Der Tanz Der Klingen
meldete die Herzogin sich zu Wort, »weil Ihr mannhaft handeln wolltet, und wir mussten Euch irgendwie in Bewegung setzen. Wir brauchen Euch. Euch beide.«
Zittrig stand er auf, roch sein eigenes Blut. »Geht es Euch gut, Euer Gnaden?«
»Es ging mir schon besser, aber ich bin nicht verletzt.«
Überrascht sah er, wie weit er tatsächlich gefallen war. Das Loch zeichnete sich als Rechteck fahlen Lichts ab. Er hörte, wie Raunzer die Schattenherren mit Flüchen eindeckte.
»Raunzer!«, brüllte er, dass es in der Kammer widerhallte. »Komm jetzt!« Dann drehte er sich um und umarmte Trudy. »Irgendwelche Schattenherren hier?«
»Ich glaube nicht. Ich nehme sie nur ganz matt wahr. Aber ihr Gestank hat mich ein wenig betäubt, ich könnte mich also irren.«
»Raunzer!«
Das Licht erlosch.
»Ah!«, rief die Herzogin. »Er kommt!«
Ringwald schaute zu Trudy. Trudy schaute zu Ringwald.
»Ich fürchte nein, Hoheit«, widersprach er heiser. »Ich glaube, sie haben die letzte Lampe zerbrochen.«
Stille. Aus dem Tunnel drang kein Laut.
»Raunzer?«
Immer noch entsetzliche Stille.
»Und wenn ich auf deine Schultern steige?«, flüsterte Trudy. »Und eine Laterne an die Öffnung halte?«
Ringwald schlang erneut einen Arm um sie. Und dann den anderen um Johanna. Eine Weile umarmten alle drei einander. Wäre Raunzer noch am Leben gewesen, hätte er sich gemeldet.
»Er hätte nicht durch das Loch gepasst«, meinte Trudy. »Oder?«
»Ich glaube nicht.« Ich wünschte, ich wäre sicher. Ich wünschte, er hätte es versucht.
Also würde Raunzers Name in die Litanei der Helden in Eisenburg eingehen, und es würde Ringwalds Pflicht sein, den Lobestext zu verfassen: »Von seinem Anführer im Stich gelassen, kämpfte er unverzagt eine aussichtslose Schlacht …«
Ein andermal. Sein eigener Name steuerte nach wie vor demselben Schicksal entgegen. Vermutlich war es ganz gut, dass niemand über ihn schreiben würde. Weder Schlechte Neuigkeiten noch Unbezwingbar würden jemals am Himmel der Schwerter hängen.
Jetzt aber mussten sie gehen. Zu verharren und zu trauern, wäre töricht und ein Verrat an Raunzers Opfer gewesen. Flucht war in diesem Fall keine Feigheit, sondern gesunder Menschenverstand. Ringwald war mit Blutergüssen übersät, zerschunden und erschöpft, und die Frauen waren in keiner besseren Verfassung. Drei Menschen und zwei Laternen. Er schaute auf diejenige hinab, die er fallen gelassen hatte, und war bestürzt darüber, wie wenig Öl inmitten des zerbrochenen Glases zu erkennen war.
»Schaffen wir unsere Laternen von der Öffnung weg«, schlug er vor. »Ich glaube, in der Dunkelheit können diese Ungeheuer nicht durch das Loch.« Aber das wusste er nicht, und er hatte die Schattenherren bereits zuvor unterschätzt.
»Gehen wir uns den Sonnenaufgang ansehen.« In den ersten Strahlen des Tageslichts wären sie sicher.
In der Kammer war es schlammig, aber sie war frei von Geröll. Sie besaß keine Fenster, nur eine kleine, rostige Eisentür.
»Das sieht wie ein Kerker aus«, meinte er, als er auf den Ausgang zusteuerte. Die anderen folgten ihm und brachten das Licht mit.
»Das dachte ich auch«, bestätigte Johanna. »Man kettet jemanden an einem Ort wie diesem mit ein paar Kerzen an und lässt ihn eine Weile die Schattenherren beobachten. Wenn die Kerzen allmählich zu Ende brennen, kommt man zurück und fragt ihn, ob er nun bereit ist zu reden.« Das war die längste Wortmeldung von ihr seit Stunden. Ihrer Stimme haftete nach wie vor eine grauenerfüllte Brüchigkeit an, aber wenigstens redete sie wieder.
»Kein besonders netter Einfall, Hoheit.«
»Es sei denn, dieser Jemand wäre Fürst Volpe«, meinte Trudy. Niemand widersprach ihr.
Trudy war es gelungen, die Tür eine Hand breit aufzudrücken. Als Ringwald sich dagegen stemmte, überraschte ihn die Kraft, die er aufwenden musste, um sie weiter zu öffnen. Trudy musste noch kräftiger sein, als er gedacht hatte. Abermals kreischten die Angeln. Nachdem sich alle drei durch den Spalt gezwängt hatten, schafften er und Trudy es mit vereinten Kräften, die Tür zu schließen, und erneut hallte der Schrei gepeinigten Eisens durch die Gruft.
Die Tür besaß ein Schloss, aber es war kein Schlüssel da. Ringwald unterließ es, darauf hinzuweisen.
»Ich rieche Regen!«, flüsterte Trudy.
»Ich kann ihn hören!«, bestätigte die Herzogin aufgeregt. »Und Wind!«
Sie befanden sich in einem Gang gegenüber einer ähnlichen Tür, die vermutlich zu einem ähnlichen Raum führte. Zu
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