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Der Tag der zuckersueßen Rache

Der Tag der zuckersueßen Rache

Titel: Der Tag der zuckersueßen Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Moriarty
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sagte: »Echt cool, dich kennenzulernen, Cass.« Ich lächelte nur und sagte: »Ich habe meinen Schirm vergessen.« »Ich meine«, fuhr er fort, als hätte er mich gar nicht gehört, »ich habe das Gefühl, dich schon sehr gut zu kennen. Deine vielen lustigen Briefe – ich liebe diese Briefe. Deine verrückte Therapeutin mit ihren Applauskassetten. Und wie deine lustige Mutter sie der Urheberrechtsverletzung bezichtigt. Weißt du noch? Und wie ihr dann nach Hause fahrt und den anderen Fahrern zuruft: ›Fahren Sie zufällig auch Volvo?‹ Und die Fahrer, die euch mit offenem Mund anstarren.« Er zeigte eine Art übertriebener Pantomime von einer der Geschichten, die ich ihm in meinen Briefen geschrieben hatte. Ich dachte, dass ihm meine Briefe wirklich gefallen haben mussten, wenn er sie so gut kannte. Trotzdem wurde ich nur noch verlegener. Ich sagte: »Ja, mir haben deine Briefe auch gut gefallen.« Er nickte nachdenklich und fing dann wieder an: »Und diese Ge schichte darüber, wie du und Lyd und Em – Lyd und Em, also wirklich, ich habe das Gefühl, als wären sie meine besten Freun dinnen – Cass – sie sind ja sooo cool. Diese Geschichte, wie ihr die Schule schwänzt, um ins Kino zu gehen? Und eure Lehrerin? Ms Spew? Oder wie hieß sie noch gleich? Ms Chunder?« »Ms Ralph.« »Ms Ralph!«, lachte er laut. »Ms Ralph! Sie wartete im Klassenzimmer auf euch, mit Pizza und Schokolade oder was auch immer, und ihr Mädels wart im Kino, und danach hattet ihr ein schlechtes Gewissen und habt einen Kuchen für sie gebacken!! Was für eine tolle Geschichte.« Allmählich wurde ich stutzig. So toll waren meine Briefe nun auch wieder nicht. Ich schüttelte den Kopf und Regentropfen flogen durch die Ge gend und ich zitterte ein bisschen und sagte: »Also, sollen wir irgendwohin gehen, wo es ein bisschen wärmer ist? Hast du vielleicht Lust auf einen Kaffee?« »Und deine Therapeutin, diese Claire? Die immer Kleider trägt, die viel zu bunt für sie sind, Cass? Und dann dieses Bedürfnis von dir, deine Hand in die Luft zu strecken, weißt du noch, Cass? Die sen Drang, deine Hand nach oben zu strecken? Du hast das Ge fühl, du würdest ertrinken, was? So wie du jetzt hier im Regen ertrinkst? Wie wär’s, wenn du sofort die Hand in die Luft streckst? Mach nur. Ich werde auch nicht lachen.« Da wusste ich, dass etwas faul war. Aber ich dachte, ich könnte es noch retten. Ich sagte: »Was soll das Ganze eigentlich?«, und versuchte, meine Stimme möglichst cool und stark klingen zu lassen. »Weißt du, Cass, ich versuche lediglich, dir begreiflich zu machen, wie es ist, dich kennenzulernen. Ich versuche nur, dir eine kleine Ahnung davon zu geben, wie viel Lust ich habe, mit der größten Streberin aller Zeiten zu tun zu haben. Weißt du noch, Cass, wie ich am Anfang versucht habe, dich dazu zu bringen, mir nicht mehr zu schreiben? Aber du hast einfach weitergemacht, also musste ich eine andere Taktik fahren. Versetz dich doch bitte mal in meine Lage und stell dir vor, wie es ist, Briefe von einem Mäd chen zu bekommen, dass eine Brille mit Augenpflaster trägt.« Ich flüsterte: »Das war doch in der ersten Klasse«, aber er sah mir direkt in die Augen und fuhr fort: »Ein Mädchen, das Klavier spielt und auf einem Squashball herumdrückt und mir empfiehlt, das Gleiche zu tun, damit ich meine Scheißposaune besser spielen kann.« Ich starrte ihn einfach nur an und er lachte und sagte: »Entschul dige. Trompete. Ich spiele Trompete, oder?« Ich war total geschockt und fühlte mich so dumm. Außerdem muss ich sagen, dass ich furchtbare Angst hatte. Weil Du doch wissen wolltest, vor was ich Angst habe, Lyd. Dann steckte er die Hand in die Tasche, zog ein Stück Papier heraus und sagte: »Und was meinst du, wie mich ein Brief interes siert, den deine Mutter an deinen Vater geschrieben hat und in dem es nur darum geht, wie du als Baby warst?« Er hielt den Brief in die Höhe, den ich ihm aus irgendeinem Grund geschickt hatte, damals, als ich ihm zum ersten Mal schrieb. Er riss das Blatt in kleine Fetzen und sagte: »So sehr interessiert mich dieser Scheiß!« Zum Schluss beugte er sich noch ganz dicht zu mir und sagte: »Ich habe eine Freundin an meiner eigenen Schule, vielen Dank. Außerdem hätte ich lieber eine Kakerlake in meinem Ohr als auch nur ein weiteres Wort von deinem hochnäsigen, arroganten Gesülze ertragen zu müssen. Hast du es jetzt kapiert?« Dann trat er zur Seite, setzte wieder dieses irre Lächeln auf und

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