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Der Tag Delphi

Titel: Der Tag Delphi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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River Mountains ein Ausbildungslager errichtet hatte. Wenn jemand einen Grund hatte, Traggeo aus dem Knast zu holen, dann Tyson Gash.
    Wareagle mußte am späten Sonntagnachmittag am Tor des Lagers warten, während man Gash von seiner Anwesenheit unterrichtete. Die drei Wachen hielten noch immer ihre M16-Gewehre auf ihn gerichtet, als Gash in einem Jeep heranzog. Er sah noch aus wie vor über zwanzig Jahren, als sie sich zum letzten Mal gesehen hatten, bis hin zu der nicht angezündeten Zigarre in einem Mundwinkel. Colonel Tyson Gash war ein schmaler, knochiger, aber durchaus muskulöser Mann. Er war ziemlich groß und hatte vielleicht etwas zugenommen; ansonsten trug er denselben buschigen, schwarzen Schnurrbart und den kurzgeschorenen Haarschopf, an den Johnny sich noch von Vietnam erinnerte. Eine Pistole vom Kaliber .45 steckte in seinem Gürtelhalfter. Obwohl die Temperatur noch bei etwa 30 Grad lag, war er mit einer vollständigen Kampfmontur bekleidet.
    »Rühren«, befahl er seinen Soldaten.
    Die drei Waffen wurden gleichzeitig gesenkt.
    Gash sprach zu seinen Männern, während er zu dem zwei Meter und zehn großen Wareagle aufsah. »Ihr wißt es noch nicht, Jungs, aber ihr habt gerade eine bessere Lektion erhalten, als ich sie euch je beibringen könnte. Ihr habt drei Gewehre auf einen Mann gerichtet, der nur mit einem Messer bewaffnet ist, und dennoch hätte er euch jederzeit ausschalten können, wenn er es nur gewollt hätte.« Er musterte sie streng, und die Soldaten standen wieder stramm. Er nahm die Zigarre aus dem Mund und richtete sie auf sie, während seine Stimme lauter wurde. »Jungs, ihr seht wahre Größe vor euch. Wenn ihr beim nächsten Mal einem Mann dieser Statur begegnet – falls es ein nächstes Mal gibt –, schätzt ihr ihn lieber richtig ein, oder ihr könnt euch eine andere Truppe suchen. Und jetzt wieder an die Arbeit.«
    Die Soldaten salutierten und traten zurück. Gash ging zu Johnny und gab ihm die Hand.
    »Es freut mich, Sie zu sehen, Lieutenant.«
    Wareagle umschloß Gashs Hand mit seiner gewaltigen Pranke. »Ich bin Ihrer Worte nicht würdig, Colonel.«
    »Wollen Sie damit sagen, Sie hätten diese drei Rotärsche nicht mit einem geschlossenen und einem zusammengekniffenen Auge ausschalten können?«
    »Ich will damit sagen, daß sie keine wahre Größe vor sich gesehen haben. Und das gilt auch für Sie, Sir.«
    Gash nickte; er lächelte noch immer. »Ich habe gewußt, daß Sie eines Tages hier aufkreuzen und mein Angebot akzeptieren würden. Sie haben nur Zeit gebraucht.«
    Sie gingen zu dem Jeep. Gash sah noch immer zu Wareagle auf.
    »Deshalb bin ich nicht hier, Colonel.«
    »Aber Sie werden sich doch wenigstens das Camp ansehen? Vielleicht bleiben Sie zum Essen.«
    »Wie Sie wünschen.«
    »Ich wünsche, daß Sie sich entschließen, sich mit mir zusammenzutun. Wir brauchen Sie, Lieutenant. Und die Zeit wird kommen, da dieses Land uns brauchen wird.«
    »Ich suche einen Ihrer Männer«, sagte Johnny, als sie den Jeep erreicht hatten.
    »Sie sind alle hier. Unter meinem Kommando gibt es so etwas wie Urlaub nicht.«
    »Keinen, der jetzt bei Ihnen ist, sondern einen aus der Vergangenheit.«
    »Und wie weit liegt die zurück?«
    »Die Salvage Company.«
    Die nicht brennende Zigarre im Mund, ließ Gash den Motor an, ohne Wareagle zu antworten, und legte den Rückwärtsgang ein.
    »Ein paar von denen sind bei mir«, gestand er ein, als der Jeep sich den Holzhäusern des Camps näherte. »Und wen genau meinen Sie?«
    »Traggeo«, erwiderte Johnny.
    »Verdammt, ich habe gedacht, der wäre tot.«
    »Nein. Aber eine Reihe von Leuten, die ihm begegnet sind, leben nicht mehr.«
    »Ich habe keine Listen geführt.«
    »Er wurde zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt. Jemand hat ihn herausgeholt, noch bevor er ein Jahr abgesessen hatte. Jemand aus der Regierung.«
    »Und Sie dachten, ich wäre es gewesen.«
    »Das wäre nur logisch.«
    »Sie müssen das Schild draußen am Tor übersehen haben, Lieutenant«, erwiderte Gash. »›Für Verrückte kein Zutritt.‹«
    »Dann hätte man vielleicht auch uns beiden den Zutritt verweigern sollen, Colonel.«
    Gash lachte. »Ein Punkt für Sie. Aber Traggeo ist ein ganz anderes Kaliber. Ich kann mit niemandem arbeiten, den ich nicht kontrollieren kann.«
    »Im Höllenfeuer konnten Sie es.«
    Gash trat auf die Bremse. Er nahm die Zigarre aus dem Mund und warf sie zu Boden. »Man hat nicht erwartet, daß sie überleben. Das macht einen gewaltigen

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