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Der Tanz der besseren Gesellschaft (German Edition)

Der Tanz der besseren Gesellschaft (German Edition)

Titel: Der Tanz der besseren Gesellschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eberhard Feuchtenbeiner
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vorne – eine einfache Bewegung, doch vermag die geschulte Dame beinahe ihr ganzes Wesen in diese schlichte Geste zu legen, offenbart sich dem geschulten Auge im Anblick der langsamen, fließenden Verbeugung beinahe der gesamte Charakter der Frau.
    Üblicherweise trägt die Dame dabei natürlich Kleidung, die unter anderem ein beengendes Mieder und Röcke beinhaltet; die nackte Dame kann sich dem gegenüber frei bewegen und verbirgt nichts. Der sinnliche Reiz, der von dieser zwanzigfachen, nackten Polonaise ausging, lässt sich kaum in Worte fassen. Sicherlich hing er auch damit zusammen, dass die Frauen und Mädchen lediglich mit der Etikette bekleidet waren; für Ausschweifungen war es noch zu früh, und die überall aufflammende Wollust musste im Augenblick noch irgendwie gebändigt werden.
    Freilich stand diesbezüglich den Ballgästen noch einiges bevor; denn nach der Polonaise folgte die nächste Herausforderung: der Tanz. Jetzt schmiegte sich Leib an Leib, muskulöse Lenden pressten sich an weiche Hüften, steife Glieder wurden zwischen warmen Körpern eingeklemmt, behaarte rieben sich an glockenförmigen Brüsten, glutvolle Blicke wurden getauscht.
    Die Geilheit im Raum erreichte neue Höhepunkte und es fiel den Anwesenden zunehmend schwer, nicht einfach übereinander herzufallen und ihren Trieben freien Lauf zu lassen. Namentlich den Damen erschien die Ballordnung, derzufolge das wirkliche Vergnügen erst nach dem Kotillon beginnen sollte, beinahe als Folter. Umso enger drängten sie sich an ihre Tanzpartner, umso heftiger rieben sie ihre liebeshungrigen Körper an den Männern. Dies entschädigte einesteils für das lange Warten, anderenteils erhitzte es die Damen nur noch mehr und machte alles nur noch schlimmer.
    Manch eine, die ihrer zügellosen Geilheit einfach nicht mehr Herrin werden konnte, vollführte einen gewagten Sprung über den steifen Schwanz ihres Partners und nahm diesen derart zwischen den Schenkeln gefangen; auf die Art brachte sie dann den Tanz zu Ende. Die Herren wehrten sich natürlich in keiner Form gegen diese Inbesitznahme.
    Der Beobachtung einiger älterer Damen zufolge sollte es bei diesem Manöver einigen besonders gelenkigen und geschickten Mädchen sogar gelungen sein, den Pfeil des Tänzers genau ins Schwarze zu führen; erkennen konnte man dies freilich nicht so richtig, aber manch einer der Tänze wollte und wollte einfach nicht enden und wurde dabei immer langsamer und langsamer. Es könnte sich dabei durchaus um eine Art Kopulation im Takt gehandelt haben.
    Hermine hing fast durchwegs an Hermann und absolvierte Tanz um Tanz mit ihm; offenbar setzte sie alles daran, diesen Mann für sich zu erwärmen, und sei es auch nur für eine Nacht.
    Hermann stand anfangs noch das Bild seiner angebeteten Vesna vor Augen, und er hatte das unangenehme Gefühl, ihr untreu zu sein. Das Beispiel seines Freundes, Dr. Jakob Schlegel, beruhigte ihn aber rasch: Dieser stand ja mit Judith in ebenso leidenschaftlicher wie ernsthafter Verbindung, und dennoch ließ er sich das Ballvergnügen nicht entgehen und genoss es sichtlich, ein nacktes Weib an sich gepresst im Tanze zu drehen.
    Hermann verscheuchte seinen Anflug von schlechtem Gewissen und gab sich ganz dem Genuss des Augenblicks hin. Hermine und er tanzten so eng und in einem solch perfekten Gleichklang, dass ihre Körper wie miteinander verwachsen wirkten. Ein ums andere Mal beschwor er seine Ballkönigin, doch eine der Nischen aufzusuchen, wo er ihr seine Liebe beweisen würde. Hermine bat jedoch ebenso oft, die Etikette zu wahren und bis zum Kotillon zu warten, ab dem die Ballordnung ja alle Arten der Liebesfreuden offenließ.
    Allzu lange dauerte es ohnedies nicht mehr.
    Herr Analfisti, der Gastgeber, hatte die Zeichen wohl erkannt und daher im Einverständnis mit seinen Gästen beschlossen, zwei Tänze zu streichen und den Kotillon gleich nach der ersten Quadrille anzusetzen.
    Diese war nun gerade dazu angetan, die Leidenschaft auf den Siedepunkt zu bringen. Der Tanz, bei dem einander alle von Angesicht zu Angesicht begegnen, enthält für sich genommen bereits etliche frivole Elemente und ist von einer gewissen graziösen Koketterie geprägt. All dies wurde durch die allgemeine Nacktheit noch sehr gesteigert – und auch durch die raffinierten Einlagen, die sich der Arrangeur des Abends hatte einfallen lassen.
    So gab es eine Figur, bei der Damen und Herren einander in Schlangenlinie begegneten. Anstatt im Vorbeischreiten aber

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