Der tanzende Tod
Ich konnte mit dem armen Tony nichts anfangen, weil an seinen Verstand nicht gerührt werden kann; bei Clarindas ist dies zwar möglich, aber er ist viel zu konzentriert und stark, als dass eine Beeinflussung eine lange Zeit überdauern könnte.«
Ich war in der Lage gewesen, sie mein unorthodoxes Eindringen in ihr zeitweiliges Gefängnis im Fonteyn-Hause vergessen zu lassen; dies war eine Sache, aber die ureigenste Struktur ihres Willens zu verändern, war wieder etwas ganz anderes. Dazu kamen noch meine eigenen, immer noch sehr negativen Gefühle ihr gegenüber, und schon war die Wahrscheinlichkeit, sie erfolgreich zu ändern, gering, wenn nicht gar unmöglich.
»Aber wie kannst du dir sicher sein, ohne es auszuprobieren?«
»Meine Mutter«, erwiderte ich, ohne ihn anzusehen.
»Du meinst, du hast versucht, sie zu beeinflussen?«
Diesmal war ich an der Reihe, ein wenig zu erröten. »Ja. Einmal. Ich versuchte, sie dazu zu bringen, dass sie damit aufhörte, so grausam zu Vater zu sein. Es dauerte nicht lange an, alles andere als lange. Ich bin auch nicht stolz auf das, was ich getan habe, also gib mir dein Ehrenwort, dass du nichts zu ihm darüber sagen wirst.«
Mein Tonfall war so drängend, dass er mir umgehend und feierlich zu schweigen gelobte.
»Nach dem zu schließen, was ich von dir über Nora und die Warburtons gehört habe«, fuhr ich fort, »bin ich sicher, dass sie versucht hat, Tony auf die gleiche Art zu helfen, also ihn zu beeinflussen, um ihm aus seinem Irrsinn zu helfen.«
»Sie verbrachte viel Zeit mit ihm, als sie sich alle in Italien befanden – dies sagte mir zumindest seine Mutter.«
»Unglücklicherweise nur mit wenig Erfolg.« Es erschien mir am besten, Oliver vorerst nicht darüber zu informieren, dass es Nora gewesen war, die Tonys Irrsinn überhaupt erst verursacht hatte.
Nein, dies entsprach nicht ganz der Wahrheit. Es entsprach überhaupt nicht der Wahrheit, um genau zu sein.
Tony war bereits verrückt gewesen; Noras Einfluss brachte ihn nur dazu, sich der Umarmung des Irrsinns noch weiter hinzugeben. Ich würde Oliver vielleicht später die ganze Geschichte über jene furchtbare Nacht erzählen, als Tony Nora und mich zu ermorden versuchte, aber nicht gerade jetzt.
»Ich frage mich, warum sie wohl aufhörte, ihn zu besuchen«, meinte er, indem er sich weit in seinem Sessel zurücklehnte und an die Decke starrte.
Ein langer Augenblick verstrich, als ich nach den richtigen Worten suchte, um ihm zu antworten. Es stellte sich als unerwartet schwierig heraus, sie in gesprochene Rede umzusetzen. Sie blieben mir im Halse stecken, und es war mir kaum möglich, sie auszusprechen. »Tony sagte ... sagte, sie sei krank.«
»Krank?« Er starrte mich eindringlich an, wobei sich seine Augenbrauen zusammenzogen. »Wovon, frage ich mich?«
Ich spreizte meine Hände. »Ich weiß es einfach nicht...«
Er nahm deutlich wahr, wie sehr meine Gefühle mich plötzlich belasteten, setzte sich wieder auf und hob eine Hand, um damit eine besänftigende Geste zu vollführen. »Nun, nun, du darfst mir jetzt nicht zusammenbrechen, du wirst sonst eine furchtbare Bescherung auf dem Boden hinterlassen.«
Plötzlich erfasste mich ein Erstickungsanfall. Gelächter. Es dauerte nur kurz an, aber es schien die Dinge in meinem Inneren zu klären. Man konnte sich darauf verlassen, dass mein guter Vetter genau wusste, wann und wie er am besten den Esel spielte. »Es tut mir Leid«, murmelte ich und fühlte mich ein wenig einfältig.
»Es ist nur so, dass ich immer, wenn ich daran denke, dass sie vielleicht irgendwo krank und hilflos daniederliegt, ganz –«
»Ja, ich weiß, es ist sonnenklar – oder mondklar, in deinem Fall. Es besteht kein Grund, dich schlecht zu fühlen, weil du dich schlecht fühlst, weißt du. Sagte Tony irgendetwas über die Art ihrer Krankheit?«
»Ich konnte nichts weiter aus ihm herausbekommen. Vielleicht wusste er es nicht.«
»Aber seine Mutter möglicherweise. Sie hat Nora sehr gern; sie ist sehr angetan davon, dass sie so freundlich zu Tony ist. Ich werde ihr morgen als Erstes einen Besuch abstatten und ein nettes Gespräch mit ihr führen.«
»Aber du hast Mrs. Warburton bereits vor einer Ewigkeit befragt.«
»Und seitdem mehrmals aufs Neue, um dies nicht zu vergessen. Sie erwähnte ebenfalls nichts davon, dass Nora krank sei. Andererseits ist dies die einzige Frage, die zu stellen mir nicht gelang. Aber ich kann dir nichts versprechen. Es ist so lange her, und ihre
Weitere Kostenlose Bücher