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Der Tag Delphi

Titel: Der Tag Delphi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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etwas zu trinken bringen, Sir?«
    »Ein Mineralwasser«, sagte McCracken zu der Stewardeß im Erste-Klasse-Abteil des Airbus A-300. »Medium, bitte.«
    Sie lächelte und kehrte zur Kombüse zurück.
    Blaine hatte keinen Schluck Alkohol mehr getrunken, seit er vor über zwanzig Jahren aus Vietnam zurückgekehrt war. Es hatte Zeiten gegeben, da lediglich der Alkohol ihm die Kraft gegeben hatte, alles durchzustehen, und deshalb hatte er ihm nach Beendigung seiner Dienstzeit völlig abgeschworen. Vielleicht hatte er Angst, daß der Alkohol Erinnerungen an den Krieg zurückbringen würde. Vielleicht befürchtete er auch, sich wieder in die Abhängigkeit zu begeben, die er entwickelt und dann überwunden hatte.
    Endlich löste die große Maschine sich vom Flugsteig und rollte zur Startbahn. Der Flug hatte sich um fast eine Stunde verzögert. Zuerst hatte das routinemäßige Durchzählen ergeben, daß ein Passagier zwar gebucht hatte, sich aber nicht an Bord befand. Danach war ein neuer Küchenwagen an Bord gebracht worden, da auf den Tabletts des Karrens, der ursprünglich angeliefert worden war, bei allen Gerichten eine falsche Vorspeise enthalten war. McCracken versuchte, sich zu entspannen, doch seine Gedanken ließen es nicht zu.
    Er schaute hinab und sah, daß sein Mineralwasser in der Vertiefung der Armlehne stand. Er hatte nicht einmal bemerkt, daß die Stewardeß es gebracht hatte. Der Sitz neben ihm war leer, wie die meisten im Erste-Klasse-Abteil. Der Captain meldete über die Lautsprecheranlage, daß sie ihre Flughöhe von fünfunddreißigtausend Fuß eingenommen hatten. Dann gab die Stimme einer Stewardeß bekannt, daß man gleich eine Mahlzeit servieren würde.
    Eine unbehagliche Gänsehaut glitt über McCrackens Rücken. Ein Passagier hatte gebucht, war aber nicht an Bord gekommen. Die neuen Mahlzeiten waren angeliefert worden, nachdem es zu dieser Anomalie gekommen war.
    Plötzlich fröstelte er.
    Blaines Gedanken rasten. Es war möglich, sogar wahrscheinlich, daß diejenigen, die er verfolgte, mittlerweile wußten, daß er sich vergangene Nacht mit Tom Daniels im Rock Creek Park getroffen hatte. Und da sie vermutlich ebenfalls wußten, daß Daniels der Operation Gelbe Rose und damit auch Arlo Cleese auf der Spur gewesen war, war die Miami-Verbindung mittlerweile offensichtlich. Doch falls sie Blaine lediglich beobachteten, müßte sein Beschatter an Bord dieser Maschine sein. Daß dieser Beschatter nicht an Bord gekommen war – der fehlende Passagier –, deutete darauf hin, daß sie sich zu einem anderen Vorgehen entschieden hatten. Statt der Mahlzeiten, die angeblich ausgetauscht worden waren, konnte durchaus etwas anderes an Bord gebracht worden sein.
    Blaine erhob sich von seinem Sitz und trat durch den Vorhang, der das Abteil der Zweiten Klasse von dem der Ersten abtrennte. Stewardessen schoben je einen Karren mit Getränken und einen mit Mahlzeiten durch die beiden Gänge und erkundigten sich höflich bei den Passagieren nach deren Getränke- und Speisewünschen. McCracken schritt den linken Gang entlang, bis er den Wagen mit den Mahlzeiten erreicht hatte. Er tat so, als würde er geduldig warten, bis er an ihm vorbeigehen konnte, musterte den Karren jedoch insgeheim, obwohl ihm klar war, daß eine so oberflächliche Untersuchung wohl zu keinen Ergebnissen führen würde.
    Er hätte mit seiner Vermutung recht behalten, hätte er nicht die Stimme der Stewardeß auf dem anderen Gang gehört: »Das Tablett klemmt, Sir. Wenn Sie bitte einen Augenblick warten, werde ich …«
    McCracken glitt durch die nächste mittlere Sitzreihe. Er schob die gesenkten Serviertischchen hoch, kippte dabei zwei Plastikbecher mit Mineralwasser um und rempelte die bestürzten Passagiere an.
    Im rechten Gang versuchte die Stewardeß noch immer, das klemmende Tablett aus dem Karren zu ziehen. Sie machte Anstalten, zu einem kräftigen Ruck anzusetzen, als Blaine die Hand um ihren Unterarm schloß.
    »Sir?«
    »Nehmen Sie die Hand von dem Tablett und ziehen Sie sie langsam zurück.«
    »Gibt es hier ein Problem?« fragte eine andere Stewardeß.
    McCracken ignorierte sie. Sein Blick blieb auf die blau gekleidete junge Frau gerichtet, deren Hand noch immer das klemmende Tablett umschloß.
    »Tun Sie, was ich Ihnen sage.« Und er drückte so fest zu, daß sie ihm unwillkürlich gehorchte. Die Stewardeß zog die Hand langsam zurück. Eine etwas ältere Stewardeß, bei der es sich um die Chefin der Bordbetreuung zu handeln schien,

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