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Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Der Tag der Messer: Roman (German Edition)

Titel: Der Tag der Messer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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genau, Balgir hasste sie, und das zahlte Frafa ihrem Vertrauten nach Kräften heim.
    Die Dunkelheit um sie her wurde dichter. Schatten krochen höher und höher an den Türmen empor und verschlangen das rote Abendlicht. Die lächerlich hellen Menschenaugen glänzten in der Dämmerung. Frafa roch Angst und Wut in der Menge. Es wurde schlimmer, je näher sie dem Drauzwinkel kam, aber entschlossen schob sie sich voran.
    Hinrichtungen fanden bei Sonnenuntergang statt. Danach würde die Menge sich rasch zerstreuen. Bis es so weit war, wollte Frafa den Platz erreicht haben, damit sie nicht in den schmalen Straßen von der davonflutenden Menge mitgerissen wurde.
    Plötzlich schlossen sich grobe Finger um ihren Arm. »Eine kleine Nachtalbe, so ganz allein hier unten«, murmelte eine Stimme dicht neben ihr.
    »Schande!«, brüllte Darnamur, der Gnom. Er war nur halb so groß wie ein Goblin und konnte kaum sehen, was auf dem Schafott geschah. Doch was er mitbekam, reichte aus: Sie hatten Wito in die Verbannung geschickt, seinen Freund und Hauptmann. Wie konnten sie es wagen?
    Rings um ihn nahmen andere Zuschauer den Ruf auf. Die meisten davon waren Gnome wie er. Manche von ihnen kannte Darnamur. Es waren Anhänger von Witos politischer Vereinigung, den »Grünen Landen«. Aber auch Menschen und Kobolde taten ihren Unwillen kund. Viele auf dem Platz waren mit dem Urteil nicht einverstanden.
    Aber als die Goblins kamen, rückten sie alle von Darnamur ab, und er stand unvermittelt allein da.
    Feiglinge!
    Darnamur zog ein Messer. Seine Hand bebte vor Wut. Er stierte den Goblins entgegen.
    Die Krieger vor dem Schafott rückten als geschlossener Wall aus Schilden vor. Sie bohrten sich in die weiche Flanke der Massen und drängten die Leute zurück. Die Truppen von Geliuna, der Schwarzen Fei, räumten den Drauzwinkel. Kleinere Trupps der Stadtgarde, die unter den Zuschauern standen, setzten sich ebenfalls in Bewegung. Wo die Unzufriedenen sich sammelten, trieben die Goblins sie auseinander. Gleich mehrere dieser Trupps hielten auf Darnamur zu.
    Darnamur bewegte sich mit den Umstehenden. Die wichen den Kriegern aus, aber dem kleinen Gnom boten sie dennoch eine gute Deckung. Sie tarnten seine Bewegungen und hielten die Gegner auf. Darnamur nutzte das Gewimmel und schlich von der Seite an die Goblins heran, die ihn fassen wollten.
    Da bekam er von hinten einen Tritt. Er wurde nach vorn geschleudert und schlug der Länge nach hin. Bevor Darnamur sich aufrappeln konnte, stellte der Angreifer ihm einen Fuß auf den Rücken. Eiserne Stiefelbeschläge gruben sich in die Lederweste. Darnamur wand sich, aber der Stiefel presste ihn auf den Boden, sodass er kaum noch Luft bekam.
    Hilflos wandte er den Kopf. Aus den Augenwinkeln sah er glänzende Schienen an kurzen, krummen Beinen. Ein goldener Brustpanzer blitzte darüber. Darnamur stach ungeschickt mit dem Messer nach dem Bein, aber der Goblin, der ihn überwältigt hatte, stieß ihm das stumpfe Ende des Speerschafts gegen den Kopf. Es war nur ein leichter Stoß, aber Darnamurs Gesicht schlug gegen das Pflaster, das Messer fiel ihm aus der Hand und er spürte den metallischen Geschmack von Blut im Mund.
    »Gibst du wohl Ruhe, du kleine Wanze«, knurrte der goldene Goblin.
    Die anderen Wachen kamen heran und blickten auf Darnamur hinab. Der schaute mit tränenden Augen zu ihnen auf.
    »Ah, hast sie erwischt, die ranzige Ratte«, sagte einer der Krieger zu dem Goldgerüsteten. »Gib uns den Gnom. Diese halben Zwerge sollte man gleich im Dutzend hinrichten, sonst wird man nicht satt davon!« Der Krieger lachte.
    Da fuhr ihm eine Speerspitze ins Auge und wurde wieder zurückgerissen, verschmiert mit Schleim und dunklem Blut.
    Frafa riss sich erschrocken los und fuhr herum.
    Ein besonders hässlicher Mensch, grob und unförmig und mit Pockennarben im Gesicht, drängte ihr nach. Er trug schäbige Kleidung, roch nach Krankheit und Alkohol – und er trug keinen Ring um den Hals. Ein herrenloser, streunender Mensch!
    Frafas Herz pochte wild. »Was erlaubst du dir«, fuhr sie den Kerl an. Hoffentlich zitterte ihre Stimme nicht. Das Blut rauschte ihr so laut in den Ohren, dass sie sich selbst kaum hören konnte.
    Der Mann fasste mit seinen prankenartigen Händen wieder nach ihr, und Frafa wich weiter zurück. »Ich werde deine Finger verdorren lassen!«, drohte sie.
    Der Mensch grinste hämisch. »Das glaube ich kaum, mein hübsches Nachtalbenkind«, murmelte er. »Du bist nur ein Küken und weit weg

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