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Der Tempel der vier Winde - 8

Der Tempel der vier Winde - 8

Titel: Der Tempel der vier Winde - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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Zedd.« Ann schluckte. »Er schrieb: ›Mögen die Seelen ihm gnädig sein‹ und meinte Richard damit. Nathan schreibt nicht ›Gütige Seelen‹, sondern bloß ›Seelen‹.«
    Zedd fuhr sich mit seinen astdürren Fingern übers Gesicht. »Nicht alle Seelen sind gut. Es gibt auch böse Seelen. Was weißt du über Prophezeiungen mit doppelter Gabelung?«
    »Anders als bei deinem Halsring gibt es aus ihnen kein Entrinnen. Die in ihnen genannte Katastrophe muß herbeigeführt werden, damit die Prophezeiung in Kraft treten kann. Was immer es ist, das Ereignis ist bereits geschehen. Einmal in Kraft getreten, ist die Katastrophe ihrem Wesen nach selbstbestimmend, das heißt, das Opfer hat nur die Möglichkeit, eine der beiden Gabelungen der Prophezeiungen zu wählen. Das Opfer kann lediglich bestimmen, auf welche Weise es lieber … aber das weißt du doch sicher? Als Oberster Zauberer mußt du das wissen.«
    »Ich hatte gehofft, du würdest mir sagen, ich hätte mich geirrt«, sagte Zedd leise. »Ich wünschte, Nathan hätte die Prophezeiung wenigstens für uns aufgeschrieben.«
    »Sei froh, daß er es nicht getan hat.«

21. Kapitel
    Clarissa bemühte sich, ihr Zittern unter Kontrolle zu bekommen, und klammerte sich an das verwitterte Fensterbrett im Steinturm der Abtei. Die andere Hand preßte sie auf ihr heftig klopfendes Herz. Obwohl ihr der beißende Rauch in den Augen brannte, zwang sie sich, ab und an zu blinzeln, während sie wie gebannt dastand und den Tumult in der Stadt und auf dem Platz unten beobachtete.
    Der Lärm war ohrenbetäubend. Schlachtrufe brüllend, drängten die Angreifer weiter vor, schwangen Schwerter, Äxte und an Ketten hängende Morgensterne. Die Luft war angefüllt vom Sirren der Pfeile. Pferde wieherten in panischer Angst. Kugeln aus Licht und Feuer kamen heulend aus der weiteren Umgebung herangeflogen und brachen explodierend durch die steinernen Mauern. Die wild entschlossenen Angreifer stießen in gellende Hörner und strömten wie wilde Tiere brüllend durch die Breschen in den Mauern der Stadt herein, so daß die Straßen in der unfaßbaren Masse ihrer bräunlichschwarzen Flut versanken. Überall zischten und tosten Flammen.
    Stadtbewohner weinten ohne jede Scham, als sie mit ausgestreckten Händen flehend noch um Gnade baten, während sie bereits zum Tod durch das Schwert verurteilt waren. Clarissa sah, wie die blutverschmierte Leiche eines Mannes aus dem Rat der Sieben hinter einem Pferd an einem Seil durch die Straßen geschleift wurde.
    Über all dem hörte man die schrillen Schreie von Frauen, deren Kinder, Ehemänner, Brüder und Väter vor ihren Augen niedergemetzelt wurden.
    Der heiße Wind wehte das wilde Gemisch aus Gerüchen einer brennenden Stadt heran, Pech und Holz, Öl und Stoff, Haut und Fleisch, doch über all dem lag, in jedem Atemzug, den sie einsog, der Übelkeit erregende Gestank von Blut.
    Alles geschah genau so, wie er es vorhergesagt hatte. Clarissa hatte ihn ausgelacht. Jetzt glaubte sie nicht mehr, daß sie irgendwann in ihrem Leben jemals wieder würde lachen können. Als ihr klar wurde, wie kurz diese Zeit sein konnte, hätten ihre Beine fast unter ihr nachgegeben.
    Nein. Daran wollte sie nicht denken. Hier war sie sicher. Man würde die Abtei nicht entweihen. Sie hörte, wie die Menschenmenge, die unten im großen Saal Zuflucht suchte, jammerte und vor Entsetzen schrie. Dies war ein geheiligter Ort, gewidmet der Anbetung des Schöpfers und der Guten Seelen. Es käme einer unermeßlichen Gotteslästerung gleich, wenn diese Bestien an einer so heiligen Stätte Blut vergießen würden.
    Und doch hatte er ihr genau das vorhergesagt.
    Unten, draußen auf den Straßen, war der Widerstand der Armee zerschmettert worden. Noch nie zuvor hatten die Verteidiger Renwolds einem Angreifer gestattet, einen Fuß in die Stadt zu setzen. Es hieß, die Mauern seien so sicher, als verteidige der Schöpfer sie höchstpersönlich. Bereits früher hatten es Feinde versucht und waren stets wieder abgezogen, nachdem sie sich eine blutige Nase geholt hatten. Keiner Horde von Wilden war es je gelungen, eine Bresche in die Stadtmauer zu schlagen. Renwold hatte jedem Angriff standgehalten.
    An diesem Tag aber war Renwold gefallen, so wie er es vorhergesagt hatte.
    Da sich die Bewohner frech geweigert hatten, die Stadt und ihre Schätze friedlich und kampflos aufzugeben, gewährte man ihnen keine Gnade.
    Einige hatten auf Kapitulation gedrängt und argumentiert, der rote Mond während

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