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Der Tag Delphi

Titel: Der Tag Delphi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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Funkgerät.«
    Kristen stellte fest, daß sie nicht nur eine wahnsinnige Angst, sondern auch eine tiefe Trauer verspürte. Die Tatsache, daß diese Männer ihnen mit der Absicht aufgelauert hatten, sie zu töten, verhieß für Davids Schicksal nichts Gutes. Bislang hatte sie sich an die Hoffnung geklammert, daß er seine Nase einfach in eine Sache gesteckt hatte, die ihn nichts anging, und nun irgendwo gefangengehalten wurde oder auch auf der Flucht war. Doch nun war ihr klar, daß diejenigen, die hinter der Sache steckten, der David auf die Spur gekommen war, vor nichts zurückschreckten, um ihr Geheimnis zu schützen. Wenn sie versuchten, sie und Farlowe zu töten, dann …
    Der Sheriff ersparte ihr die Mühe, den Gedanken zu vollenden. »Jetzt rücken sie heran«, sagte er, als die Schüsse verhallt waren. »Sie wissen, daß sie uns in der Falle haben, und können sich Zeit lassen.«
    »Was können wir tun?«
    »Ich könnte versuchen, zu meinem Wagen zu laufen, oder …«
    Farlowe schien es sich mitten im Satz anders zu überlegen. Er sog die Luft ein, und ein verkniffenes Lächeln legte sich auf seine Lippen.
    »… wir warten.«
    »Wir warten? Worauf?«
    Und dann spürte sie es auch. Zuerst war es nur ein leichtes Auffrischen des Windes, aber ein paar Atemzüge später schon ein kräftiger Windstoß gegen ihr Gesicht.
    Eine Verdunkelung! Duncan Farlowe hatte sie gerochen und gewußt, was nun passieren würde!
    »Bedecken Sie die Augen und den Mund, so gut Sie können«, wies er sie an, während vielleicht ein Dutzend Mini-Tornados Staub aufwirbelten. Die Luft verdunkelte sich zusehends, und die Sonne war schon nicht mehr auszumachen. »Ergreifen Sie meine Hand und folgen Sie mir, wenn ich losgehe.«
    Kristen hielt den Ärmel vor ihre Augen. »Ihnen folgen?«
    »Ja. Ich kenne diese Hügel so gut wie mein Gesicht. Ich vermute, unsere schießwütigen Freunde haben diesen Vorteil nicht.«
    Die aufgewirbelte Erde drang in seinen Mund und verwandelte die letzten Worte in ein kaum noch verständliches Gurgeln. Er spuckte den Dreck wieder aus und band dann sein rotes Halstuch vor den unteren Teil seines Gesichts.
    »Kommen Sie!« krächzte Farlowe hinter dem Halstuch und zog den breitkrempigen Hut hinab, um seine Augen zu schützen.
    Er erklomm den Hügel blindlings, aber sicheren Schrittes. Kristen glaubte, bei ihrem Aufbruch jede Orientierung verloren zu haben, stellte dann aber fest, daß sie keineswegs umgekehrt waren und den Pfad zum Wagen zurückgingen; statt dessen arbeiteten sie sich in südliche Richtung tiefer in die Hügel zu den erschöpften Silberminen vor.
    Kristen hörte, daß ungezielte Schüsse in die braune Luft abgegeben wurden. In der Ferne erklangen laute Rufe, dann einer aus anscheinend nicht mehr als fünfzehn Metern Entfernung. Sie spürte, daß Farlowe sich anspannte, und blieb einen Schritt hinter ihm stehen. Es gelang ihr, die Augen so weit zu öffnen, daß sie eine Gestalt ausmachen konnte, die sich rechts vor ihnen blind den Weg ertastete. Farlowes Peacemaker knallte einmal auf. Die Gestalt war verschwunden, und ihr Schrei verlor sich in dem heulenden Wind, der den Staub zu einer schweren, braunen Decke verwandelte, die sich über ihre gesamte Umgebung legte.
    Dem Sheriff blieben jetzt nur noch zwei Kugeln. Er zog Kristen wieder etwas schneller voran; ihm war klar, daß das deutlich zu vernehmende Geräusch des Schusses die verbliebenen Feinde in diese Richtung locken würde. Seinen Schritten merkte sie jedoch an, daß ihn dies nicht zu stören schien. Ganz im Gegenteil, sie spürte, daß er genau dies wollte. Sie konnten die Verdunklung nur nutzen, solange sie anhielt. Kristen erinnerte sich, daß sie während der Hinfahrt fünf, vielleicht sechs Minuten gedauert hatte. Also blieben ihnen noch ein paar Minuten.
    Farlowe steuerte Kristen um ein schmales Loch im Boden, das in eine der zahlreichen aufgegebenen Silberminen führte, die das Land wie Pockennarben überzogen. Er bog nach rechts ab und blieb direkt vor dem Rand eines größeren Einstiegs stehen.
    »Wir gehen runter!« versuchte er, den Wind zu übertönen.
    »Was?«
    »Folgen Sie mir!«
    Er zog sie mit sich hinab und schob sie zum Ende des Schachteingangs, bevor dieser sich zu einem Gang erweiterte. Zuerst dachte sie, sie würden sich hier verstecken oder vielleicht sogar den Gang als Fluchtweg benutzen. Doch Farlowe löste sich von ihr, ging direkt unter der Schachtöffnung in die Hocke und lauschte auf alle Geräusche, die

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