Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Talisman

Der Talisman

Titel: Der Talisman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King und Peter Straub
Vom Netzwerk:
er Richard an. »Und zähle sie. Ich ernenne dich zum Verwalter der Magazine.«
    »Wunderbar«, sagte Richard mit matter Stimme. »Ich wusste doch, dass meine teure Erziehung noch einmal zu etwas nütze sein würde.«
    Jack machte sich abermals auf den Weg zu dem offenen Wagen und hebelte den Deckel von einer weiteren der mit MASCHINENTEILE gekennzeichneten Kisten ab. Während er damit beschäftigt war, hörte er von irgendwo aus der Dunkelheit einen rauen, heiseren Schrei, gefolgt von einem schrillen Schmerzenslaut.
    »Jack? Jack, bist du da hinten?«
    »Ja, ich bin hier!« rief Jack. Er hielt es für äußerst unklug, dass sie einander anschrien wie zwei Waschweiber, die sich über den Gartenzaun hinweg unterhalten, aber Richards Stimme hörte sich an, als wäre er einer Panik nahe.
    »Kommst du bald zurück?«
    »Komme sofort!« rief Jack und hebelte schneller und angestrengter mit dem Lauf der Uzi. Sie ließen das Verheerte Land hinter sich, aber Jack wollte den Zug trotzdem nicht allzu lange stehen lassen. Es wäre einfacher gewesen, wenn er die Kiste mit den Maschinenpistolen ins Führerhaus hätte tragen können, aber sie war zu schwer.
    Meine Uzis sind nicht schwer, dachte Jack und kicherte leise in die Dunkelheit hinein.
    »Jack?« Richards Stimme klang schrill und verängstigt.
    »Mach dir nicht in die Hose, Kumpel«, sagte er.
    »Nenn mich nicht Kumpel«, sagte Richard.
    Nägel lösten sich knirschend aus dem Holz, und schließlich konnte Jack den Deckel lüften. Er ergriff zwei der Pistolen und wollte sich gerade auf den Rückweg machen, als er eine weitere Kiste entdeckte – ungefähr so groß wie die Verpackung eines tragbaren Fernsehgeräts –, die bisher unter einer Falte der Plane verborgen gewesen war.
    Jack kletterte im schwachen Mondlicht über das Dach des geschlossenen Wagens und spürte den Wind im Gesicht. Er war sauber – er stank nicht mehr nach verrotteten Blumen und Verderbnis, er war einfach sauber und feucht und roch unverkennbar nach Salz.
    »Was hast du da hinten gemacht?« fragte Richard vorwurfsvoll. »Jack, wir haben doch die Uzis! Und wir haben Munition! Warum musstest du dann nach hinten gehen und mehr holen? Irgendetwas hätte hier hereinklettern können, während du da hinten herumgespielt hast!«
    »Mehr Uzis, weil Maschinenpistolen zu Überhitzung neigen«, sagte Jack. »Mehr Munition, weil wir vielleicht eine Menge verschießen müssen. Ich sehe nämlich auch Fernsehkrimis.«
    Er machte sich wieder auf den Weg. Er wollte wissen, was die kleinere Kiste enthielt.
    Richard ergriff seinen Arm, und Panik verwandelte seine Hand in eine Art Vogelkralle.
    »Dir passiert schon nichts, Richard.«
    »Jemand könnte dich herunterzerren.«
    »Ich glaube, wir haben das Verheerte Land fast …«
    »Jemand könnte mich herunterzerren! Jack, lass mich nicht allein!«
    Richard brach in Tränen aus. Er wandte sich nicht von Jack ab und schlug auch nicht die Hände vors Gesicht; er stand einfach da mit verzerrter Miene, während ihm die Tränen aus den Augen quollen. Jack schlang die Arme um ihn und hielt ihn fest.
    »Wenn irgendetwas dich erwischt und umbringt, was wird dann aus mir?« schluchzte Richard. »Wie komme ich dann jemals wieder aus diesem Land heraus?«
    Ich weiß es nicht, dachte Jack. Ich weiß es wirklich nicht.
     
    2
     
    Also begleitete Richard Jack auf seinem letzten Ausflug zu dem rollenden Munitionsdepot auf dem hinteren Wagen. Das hieß, dass Jack ihm die Leiter hinaufhelfen, ihn auf dem Dach des geschlossenen Wagens stützen und ihm dann behutsam wieder hinunterhelfen musste – ungefähr so, wie man einer gebrechlichen alten Dame beim Überqueren der Straße hilft. Die seelische Verfassung Richards des Vernünftigen besserte sich – aber seine körperliche wurde ständig schlechter.
    Obwohl Schmierfett zwischen den Brettern herausquoll, war die Kiste mit OBST gekennzeichnet. Wie zu erwarten, enthielt sie durchaus kein Obst, sondern Handgranaten.
    »Heilige Hanna!« flüsterte Richard.
    »Wer immer sie sein mag«, pflichtete Jack ihm bei. »Hilf mir. Ich denke, wir können uns jeder vier oder fünf in die Hemden stecken.«
    »Wozu brauchst du dieses Zeug?« fragte Richard. »Willst du dich mit einer ganzen Armee anlegen?«
    »Etwas dergleichen.«
     
    3
     
    Richard blickte zum Himmel empor, als er und Jack das Dach des geschlossenen Wagens überquerten, und ein Schwächeanfall überkam ihn. Er taumelte, und Jack musste schnell zufassen, damit er nicht

Weitere Kostenlose Bücher