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Der tausendfältige Gedanke

Der tausendfältige Gedanke

Titel: Der tausendfältige Gedanke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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Scharlachspitzen ein. Das Licht war so grell, dass Proyas sein Gesicht auf den Unterarm drückte.
    Der Cishaurim stieg bis auf die Höhe des Prinzen, schwebte im Kreis und malträtierte den alten Hexenmeister fortwährend mit bläulichen Energieströmen. Hinter ihm hatten sich schwarze, siedend heiße Wolken gebildet, aus denen Blitze fuhren, die an Risse in Glas denken ließen, doch der Cishaurim kümmerte sich nicht darum, da es ihm allein darum ging, dem alten Ordensmann den Garaus zu machen. Es krachte, als würden berggroße Steine aneinanderstoßen.
    In diesem Inferno klangen Schreie allenfalls wie das Piepsen junger Mäuse.
    Blitz und Donner wurden schwächer. Die schwebende Gestalt hatte von dem Alten abgelassen und wandte Gesicht und Schlangen dem anderen Ordensmann zu, der noch immer wie verrückt sang. Der Umhang des Cishaurim wehte gelblich schimmernd im Wind, und seine Nattern standen ihm wie eiserne Haken vom Hals ab.
    Proyas brauchte nicht hinzusehen, um zu wissen, dass der alte Hexenmeister tot war und auch der andere gleich sterben würde. Er kauerte windzerzaust hoch oben auf dem Giebel und blickte auf die zerstörten Straßen und auf die gotteslästerlichen Feuer, die überall unter ihm tobten.
    »Gnädiger Gott aller Götter!«, rief er in den beißenden Wind und riss mit bloßen Händen sein Chorum von der Halskette.
    »Der du unter uns umhergehst …«, fuhr er fort, holte mit dem vom Schwertkampf müden Arm aus und suchte mit den Füßen festen Halt.
    »Endlos sind deine heiligen Namen…«, stieß er hervor und warf die Träne Gottes, die seine Mutter ihm zum siebten Geburtstag geschenkt hatte.
    Sie schien vor dem eisernen Horizont zu verschwinden…
    Dann zuckte ein schwarz nachleuchtender Lichtkreis auf, aus dem die safrangelbe Gestalt wie eine nasse Fahne zu Boden stürzte.
    Proyas sank auf die Knie zurück. Seine heilige Stadt lag klaffend vor ihm, und er weinte, ohne zu wissen, warum.
     
     
    Wieder und wieder griffen die Lehnsmänner und Ritter aus Ce Tydonn an, konnten die Bresche aber nicht schließen und wurden bald von heulenden Wüstenreitern, die von überall angestürmt kamen, überwältigt. In endlosem Strom galoppierten Kianene in seidenen Gewändern unter den Bögen des Aquädukts hindurch und waren nun vom Lager der Inrithi aus zu sehen. Hunderte kletterten auf die bröckelnden Pfeiler der Wasserleitung und lieferten sich dort oben unter dem nachlassenden Beschuss ihrer berittenen Bogenschützen Scharmützel mit den Inrithi. Andere griffen das Bauwerk der Länge nach an und stürmten in die hart bedrängten Cuärwethi von Graf Damergal, die die Flanken der Bresche zurückzudrängen suchten. Wieder andere trieben ihre Pferde den erstaunten Zuschauern am Rand des Lagers entgegen.
    Die Nangael johlten, weil ein Speer König Pilaskanda vom Pferd geholt hatte und seine Girgashi sich daraufhin ungeordnet zurückzogen. Die Mastodonten gerieten dabei in Panik und trampelten durch die eigenen Linien. Die Ainoni jubelten, als Pfalzgraf Uranyanka – Cinganjehois Kopf in der hoch erhobenen Hand – ihre Reihen abritt.
    Der Sapatishah-Gouverneur von Eumarna war hinter den Moserothi eingekesselt worden, nachdem Lord Soter und seine Kishyati ihn zurückgetrieben hatten.
    Das Verhängnis der Inrithi aber war Fanayal ab Kascamandri, der seine schimmernden Granden weit hinter die Linien der Götzendiener führte. Im Norden und Süden breiteten sich Scharen von Kianene in die Shairizor-Ebene aus, ritten achselzuckend an Trauben kämpfender Ritter vorbei und wandten sich dann nach Osten zurück, um das Aquädukt von Westen aus anzugreifen. Ein Quader des Bauwerks, der aus großer Höhe niederging, tötete Graf Damergal. Graf Iyengar strandete mit seiner Garde im Rücken seiner Nangael. Laut fluchend sah er mit an, wie seine Kämpfer sich in Scharmützeln verzettelten. Ein Grande aus Mongilea brachte ihn zum Schweigen, indem er ihm einen Pfeil durch den Hals schoss.
    Die Fanim weinten vor Zorn und Empörung, als sie die Inrithi niedermetzelten. Und obwohl sie sich wunderten, dass die Männer des Stoßzahns nicht flohen, brachten sie Hochrufe auf Fane und den Einzigen Gott aus.
     
     
    Ich muss nachdenken, nachdenken!
    Eine Stoßformel Achamians bewahrte Esmenet vor dem auf sie niederfahrenden Ciphrang und versetzte sie unversehrt zum Mausoleum zurück.
    Das Monstrum landete hart und schwerfällig, als wäre es aus verkeilten Ankern geschmiedet, bewegte sich aber, als triebe es in einem

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