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Der Talisman

Der Talisman

Titel: Der Talisman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King und Peter Straub
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vorbeizischte. »Heiliger Strohsack! Sie haben Pfeile und Bogen!« sagte er.
    Richard stöhnte, und Jack fürchtete, seinen Mageninhalt über sie beide erbrechen zu müssen.
    »Ich muss ihn erschießen«, sagte er.
    Richard schluckte und gab einen undefinierbaren Laut von sich.
    »Zum Teufel«, sagte Jack und legte den Sicherungsbügel seiner Uzi um. Er hob den Kopf und sah, wie das in Lumpen gekleidete Wesen gerade einen weiteren Pfeil abschoss. Der Schuss traf ihn zwar nicht, aber der Pfeil fuhr in die Wand des Führerhauses. Jack riss die Uzi hoch und zog den Abzug durch.
    Auf das, was passierte, war er nicht gefasst. Er hatte geglaubt, die Maschinenpistole würde ruhig in seiner Hand liegen und gehorsam ein paar Kugeln von sich geben. Stattdessen hüpfte die Uzi in seinen Händen wie ein Tier und ratterte so laut, dass ihm fast das Trommelfell geplatzt wäre. Der Pulvergestank brannte in seiner Nase. Der zerlumpte Mann warf die Arme hoch – vor Verblüffung, nicht, weil er verwundet war. Endlich dachte Jack daran, den Finger vom Abzug zu nehmen. Er ahnte nicht, wie viele Schüsse er eben vergeudet hatte oder wie viele Patronen noch im Magazin waren.
    »Hast du ihn erwischt?« fragte Richard.
    Der Mann rannte jetzt die Flanke des Tals hinauf, mit riesigen, flappenden Füßen. Dann sah Jack, dass es keine Füße waren – der Mann lief auf großen, plattenähnlichen Gebilden, die im Verheerten Land offenbar Schneeschuhen entsprachen. Er versuchte, einen der Bäume zu erreichen und hinter ihm in Deckung zu gehen.
    Jack hob die Uzi mit beiden Händen und visierte über den kurzen Lauf. Dann drückte er sanft auf den Abzug. Das Gewehr bockte in seiner Hand, aber nicht so vehement wie beim ersten Mal. Kugeln fuhren in einem weiten Bogen heraus, und zumindest eine von ihnen traf – der Mann kippte zur Seite, als wäre ein Lastwagen gegen ihn geprallt. Seine Füße flogen aus den Schneeschuhen.
    »Gib mir deine Kanone«, sagte Jack und nahm Richard die zweite Uzi aus den Händen. Immer noch kniend, verfeuerte er ein halbes Magazin in das verschattete Dunkel vor dem Zug und hoffte, damit das dort auf sie lauernde Geschöpf getötet zu haben.
    Ein weiterer Pfeil prallte gegen den Zug, noch einer blieb in der Wand des geschlossenen Wagens stecken.
    Richard kniete zitternd und weinend auf dem Boden des Führerhauses. »Nachladen«, sagte Jack und hielt Richard ein Magazin aus seiner Tasche unter die Nase. Er suchte die Flanke des Tales nach dem zweiten Angreifer ab. In weniger als einer Minute würde es zu dunkel sein, um unterhalb des Hügelkammes noch irgendetwas zu erkennen.
    »Ich sehe ihn«, rief Richard. »Ich habe ihn gesehen – da drüben!« Er deutete auf einen Schatten, der sich lautlos und eilig zwischen den Felsen bewegte, und Jack schickte die restlichen Kugeln im Magazin der zweiten Uzi in seine Richtung. Danach nahm Richard ihm die Maschinenpistole ab und legte die andere in seine Hände.
    »Nette Jungen, gute Jungen«, ertönte eine Stimme zu ihrer Rechten – wie weit vor ihnen, war unmöglich zu sagen. »Ihr bleibt stehen, ich bleib stehen, gut? Alles vorbei jetzt. Ihr nette Jungen, vielleicht verkaufen Gewehr. Ist mächtig gut zum Töten.«
    »Jack«, flüsterte Richard eindringlich, um ihn zu warnen.
    »Wirf Pfeile und Bogen weg«, rief Jack, noch immer neben Richard in Deckung.
    »Jack, tu das nicht!« flüsterte Richard.
    »Werf sie weg, jetzt gleich«, kam die Stimme, immer noch vor ihnen. Irgendetwas Leichtes fiel in den Staub. »Jungen bleiben stehen, verkaufen Gewehr, gut?«
    »Okay«, sagte Jack. »Komm her, damit wir dich sehen können.«
    »Gut«, sagte die Stimme.
    Jack zog den Schalthebel zurück und ließ den Zug ausrollen. »Wenn ich schreie«, flüsterte er Richard zu, »drückst du ihn nach vorn, so schnell du kannst, okay?«
    »Oh, Jesus«, stöhnte Richard.
    Jack vergewisserte sich, dass die Uzi, die Richard ihm gerade gegeben hatte, entsichert war. Ein Schweißtropfen rann ihm über die Stirn ins rechte Auge.
    »Alles gut jetzt«, sagte die Stimme. »Jungen können sich aufsetzen. Sitzt auf, Jungen.«
    Wa-chauf, wa-chauf, bitte, bitte.
    Der Zug rollte auf die Stimme zu. »Leg die Hand auf den Hebel«, flüsterte Jack. »Es ist bald soweit.«
    Richards zitternde Hand, die zu schmal und kindlich aussah, um auch nur etwas halbwegs Bedeutendes bewerkstelligen zu können, berührte den Schalthebel.
    Plötzlich stand Jack das Bild von Anders vor Augen, wie er auf einem welligen

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