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Der Tanz des Maori (epub)

Titel: Der Tanz des Maori (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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diesem Koffer, zwischen alten Kleidern und abgetragenen Pullovern …« Hakopa entdeckte das Foto zwischen Brandons Fingern. »Und was hast du da entdeckt?«
    Â»Das, was ich wollte: ein Bild von Angus MacLagan. Und wenn ich mich nicht wahnsinnig täusche, dann ist er wirklich derselbe Mann wie mein Großvater. Angus MacLagan hat sich tatsächlich in George Cavanagh umbenannt!«
    Für einen Moment waren die beiden jungen Männer sprachlos. Dann nahm Brandon den Stapel Briefe in die Hand und sah sie durch. Neugierig untersuchte er die längst verblassten Poststempel. »Er hat ihr noch rund zwanzig Jahre lang geschrieben!«, meinte er schließlich verdattert. »Der letzte Brief in diesem Stapel ist von 1958!«
    Hakopa biss sich auf die Lippen. »Ich nehme an, so lange hat er benötigt, um zu begreifen, dass sie wirklich nicht mehr zurückkommt.«
    Â»Aber … er hat sie doch brutal misshandelt. Sie gezwungen, sein Kind zu bekommen – er kann doch nicht gleichzeitig auf ihre Freundschaft gehofft haben, oder?«
    Hakopa hob ratlos die Hände. »Dein Großvater war zu so vielen Dingen fähig, warum nicht auch dazu?«
    Ganz allmählich formte sich in Brandons Kopf ein klarer Gedanke. »Ich muss zu ihm fahren!«, sagte er. »Ich muss ihm sagen, was ich weiß! Er soll mir erklären, wie er so viele Leben zerstören konnte!«
    Â»Und dann?«, fragte Hakopa nach. »Wie soll es dann weitergehen?«
    Â»Keine Ahnung«, erklärte Brandon. »Aber das muss ich einfach tun. Das bin ich Ruiha schuldig. Ihr Leben war immer überschattet von den Untaten meines Großvaters. Und John – er hat sich nie davon erholt, dass seine Mutter ihn zurückgelassen hat. Unsere Familien leiden bis heute unter meinem Großvater! Er soll mir wenigstens erklären, warum!«
    Hakopa legte seine Hand auf den Arm seines Freundes. »Du solltest aber auch dankbar sein. Durch die Wahrheit, die Ruiha jetzt endlich losgeworden ist, sind wir zu einer Familie geworden. Ich freue mich darüber, dass wir künftig gemeinsam einen Haka tanzen können!«
    Ein bitteres Lächeln spielte um Brandons Lippen. »Und es wird mir eine Ehre sein, bei der Beerdigung meiner Großmutter einen echten Haka zu tanzen – mit dir an meiner Seite. Aber jetzt muss ich erst einmal nach Christchurch. Kannst du das verstehen?«
    Langsam nickte Hakopa. »Ja. Aber achte darauf, dass du das Gute nicht zerschlägst, wenn du dem Bösen auf den Grund gehen willst. Vergiss nie: Die Zukunft ist wichtiger als die Vergangenheit!«
    Â»Aber die Wahrheit muss endlich ans Licht!«, knurrte Brandon und erhob sich mit dem Foto und den Briefen in der Hand. »Ich bin bald wieder zurück, das verspreche ich dir. Aber jetzt muss ich los!«
    Hakopa versuchte nicht, seinen Freund aufzuhalten. Er nickte ihm nur zu und hob die Hand zum Abschied. »Bis bald, Brandon. Ich freue mich darauf, dich im Marae als meinen neuen Cousin vorzustellen. Und vergiss nicht: In ein paar Tagen wird die Beerdigung sein …«
    Â»Wie könnte ich das vergessen?«, erwiderte Brandon. »Sie ist meine Großmutter!«
    Damit drehte er sich um und kletterte die schmale Stiege wieder nach unten, vorbei an dem Leichnam der Frau, von der er jetzt wusste, dass sie seine Großmutter war. Er nickte zum Abschied den Trauernden zu und ging hinaus auf die Straße. Noch hatte er kein Recht, sich unter diese Familie zu mischen. Noch musste er zunächst die letzten Fragen über seine eigene Familie klären.

32.
    Er hielt vor dem schmiedeeisernen Tor, der Motor seines Leihwagens erstarb mit einem letzten Seufzen. Brandon hatte das Gaspedal fast die komplette Strecke von der Westküste nach Christchurch durchgedrückt. Für einen Moment sah er aus dem Wagenfenster auf das leuchtend blaue Meer. Die Bucht von Charteris Bay sah so malerisch aus wie immer. Aber für Brandon sah in diesem Augenblick alles verändert aus. Hier hatte die schwangere Ruiha gesessen und wahrscheinlich genauso wie er, die hellen Schaumkronen auf den kleinen Wellen betrachtet und das gleißende Licht auf dem Meer gesehen. Aber für sie war alles anders gewesen. Fremd, feindlich und ein Gefängnis, bis sie endlich den ungeliebten Sohn auf die Welt gebracht hatte. Bis dahin war ihr eigener, geschwollener Körper wie eine Art Fessel gewesen …
    Brandon drehte den Kopf und sah das große

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