Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der tausendfältige Gedanke

Der tausendfältige Gedanke

Titel: Der tausendfältige Gedanke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
Vom Netzwerk:
ferne Truppen zu.
    »Und du!«, fuhr Conphas einen einfachen Soldaten an. »Treib Hornisten auf. Hopphopp! Sie sollen zum Generalangriff blasen!
    Und du – « Er brach ab. Da war ja doch Geschrei zu hören. Natürlich! Sie hatten nur etwas Zeit gebraucht, um wieder Mut zu fassen und ihre fünf Sinne zusammenzunehmen. Diese armen Narren…
    Sie haben mich für tot gehalten!
    Lächelnd wandte er sich wieder seiner Armee zu…
    … sah aber nur mehrere Hundert Reiter, die er zuvor schon gesehen hatte, unbehelligt an den reglosen Flanken der Kolonne Selial entlangsprengen. »Es gibt keine Nationen mehr!«, rief jemand aus der galoppierenden Schar. »Es gibt keine Nationen mehr!«
    Für kurze Zeit mochte Conphas seinen Augen kaum trauen – und eigentlich auch seinen Ohren nicht. Es handelte sich deutlich genug um Inrithi, trotz ihrer weißblauen Khalats. Das Zirkumfix mit seinem Schweif aus goldenen Quasten hing über den ersten Reitern. Und dahinter kam… der Rote Löwe.
    »Tötet sie!«, brüllte Conphas. »Zum Angriff!«
    Einen Moment lang schien nichts zu geschehen, als habe niemand etwas gehört. Seine Leute liefen weiter kopflos durcheinander, und die Eindringlinge ritten noch immer unbehelligt zwischen ihnen herum.
    »Es gibt keine Nationen mehr!«
    Dann änderten die weißblau gekleideten Ritter plötzlich die Richtung und kamen auf ihn zu.
    Conphas wandte sich seinen restlichen Soldaten so lachend wie zähnefletschend zu. Er dachte an seine Großmutter, an die Zeit, als ihre Schönheit noch hell wie eine Legende geleuchtet hatte. Er dachte daran, dass sie ihn auf den Schoß gezogen und darüber gelacht hatte, wie er sich gewunden und mit den Beinen getreten hatte.
    »Gut, dass du lieber mit den Beinen auf der Erde bleibst! Das ist für einen Kaiser das Wichtigste…«, hatte sie gesagt.
    »Und was ist das Zweitwichtigste?«
    Ihr Lachen hatte wie ein Springbrunnen geklungen. »Ah… das Zweitwichtigste ist, dass du ständig taxierst.«
    »Was denn, Großmutter?«
    Ihm fiel ein, dass er mit den Fingern auf ihre Wange geklopft hatte. Wie klein seine Nägel damals gewesen waren…
    »Die Geldbörsen derer, die dir dienen, mein angehender Gott«, hatte Ikurei Istriya geantwortet. »Denn falls sie je leer sein sollten…«
    Von den zwölf Soldaten in seiner Nähe fielen zwei weinend auf die Knie, und drei boten ihm ihr Schwert an; fünf dagegen rannten in wilder Flucht davon, und zwei weitere gingen einfach. Er hörte das Grollen hinter sich zum Himmel steigen.
    »Ich habe die Scylvendi besiegt«, sagte er zu den Verbliebenen. »Ihr seid dabei gewesen…«
    Hufe stampften durchs Gras. Unter den Sandalen bebte die Erde.
    »Kein Mensch hätte so etwas vermocht«, sagte er.
    »Kein Mensch!«, rief einer der Knienden, ergriff seine Hand und küsste seinen kaiserlichen Ring.
    Wie tief der Angriff der Inrithi klang! Durch das Schnauben der Pferde und das Klirren der Rüstungen hindurch hörte er den Donner. Das also vernahmen die Heiden.
    Der Kaiser von Nansur drehte sich ungläubig um…
    Er sah, wie König Saubon sich aus dem Sattel lehnte. Die Absicht, den Gegner zu töten, hatte seine Miene erröten lassen. Mehr als nur Sonnenlicht glitzerte in seinen blauen Augen.
    Conphas sah das Schwert noch, das ihm den Kopf abschlug.
     
     
    Eleäzaras ging durch Rauch und über lodernde Feuer hinweg auf den Heresiarchen der Cishaurim zu. Seökti verheerte den Boden vor sich, ließ rauchende Trümmer in die Luft steigen und machte die schwarz gerüsteten Thunyeri, die ihn bedrängten, nieder.
    Mit blutender Stimme beschwor Eleäzaras die mächtigste Große Analogie. Er war der Hochmeister der Scharlachspitzen, des größten Ordens der neueren Zeit. Er war Erbe von Sampileth Feuersänger und Amrezzer dem Schwarzen. Er würde seinen geliebten Lehrer rächen! Und seinen Orden!
    »Sasheoka!«, rief er zwischen seinen Formeln.
    Drachenfeuer schleuderte den Heresiarchen zu Boden. Für einen Moment wälzte er sich in goldenen, am Rand blau schimmernden Flammen. Immer wieder suchte Eleäzaras ihn heim. Magma schien aus dem Boden unter ihm zu schießen, und Sonnen schienen vom Himmel zu fallen. Große, brennende Palmen schlugen auf Seöktis Abwehrzauber ein, und Eleäzaras gab dem feurigen Drängen immer mehr Gewalt, bis er das blinde Gesicht seines Gegners aufschreien sah. Schwebend lachte Eleäzaras beim Singen, denn die Rache hatte seinen Hass in etwas Herrliches, Ruhmreiches verwandelt.
    Aus einer anderen Richtung aber regnete blaues

Weitere Kostenlose Bücher