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Der Tag der Dissonanz

Der Tag der Dissonanz

Titel: Der Tag der Dissonanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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Verwirrtheit durch das Geräusch fernen Donnergrollens unterbrochen. Vielleicht war es auch nur ein Zornesbrüllen.
    Seidis Eltern behielten das Geld, das Hathcar ihnen bereits gezahlt hatte, und genau wie Jon-Tom vermutet hatte, machte der Tüpfelkuskus keine Anstalten, das schwerbewaffnete und gesicherte Dorf anzugreifen, um es zurück zufordern. So hatte er keinerlei Möglichkeit, seinen Zorn und seine Frustration auszulassen, bis er schließlich auf den Gedanken kam, daß das Mädchen ja eigentlich ihr Bestes gegeben hatte und deshalb sogar noch einen Bonus verdient hatte.
    Und so kam es, daß Seidi zwar nicht ihre vielbegehrten Süßigkeiten bekam, dafür aber das einzige Mädchen im Dorf war, das dem kommenden Winter beruhigt entgegenblicken konnte - da sie ja einen funkelnagelneuen Wolfspelzmantel trug.
    Spät am Nachmittag machten die vier Reisenden Rast. Der Braten, den Mudge unter Einsatz seines Lebens gerettet hatte, war zwar schon fast aufgebraucht, aber Roseroar beschaffte schon sehr bald frische Nahrung für alle. Drom nibbelte zufrieden in einem nahegelegenen Feld an Orgelkraut. Jede der blaurosa Blüten gab beim Zerkautwerden einen anderen musikalischen Ton von sich.
    Mudge saß beim Essen dicht neben Jon-Tom. »Macht dir das nichts aus, Kumpel?«
    »Was... was soll mir was ausmachen?«
    Mit einem Nicken zeigte der Otter zu dem Einhorn hinüber.
    »Er.«
    Jon-Tom biß in sein Steak. Das Fleisch war saftig und sehr würzig im Geschmack. »Er hat uns schon einmal das Leben gerettet, und das wird er möglicherweise noch öfter tun. Was seine sexuellen Vorlieben angeht, so sind mir die wirklich völlig egal. Auf dem Hollywood Boulevard würde er überhaupt nicht auffallen.«
    »Na ja, vielleicht 'aste recht. Also ich 'ab's ja von Anfang an gewußt. Wie der schon aus dem Wald auf uns zugetrippelt ist...«
    Drom hörte es, hob die Schnauze und sagte würdevoll: »Ich trippele nicht, Otter, ich tänzele.« Er blickte Jon-Tom an.
    »Glaubst du wirklich, daß deine früheren Bekannten schneller als ihr in Crancularn sein und die Medizin bekommen werden, die ihr braucht?«
    »Ich hoffe zwar, daß sie es nicht schaffen, aber ich befürchte es. Sie haben unsere einzige Landkarte gestohlen.«
    »Das ist kein allzu großer Verlust, du solltest ihn dir nicht zu Herzen nehmen.« Das Einhorn zerbiß einen Klumpen purpurner Blumen, deren Blätter die Schattierung von emailliertem Amethyst besaßen. Sie summten, als sie vertilgt wurden. »Ich kann euch dort hinführen.«
    »Man hat uns erzählt, daß sich die Stadt bewegt.«
    »Nur in der Einbildung. Es gibt Leute, die durch sie hindurchstolpern, ohne sie zu erkennen, oder die immer im Kreis um sie herumgehen, als seien sie blind. Deshalb sagen sie dann, daß sie sich angeblich bewege. Aber sie bewegt sich nicht; wenn man sie finden will, muß man das fest wollen. Ich weiß das. Das haben mir jene gesagt, die es wissen müßten. Ich werde euch nach Crancularn führen.«
    »Das ist wirklich verdammt wunderbar«, gestand Mudge laut. Er war wütend auf sich selbst. Es gab überhaupt keinen Grund, weshalb er in Gegenwart des Einhorns nervös oder übervorsichtig sein sollte. Drom war schließlich ein ganz netter Kerl, und Mudge hatte auch nicht die geringste Ähnlichkeit mit einem Haflinger, nicht wahr? Und hatte man ihm nicht immer eingeschärft, einem geschenkten Einhorn nicht ins Maul zu schauen? Er war außer sich vor Wut auf sich selbst.
    Hatte der Vierbeiner ihn und Jon-Tom nicht die ganze Strecke aus Hathcars Gebiet bis hierher getragen, ohne zu murren? Ja, wenn er die vor ihnen liegende Strecke im Galopp zurück legen sollte, während sie abwechselnd auf ihm ritten, würden sie dieses Mistvieh von Jalwar und seine niederträchtige Helferin, Wahnwitz, vielleicht doch noch einholen...
    Sie kamen sehr schnell in Richtung Westen voran, doch von ihren früheren Freunden war nach wie vor keine Spur zu sehen.
    Als sie sich endlich am Stadtrand von Crancularn befanden, konnte Jon-Tom es kaum glauben. Er hatte schon geglaubt, daß es diese Stadt nur in Clodsahamps Einbildung gab - und jetzt lag sie vor ihnen.
    Ja, da lag sie, und nachdem er dem Tode nur zu oft mit knapper Mühe entronnen war, nachdem er die Wirrwarr-Moore und das Glittergeistmeer sowie zahllose Hügel und Täler überquert hatte, war er reichlich enttäuscht von dem, was er da sah.
    Die Lage der Stadt war durchaus beeindruckend: ein dichtbewaldeter Berghang, der bis zu einem träge rauchenden Vulkan reichte.

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