Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tag der Dissonanz

Der Tag der Dissonanz

Titel: Der Tag der Dissonanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
Vom Netzwerk:
wurde. Schon bald mußten sie darum kämpfen, ihr Gleichgewicht zu behalten, als sie den gefährlichen Grat entlangglitten und rutschten.
    Das galt jedenfalls für Jon-Tom und Roseroar. Mit ihrer angeborenen Kletterbegabung und ihrem tiefergelegenen Schwerpunkt hatten Jalwar und Mudge keinerlei Schwierigkeiten mit dem beschwerlichen Abstieg, und Wahnwitz erwies sich als gelenkig wie ein Gibbonäffchen.
    Unten in der schmalen Felsspalte rauschte ein Bach. Er war breiter als der Fluß, den sie hinter sich gelassen hatten, doch noch nicht tief genug, um als richtiger Fluß zu gelten. Moos und vielerlei verschiedenartige Farngewächse klammerten sich an Baumstämme und Felsbrocken, Insekten summten in der kühlen, feuchten Luft, während dunkler Granit und Schiefer die Sonnenstrahlen aufsogen.
    Sie verbrachten den größten Teil des Tages damit, den Bach abzusuchen, bevor sie beschlossen weiter zuziehen. Ein unüberwindbarer Wasserfall zwang sie dazu, an der gegenüberliegenden Seite der Spalte den Abhang emporzuklettern. Sie erklommen den nächsten Vorsprung und kletterten einen weiteren Abhang empor, wo sie schließlich ihr Nachtlager aufschlugen.
    Am Nachmittag des nächsten Tages erkundeten sie bereits die vierte derartige Schlucht. In Jon-Tom keimte der Verdacht auf, daß das Feenvolk nur ein Mythos war, den sich ein besonders geschwätziger alter Nager ausgedacht hatte, um sich auf Kosten leichtgläubiger Reisender zu amüsieren.
    Sie waren gerade im Begriff, eine späte Mahlzeit zu beenden, als Mudge plötzlich von seinem Sitzplatz auf einem Fleckchen aufsprang, das mit buttergelben Blumen bewachsen war. Sein Schreckensruf hallte von den Felswänden entlang des Baches wider.
    Alles zuckte zusammen. Roseroar grff instinktiv nach ihren Schwertern, Wahnwitz kauerte sich fluchtbereit zusammen, und Jalwars Nackenhaare sträubten sich. Jon-Tom, der mit den Oberreaktionen des Otters vertrauter war als seine anderen Gefährten, ließ seinen Stab liegen, wo er war.
    »Was, zum Teufel, hat dich denn gebissen?«
    Mudge versuchte gerade, sein Hinterteil zu inspizieren.
    »Irgendwas 'at mich, zum Teufel, wirklich gebissen! 'e, Wahnwitz, sei 'n gutes Mädchen und schau mal nach, ob ich blute, wa?« Er drehte ihr den Rücken zu und beugte sich leicht vor.
    Sie untersuchte die von dem kurzen Stummelschwanz beherrschte, von der Lederhose geschützte Stelle und sagte: »Ich kann nichts erkennen.«
    »Dann guck mal genauer 'in.«
    »Du struppiger Perverser!« Sie warf ihm einen angeekelten Blick zu, während sie vor ihm zurückwich.
    »Nein, wirklich! Ich will die Anschuldigung ja nicht bestreiten Liebchen, aber irgendwas 'at mir mit Sicher'eit 'n Stück aus meinem 'interteil rausgebissen.«
    »Lügner! Was sollte ich wohl mit einem Stück aus deinem Hinterteil anfangen?«
    Die Stimme war hoch, aber bestimmt, und kam aus der Nähe des Blumenstücks. Jon-Tom kroch zu der Stelle hinüber, um genauer nachzusehen und nach der Quelle dieser Ableugnung zu suchen.
    Winzige Hände bogen die Stengel auseinander, die ebenso gelb waren wie die dichtblättrigen Blumen, und plötzlich starrte er auf etwas Kleines, Geflügeltes, Weibliches und drastisch Übergewichtiges.
    »Das darf doch wohl nicht wahr sein«, murmelte er, »eine fette Fee!«
    »Paß bloß auf und riskier nicht so 'ne kesse Lippe, Bürschchen«, erwiderte sie, während sie sich gewissermaßen leichtfüßig hervorwälzte und auf einen zerborstenen Holzblock stellte. »Ich weiß selbst, daß ich da ein kleines persönliches Problem habe. Da brauche ich nicht auch noch irgendeinen großmäuligen Menschen, der es mir aufs Brot schmiert.«
    »Entschuldigung.« Jon-Tom versuchte, reuig zu klingen, »du bist doch eine Fee, oder? Eine vom verzauberten Volk?«
    »Nee«, schnappte sie, »ich bin 'n Schauermann aus Snarken!« Jon-Tom musterte sie eindringlich. Ihre Kleidung ließ an hauchdünne Schleier aus glänzender, gesponnener Lavendelzuckerwatte denken. Auf ihrem Kopf glitzerte ein Miniaturdiadem. Ihr langes Haar hing bis zur Taille herab. Das Diadem war etwas verrutscht und bedeckte eines der Augen. Sie grunzte, als sie mühsam versuchte, es wieder zurecht zu rücken. Mit der Rechten umklammerte sie einen winzigen goldenen Stab. Ihre Flügel waren Zellophansplitter, die mit dünnen roten Streifen gespickt waren.
    »Man hat uns gesagt«, sagte Wahnwitz atemlos, »daß ihr uns helfen könntet.«
    »Warum sollte ich das wohl tun? Wir haben schon genug eigene Probleme.« Sie starrte

Weitere Kostenlose Bücher