eine ganze Reihe von Arbeitern schuftete unermüdlich an den einfachen Fertighäusern, die aus dem Boden gestampft wurden. Rasenflächen und Gärten wurden angelegt, überall blühten Blumen.
    Während der Bus durch Whiteland kroch, stellte Blaine fest, daß die Schule schon mit einem Flügel erweitert worden war und ein zweiter sich derzeit in Bau befand. Kinder spielten in Khaki-Shorts und -Hemden Fußball. Frauen schleppten sich an Segeltuchtaschen mit Lebensmitteln ab. Ein paar Leute fuhren mit Fahrrädern über die frisch gepflasterten Straßen.
    Im Geschäftsbezirk wurde McCracken klar, daß Barnstables Informationen bereits überholt waren; er zählte mindestens drei Läden, die weder in den Geheimdienstberichten erwähnt wurden noch auf den Plänen abgebildet waren. Hätte er nicht genau gewußt, wo er hier war, hätte er vermutet, es handele sich um irgendeine Kleinstadt auf dem Lande. Die einzigen Geräusche, die diese Illusion zunichte machten, waren die der schweren Baumaschinen, die versuchten, mit den Anforderungen nach neuen Häusern und anderen Gebäuden Schritt zu halten.
    Einige Leute auf der Straße lächelten und winkten. Die Gesten wirkten einladend, aber die Gesichter der Menschen waren verschlossen.
    Blaine konzentrierte sich so stark darauf, sich die

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