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Der Talisman

Der Talisman

Titel: Der Talisman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King und Peter Straub
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draußen.«
    »Nein, das ist er nicht. Alles, was da draußen ist, ist – wie nennst du es? Sein Twinner.«
    »Oh.«
    Richard nickte. Trotz der Nähe des Talismans machte er wieder einen erschöpften Eindruck. »Ja.«
    »Wahrscheinlich wird es hart auf hart gehen.«
    »Ich tue, was ich kann.«
    »Ich liebe dich, Richard. «
    Richard lächelte matt. »Ich liebe dich auch, Jack. Und nun lass uns gehen, bevor ich es mit der Angst zu tun bekomme.«
     
    9
     
    Sloat hatte wirklich geglaubt, er hätte alles unter Kontrolle – die Situation natürlich, aber, was wichtiger war, sich selbst. Er glaubte es, bis er seinen Sohn, offensichtlich schwach, offensichtlich krank, aber noch immer lebend, aus dem schwarzen Hotel kommen sah, einen Arm um Jack Sawyers Hals und das Gesicht an Jack Sawyers Schulter gelehnt.
    Sloat hatte außerdem geglaubt, er hätte endlich seine Gefühle über Phil Sawyers Bengel unter Kontrolle – nur seine Wut war schuld daran gewesen, dass ihm Jack entgangen war, zuerst beim Pavillon der Königin, dann im Mittleren Westen. Er hatte es sogar geschafft, Ohio heil zu durchqueren – und Ohio war nur ein Augenzwinkern von Orris entfernt, dem Machtbereich des anderen Morgan. Aber seine Wut hatte zu unkontrolliertem Handeln geführt, und so war ihm der Junge entschlüpft. Er hatte seine Wut unterdrückt – aber jetzt flackerte sie bösartig und ungezügelt wieder auf. Es war, als hätte jemand Benzin auf ein abgedeckt schwelendes Feuer gegossen.
    Sein Sohn, noch am Leben. Und sein geliebter Sohn, dem er die Herrschaft über Welten und das Universum hatte vererben wollen, lehnte sich haltsuchend an Sawyer.
    Und das war nicht alles. In Sawyers Händen lag der Talisman, leuchtend und funkelnd wie ein auf die Erde herabgefallener Stern. Selbst von hier konnte Sloat es fühlen – es war, als hätte die Schwerkraft des Planeten plötzlich zugenommen, als zöge sie ihn herunter, ließe sein Herz mühsamer schlagen; als liefe die Zeit davon, trocknete sein Fleisch aus, trübte seinen Blick.
    »Tut weh!« heulte Gardener neben ihm.
    Die meisten der Wölfe, die das Erdbeben überlebt und sich um Morgan geschart hatten, schlugen jetzt die Hände vors Gesicht und taumelten zurück. Einige von ihnen erbrachen sich.
    Einen Augenblick lang empfand Morgan lähmende Angst – und dann rissen seine Wut, seine Erregung und der Irrsinn, den seine immer grandioser werdenden Träume von Macht und Herrschaft genährt hatten, seine Selbstbeherrschung in Fetzen.
    Er hob die Daumen zu den Ohren und stieß sie so tief hinein, dass es schmerzte. Dann streckte er die Zunge heraus und drohte Mr. Jack Hundesohn Sawyer, dessen letztes Stündlein geschlagen hatte, mit den Fingern. Einen Augenblick später fielen die Zähne in seinem Oberkiefer herab wie ein Fallgitter und schnitten von seiner herausgestreckten Zunge die Spitze ab. Sloat bemerkte es überhaupt nicht. Er packte Gardener bei der Flakweste.
    »ERSCH1ESS IHN!« kreischte er Gardener ins Gesicht. Blut von seiner durchgebissenen Zunge spritzte in einem feinen Strahl heraus. »ERSCHIESS IHN, DU LEVANTINISCHER BROCKEN SCHEISSE! ER HAT DEINEN SOHN UMGEBRACHT! ERSCHIESS IHN UND ERSCHIESS DEN SCHEISS-TALISMAN! SCHIESS DURCH SEINE ARME UND ZERBRICH IHN!«
    Jetzt begann Sloat langsam vor Gardener herumzutanzen; in seinem Gesicht arbeitete es, seine Daumen steckten wieder in seinen Ohren, seine Finger zuckten, die amputierte Zunge schnellte immer wieder aus seinem Mund. Er glich einem mordgierigen Kind – ausgelassen und gleichzeitig beängstigend.
    »ER HAT DEINEN SOHN UMGEBRACHT! RÄCHE DEINEN SOHN! ERSCHIESS IHN! ZERSCHIESS DAS DING! DU HAST SEINEN VATER ERSCHOSSEN, JETZT ERSCHIESS IHN!«
    »Reuel«, sagte Gardener nachdenklich. »Ja. Er hat Reuel getötet. Er ist der allerschlechteste Bastard, den es je gab. Alle Jungen. Eine unumstößliche Tatsache. Aber er – er …«
    Er drehte sich in Richtung des schwarzen Hotels und hob die Weatherbee an die Schulter. Jack und Richard hatten die aufgerissene Vordertreppe hinter sich gebracht und befanden sich jetzt auf dem breiten Fußweg, der noch ein paar Minuten zuvor völlig eben gewesen, aber jetzt von Rissen durchzogen war. Im Zielfernrohr waren die beiden Jungen so groß wie Wohnwagen.
    »ERSCHIESS IHN!« bellte Morgan. Er streckte die blutende Zunge wieder heraus und gab einen grässlichen Laut von sich, der wie triumphierendes Kindergestammel klang. Seine Füße, die in schmutzigen Gucci-Mokassins steckten, stampften auf den

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