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Der taubenblaue Drache / eBook (German Edition)

Der taubenblaue Drache / eBook (German Edition)

Titel: Der taubenblaue Drache / eBook (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Vonnegut
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Frage stellte er seiner Frau und den Brentners, den Eltern des Jungen, die bei ihm im Arbeitszimmer saßen.
    Die Brentners schüttelten den Kopf, womit sie sagen wollten, daß sie keine Antwort auf die Frage des Gouverneurs wußten. Sie waren entsetzt, weil sie zum Gouverneur
persönlich gerufen worden waren. Sie hatten fast nichts gesagt –, nichts außer unterwürfigen, unzusammenhängenden, an den baren Schwachsinn grenzenden
Entschuldigungen gleich zu Anfang. Seitdem befanden sie sich mit allem, was der Gouverneur zu sagen beliebte, in stumpfer Übereinstimmung.
    Er hatte vieles gesagt und dabei, wie er sagte, mit der schwierigsten Entscheidung seines Lebens gerungen. Er versuchte, im Einverständnis mit seiner Frau und den Brentners, zu entscheiden,
wie man die Ausreißer erwachsen genug werden lassen konnte, damit ihnen klar wurde, was sie trieben, wie man sie sich so vorknöpfen konnte, daß sie nie wieder ausrissen.
    »Irgendwelche Vorschläge, Mr. Brentner?« sagte er zu Rice’ Vater.
    Rice’ Vater zuckte die Achseln. »Ich habe keinerlei Kontrolle über ihn, Sir«, sagte er. »Wenn mir jemand sagt, wie ich ihn unter Kontrolle kriegen kann, probiere ich
das gern aus, aber ...« Er ließ den Satz in der Schwebe.
    »Aber was?« sagte der Gouverneur.
    »Er ist jetzt schon ziemlich nah dran, ein Mann zu sein, Herr Gouverneur«, sagte Rice’ Vater, »und er ist etwa so leicht zu kontrollieren wie jeder andere
Mann –, und das ist nicht sehr leicht.« Er murmelte noch etwas, was der Gouverneur nicht verstand, und zuckte wieder die Achseln.
    »Wie bitte?« sagte der Gouverneur.
    Rice’ Vater sagte es noch einmal, kaum lauter als beim erstenmal. »Ich habe gesagt, daß er mich nicht respektiert.«
    »Beim Himmel, das würde er aber, wenn Sie den Mumm hätten, ihm Vorschriften zu machen und dafür zu sorgen, daß er sie einhält!« sagte der Gouverneur mit
siedender Rechtschaffenheit.
    Rice’ Mutter tat das Tapferste, was sie im Leben je getan hatte. Sie kochte vor Wut, weil alles auf ihren Sohn geschoben wurde, und jetzt brachte sie sich gegen den Gouverneur von Indiana
in Stellung. »Vielleicht, wenn wir unseren Sohn so großgezogen hätten wie Sie Ihre Tochter«, sagte sie, »vielleicht hätten wir dann nicht den Ärger, den wir
heute haben.«
    Der Gouverneur sah alarmiert aus. Er setzte sich an seinen Schreibtisch. »Gut gesagt, Madam«, sagte er. Er wandte sich an seine Frau. »Wir sollten das Geheimnis unserer
Kindererziehung wirklich der ganzen Welt zugänglich machen.«
    »Annie ist kein schlechtes Mädchen«, sagte seine Frau.
    »Und unser Junge ist auch kein schlechter Junge«, sagte Rice’ Mutter, putzmunter, weil sie’s dem Gouverneur gezeigt hatte.
    »Das ... Das ist er ganz bestimmt nicht«, sagte die Frau des Gouverneurs.
    »Er ist kein schlechter Junge mehr . Darauf kommt es an«, platzte es aus Rice’ Vater heraus. Und er schöpfte Mut aus dem Beispiel seiner
Frau und fügte noch etwas anderes hinzu. »Und dieses kleine Mädchen ist auch nicht genau das, was man ›klein‹ nennen würde«, sagte er.
    »Sie empfehlen, daß die beiden heiraten?« sagte der Gouverneur ungläubig.
    »Ich weiß nicht, was ich empfehle«, sagte Rice’ Vater. »Ich bin keiner, der empfiehlt. Aber vielleicht lieben sie sich ja wirklich. Vielleicht sind sie ja wirklich
füreinander bestimmt. Vielleicht würden sie ja wirklich bis an ihr selig Ende miteinander glücklich und könnten jetzt schon mal damit anfangen, wenn wir sie lassen.« Er
warf die Hände in die Luft. »Ich weiß es nicht!« sagte er. »Wissen Sie es?«
    Annie und Rice sprachen in einer Polizeikaserne bei Cleveland mit Reportern. Sie warteten darauf, nach Hause zurückgeschafft zu werden. Sie behaupteten, unglücklich
zu sein, schienen sich aber prächtig zu amüsieren. Jetzt erzählten sie den Reportern was über Geld.
    »Den Menschen ist Geld viel zu wichtig«, sagte Annie. »Was ist Geld denn, wenn man mal wirklich aufhört, darüber nachzudenken?«
    »Wir wollen kein Geld von unseren Eltern«, sagte Rice. »Ich glaube, ihre Eltern denken vielleicht, ich bin hinter ihrem Geld her. Alles, was ich will, ist ihre
Tochter.«
    »Mir macht es nichts aus, wenn sie mich enterben«, sagte Annie. »Nach allem, was ich von den reichen Leuten weiß, unter denen ich aufgewachsen bin, macht Geld die
Menschen nur besorgt und unglücklich. Menschen mit viel Geld machen sich solche Sorgen, weil sie es vielleicht wieder verlieren könnten,

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