Der Tag der zuckersueßen Rache

unserer Schule so fies zu Deiner Freundin war. Vielleicht solltest Du das mal Deinem Englischleh rer gegenüber erwähnen? Weil, ehrlich gesagt, dachte ich eigentlich immer schon, dass es bei diesem Briefprojekt mit der Ashbury irgendwann zu eine Katastrophe kommen musste. Das ist, als gäbe man meiner Schwester Jessica Motorradunterricht. Ich frage mich, was Kevin sich nur dabei gedacht hat? Aber das nur nebenbei. Ich helfe Dir gerne, aber ich glaube nicht, dass ich die Jungs aus meiner Englischklasse dazu bringen kann, in einer Reihe an Eurer Schule vorbeizumarschieren. Um ehrlich zu sein, Em, im wahren Leben wirkst Du irgendwie viel schlauer als in Deinen Briefen. Nimm’s mir nicht übel. Wie wäre es, wenn ich Dir einfach ein Klassenfoto vom letzten Jahr schicke?
    Bis dann
Charlie
    PS: Ich weiß, Du bist vollauf damit beschäftigt, Matthew Dunlop zu finden, aber vielleicht könntest Du mich trotzdem weiter trainieren? Ich glaube nicht, dass »eine Verabredung mit einem Mädchen« reichen wird, um mich in einen heißen Typen zu verwandeln.
     
     
    Lieber Charlie,
ich weiß! Das Gleiche habe ich auch gedacht! Über die katastro phische Natur des Brieffreundeprogramms? Ein Unglück, das nur darauf wartet zu passieren? Ehrlich! Zuerst wollte ich deshalb auch einen Protest dagegen organisieren, aber dann habe ich es mir anders überlegt. Trotzdem, ich habe nur unter Zwang mitgemacht und mir damals schon gedacht: DAS FUNKTIONIERT DOCH NIE! DAS SIND DOCH ALLES KRIMINELLE AN DIESER SCHULE! O.k., gute Idee mit dem Klassenfoto. Bitte beeil Dich und schick es gleich los. Warum machst Du nicht ein paar Polaroidfotos von Deinen Mitschülern, um die Suche einzugrenzen? Obwohl, wenn »Matthew Dunlop« sieht, dass Du die Klasse fotografierst, schöpft er vielleicht Verdacht, und das wäre wirklich zu schade. Wir brauchen unbedingt den Überraschungseffekt auf unserer Seite! O.k., ich kann übrigens gerne noch ein bisschen mit Dir trainieren, damit Du endlich Christinas Herz gewinnst; das geht auch nebenher. Für den Anfang würde ich Dich gerne bei folgender Aufgabe beobachten: Eine »Zufällige Begegnung mit einem Mädchen«. Ich finde, Du solltest einfach morgen Nachmittag am Eingangstor unserer Schule lehnen, während ich durch das Tor laufe. Sagen wir gegen halb fünf, wenn Du Zeit hast, und dann werden wir uns wie zufällig sehen und Du wirst sagen: »Hallo Emily, wie geht’s?« Oder etwas Lustigeres.
    Prima.
Aber sag mir nicht, ob Du vorhast zu kommen; das muss ein großes Geheimnis bleiben.
    Viele Grüße
Emily
     
     
    Lieber Seb,
ich dachte, ich könnte Dir ein paar Auszüge von Matthews Brie fen schicken, damit Du sie mit der Handschrift der Jungs aus Deiner Klasse vergleichen kannst. Aber Cass sagte, er habe alle Briefe mit dem Computer geschrieben. Außerdem sagte sie etwas sehr Seltsames: Sie will Matthew noch mal schreiben. Ich fragte: »Süße, bist du krank oder was?« Aber sie erklärte, dass sie einfach nur dagestanden habe, als er im Wäldchen so gemein zu ihr war, und alles eingesteckt habe und dass er deshalb das letzte Wort gehabt hätte. Sie meinte, sie wolle aber das letzte Wort haben. Was ich verstehen kann. Und da kam mir eine Idee. Sagen wir, Cassie schreibt ihm, und sagen wir, er liest den Brief, und sagen wir, der Brief wäre mit einem sehr starken Parfüm getränkt, so stark, dass die Person, die den Brief liest, diesen Geruch an ihren Händen hat, und sagen wir, jemand anderes . . .
    Ich glaube, Du verstehst, worauf ich damit hinauswill.
    Oder?
Wenn ich Dir sage, wann Cass den Brief abschickt, könntest Du
dann in Deiner Englischklasse nach einem Typen Ausschau halten, der nach Maiglöckchen riecht?
Danke.
    Lyd
Mittwoch
    Liebe Lyd, o.k., ich werde den Übeltäter für Dich erschnüffeln. Aber ich habe keine Ahnung, wie Maiglöckchen riechen.
Am besten, Du besprühst Dich mit dem Parfüm, kommst im Blue Danish Café vorbei und zu mir an meinen Ecktisch, damit ich ausgiebig
an Deinem Hals und Deinen Handgelenken schnuppern kann.
So werde ich den Geruch bestimmt erkennen.
Wann?
    Seb
     
    Hallo Seb,
beiliegend findest du eine Probe des Parfüms, das Cass heute über ihren Brief an Matthew Dunlop gießen wird. Ich hatte ge hofft, es würde ihr besser gehen, wenn sie diesen Brief erst geschrieben hat. Aber sie sieht kein bisschen fröhlicher aus. Wer er auch ist, er müsste den Brief in den nächsten Tagen bekommen, je nachdem, wie oft er in den Briefkasten schaut.
    Bis