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Der tanzende Tod

Der tanzende Tod

Titel: Der tanzende Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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und kniete mich hin, damit ich mich mit Richard auf einer Höhe befand.
    »Magst du Geschenke?«, fragte ich ihn. »Wenn ja, dann gehört dieses hier dir.« Aus seiner Reaktion, als er das Päckchen nahm, schloss ich, dass er Geschenke sehr mochte. Die Schnur bremste ihn einen Moment, aber Mrs. Howards Nähschere entfernte dieses Hindernis. Einige Sekunden wilder Tätigkeit vollendeten die Befreiung seiner Belohnung aus der Verpackung, und dann jubelte er und hielt ein wahrhaft prachtvolles Pferd in die Höhe, sodass es alle sehen konnten. Es wirkte sehr lebensecht in seinem seidigen Schwarz mit hell bemaltem Sattel und Zaumzeug, in einer edlen Pose mit gewölbtem Hals und Schweif in Holz festgehalten.
    »Donnerwetter«, meinte Oliver, »wenn dies nicht aussieht wie jenes großartige Tier, das ihr hierher mitgebracht habt.«
    Elizabeth strahlte. »Das ist genau der Grund, weshalb ich es den anderen im Laden vorgezogen habe. Es erinnerte mich so sehr an Rolly.«
    »Du bist brillant«, sagte ich zu ihr.
    »Ja, nicht wahr?«
    »Wer ist Rolly?«, fragte Richard, wobei seine leuchtenden Augen für einen Moment zu uns herüberglitten.
    »Rolly ist mein Pferd«, antwortete ich. »Er ist ein großer Rappe mit einer weißen Blesse im Gesicht, genau wie das, welches du da hast. Du darfst ... du darfst irgendwann einmal auf ihm reiten, wenn du möchtest.«
    »Ja, bitte!«
    »Nicht so laut«, mahnte Mrs. Howard. »Ein Herr erhebt gegenüber einem anderen niemals seine Stimme, verstehst du?«
    »Ja, bitte«, wiederholte er deutlich leiser.
    »Und was sagen wir, wenn wir ein Geschenk bekommen?«
    »Vielen Dank.«
    »Keine Ursache«, sagte ich, wobei ich mich innerlich sehr zittrig fühlte. Großer Gott, in was manövrierte ich mich hier hinein?
    Blind gegen meinen inneren Gefühlstumult sauste Richard davon und begann mit seinem neuen Spielzeug zu spielen, indem er im Raum hin und her stolzierte, als praktiziere er die Kunst des Dressurreitens. Er brachte eine Anzahl von Pferdegeräuschen hervor, welche seine ersonnene Vorführung begleiteten, vom Wiehern bis hin zum Hufgeklapper.
    »Das war wohl ein Erfolg«, bemerkte Elizabeth nahe meinem Ohr.
    »Dir gebührt die Anerkennung, wenn du schon nicht den Dank geerntet hast.«
    »Ich habe meinen Dank erhalten, als ich deinen Blick gesehen habe.«
    »Meinst du nicht den seinen?«
    »Ich meine den deinen, als er das Geschenk öffnete. Du sahest aus, als wollest du gleich platzen.«
    »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    »Das weißt du nicht?«
    Um nicht ausgeschlossen zu werden, gelang es Oliver, Richard lange genug in seiner Parade zu unterbrechen, um ihn zu fragen, ob er Schokolade möge.
    »Ja, bitte!«, brüllte dieser, was ihm erneut einen sanften Tadel von Mrs. Howard eintrug.
    »Nun, dann wollen wir doch einmal sehen, was ich in meiner Tasche habe«, meinte Oliver, der danach grub. »Hier ist sie – glaube ich. Ja, hier ist sie.« Er zog ein dickes, in Papier eingewickeltes Päckchen hervor und erntete ein Dankeschön von Richard, der seine zweite Beute forttrug, um sie alleine in einer weit entfernten Ecke des Raumes zu genießen.
    »Sie werden ihn nicht verwöhnen, Mr. Oliver«, sagte Mrs. Howard mit in die Hüften gestützten Händen.
    »Nur dieses eine Mal wird nichts ausmachen.«
    »Nur dieses eine Mal. Noch mehr davon, und egal, wie groß Sie sind, ich werde Sie dennoch übers Knie legen, wie ich es vor Jahren tat.«
    »Kein Zweifel. Dann betrachte ich mich als gewarnt. Gilt diese Regel gegen das Verwöhnen von Kindern auch für Jonathan und Elizabeth?«
    Hier hatte er sie an einem schwachen Punkt getroffen und wusste dies auch; dennoch badachte sie ihn weiterhin mit einem schelmischen Blick.
    »Natürlich würden wir es uns nicht erlauben, gegen das zu verstoßen, was Sie für den Knaben für das Beste befinden, Mrs. Howard«, versprach Elizabeth. Doch ich kannte meine Schwester und hatte diesen speziellen Blick auf ihrem Gesicht schon viele Male zuvor gesehen. Richard würde in Zukunft von seiner Tante eine reiche Ausbeute an Geschenken ernten.
    »Ich danke Ihnen, Miss Elizabeth.« Aus ihrem Tonfall schloss ich, dass Nanny Howard sich ebenfalls nicht einen Moment lang zum Narren halten ließ. »Nun, es ist Brauch, dass das erste Zusammentreffen kurz und höflich abläuft, und es ist höchste Zeit für ihn zum Schlafengehen ...«
    »Ich will nicht ins Bett«, teilte Richard uns mit. Schokolade verschmierte den unteren Teil seines Gesichtes und überzog seine Finger. Mrs.

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