Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tag der Ameisen

Der Tag der Ameisen

Titel: Der Tag der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
Vom Netzwerk:
Verhalten) hat sie in der ganzen Region berühmt und berüchtigt gemacht.
    Zaha-haer-scha fragt sich, warum diese Ameise sie gewarnt hat. Sie redete von einem Kreuzzug gegen die Finger … Ihre eigene Mutter hatte ihr einst von den Fingern erzählt: Die Finger sind anders, eine andere Raum-Zeit-Dimension. Man darf Finger und Insekten nicht vermischen. Wenn du Finger bemerkst, kümmere dich nicht um sie, und sie kümmern sich nicht um dich.
    Zaha-haer-scha hat dieses Prinzip buchstabengetreu befolgt.
    Sie hat ihre Töchter gelehrt, sich nie mit den Fingern zu beschäftigen, weder um sie anzugreifen noch um ihnen zu Hilfe zu kommen. Man müsse so tun, als gebe es sie nicht.
    Sie bittet ihren Hof um einen Augenblick Ruhe und nutzt diesen, um ein wenig Honig zu naschen. Der Honig ist das Lebenselexier. Alles an ihm wird vom Organismus angenommen, so rein ist dieser Stoff.
    Zaha-haer-scha glaubt, daß sich der Krieg vielleicht vermeiden ließe. Diese Belokanierinnen wollen einfach verhandeln, damit die Bienen ihren Kreuzzug unbeschadet passieren lassen. Und selbst wenn sich Ameisen in der Luft befinden sollten, heißt das noch lange nicht, daß sie alle Techniken des Luftkampfes beherrschen! Sie haben zwar keine Mühe gehabt, die Luftknotenpunkte der Bienen zu zerstören, aber was könnten sie schon gegen eine Militärstaffel aus Askolein ausrichten?
    Nein, sie werden beim ersten Scharmützel gegen die Ameisen nicht gleich den Stachel einziehen. Die Bienen werden sich stellen und siegen.
    Sogleich beruft die Königin ihre Kriegstreiberinnen ein, sehr nervöse Bienen, die es verstehen, ihre Nervosität weiterzugeben. Zaha-haer-scha gibt den Schlachtbefehl aus: Ihr dürft euch den Belokanierinnen nicht im Stock stellen, fangt sie in der Luft ab!
    Sofort wird die Botschaft weitergetragen, Kriegerinnen nehmen Aufstellung. Sie heben in einem dichten Geschwader ab, bilden ein V, Angriffsplan Nr. 4, ähnlich wie bei den Verteidigungsschlachten gegen die Wespen.
    Alle Flügel in der goldenen Stadt vibrieren mit einer Frequenz von 300 Hertz und erzeugen eine Art schwaches Motorbrummen. Bzzz bzzzzzzzz bzzz. Die Stachel sind eingefahren, sie werden nur in dem Moment ausgefahren, in dem sie den Tod bringen sollen.
     

108. RÜCKSCHLAG
     
    Der Präfekt Charles Dupeyron ging im Zimmer auf und ab. Er hatte Kommissar Jacques Méliès kommen lassen und war nicht besonders guter Laune.
    »Manchmal schenkt man jemandem Vertrauen und wird dann enttäuscht.«
    Jacques Méliès versagte sich die Bemerkung, daß dies in der Politik oft der Fall sei.
    Der Präfekt Charles Dupeyron ging mit vorwurfsvoller Miene auf ihn zu.
    »Ich habe an Sie geglaubt. Warum haben Sie sich nur in derart lächerlicher Weise auf die Tochter von Professor Wells gestürzt? Die noch dazu Journalistin ist!«
    »Sie war die einzige, die wußte, daß ich endlich eine Spur hatte. Sie züchtete in ihrer Wohnung Ameisen. Und genau am selben Abend sind Ameisen in mein Schlafzimmer eingedrungen.«
    »Ja und, was soll ich denn sagen? Sie wissen genau, daß ich mitten im Wald von Milliarden von Ameisen angegriffen wurde.«
    »Ach, apropos, wie geht es Ihrem Sohn, Monsieur?«
    »Er ist vollkommen wiederhergestellt. Ach, reden wir nicht davon! Der Arzt hat einen Bienenstich diagnostiziert. Wir waren von Ameisen bedeckt, und alles, was er als Erklärung gefunden hat, war: ein Bienenstich! Und denken Sie, das Unglaublichste dabei ist, daß er Georges ein Serum gegen Bienengift verabreicht hat, und sofort war er wieder auf den Beinen.« Der Präfekt schüttelte den Kopf. »Ich habe wahrhaftig gute Gründe, um den Ameisen böse zu sein. Ich habe den Regionalrat gebeten, einen Sanierungsplan auszuarbeiten. Eine gute Bestäubung des Walds von Fontainebleau mit DDT, und man kann jahrelang auf den Kadavern dieses Ungeziefers picknicken!«
    Er setzte sich hinter seinen großen Régence-Schreibtisch und fuhr noch immer unzufrieden fort: »Ich habe die sofortige Freilassung von Laetitia Wells angeordnet. Der Mord an Professor Cygneriaz hat Ihre Verdächtige entlastet und unsere ganze Polizei zum Gespött gemacht. Dieser neue Schnitzer kommt uns sehr ungelegen.«
    Méliès wollte gerade protestieren, doch der Präfekt sprach immer wütender weiter: »Ich habe darum gebeten, Mademoiselle Wells eine Entschädigung wegen moralischer Vorverurteilung zu zahlen. Das wird sie natürlich nicht daran hindern, in ihrer Zeitung zu schreiben, was sie von unserer Behörde hält. Wenn wir den Kopf oben

Weitere Kostenlose Bücher