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Der Tempel der vier Winde - 8

Der Tempel der vier Winde - 8

Titel: Der Tempel der vier Winde - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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höchstens vorstellen, daß es etwas mit ihrem Zustand zu tun hat. Kraft und Verletzbarkeit der Aura sind bei jedem anders.
    Ich habe die unterschiedlichen Todesarten, die die Pest verursacht, nicht alle mit eigenen Augen gesehen, da sie zum Glück nur selten auftritt. Einen Teil meiner Kenntnisse habe ich aus den Aufzeichnungen, die die Raug’Moss aufbewahren. Die Pestepidemien, die ich gesehen habe, fanden stets an kleinen, entlegenen Orten statt. In der Vergangenheit, vor vielen hundert Jahren, gab es ein paar große Epidemien in großen Städten, und die Aufzeichnungen darüber habe ich gelesen.
    Bei manchen Menschen bricht sie ganz plötzlich aus – sehr hohes Fieber, unerträgliche Kopfschmerzen, Erbrechen, brennende Schmerzen im Rücken. Diese Opfer sind fast von Sinnen, so heftig sind die Schmerzen über Tage oder Wochen, bis sie schließlich sterben. Manche erholen sich wieder. Beth ist so ein Fall. Ihr Zustand wird sich noch stark verschlimmern. Ich habe schon gesehen, daß Kranke wie sie alles überstanden haben. Sie hat eine kleine Chance.
    Mitunter, wenn der Schwarze Tod sie übermannt und ihnen den Körper zersetzt, sehen die Opfer aus wie der erste Junge. Andere werden von entsetzlichen, schmerzhaften Schwellungen am Hals, in den Achselhöhlen oder der Leistengegend gepeinigt. Sie leiden jämmerlich, bis sie schließlich sterben. So ein Fall ist Bert. Wenn das Leiden in die entscheidende Phase und zum Ausbruch gebracht werden kann, erholen sich diese Menschen manchmal.«
    »Und was ist mit Lily?« fragte Kahlan. »Was ist mit diesen Malen, wie Ihr sie genannt habt?«
    »Ich habe sie noch nie zuvor gesehen, jedenfalls nicht mit eigenen Augen, aber ich habe in unseren Aufzeichnungen über sie gelesen. Die Male erscheinen auf den Beinen und manchmal auf der Brust. Menschen, die die Male aufweisen, wissen oft bis zum Ende gar nicht, daß sie erkrankt sind. Irgendwann stellen sie zu ihrem Entsetzen fest, daß sie die Male aufweisen, und kurz darauf sind sie tot.
    Sie sterben unter wenig oder gar keinen Schmerzen. Aber sterben tun sie alle. Keiner, der die Male aufweist, überlebt. Der alte Mann muß sie schon einmal gesehen haben, denn er weiß das.
    Bei den Pestepidemien, deren Zeuge ich wurde, traten diese Male nicht auf. In den Berichten heißt es, die schlimmsten Epidemien, bei denen der Tod sich am weitesten ausbreitete, seien durch die Male gekennzeichnet gewesen. Manche Menschen hielten sie für sichtbare Zeichen der tödlichen Berührung durch den Hüter.«
    »Aber Lily ist noch ein kleines Mädchen«, protestierte Kahlan, als könnten Widerworte etwas ändern. »Sie wirkte gar nicht so krank. Wäre es nicht möglich, daß sie…«
    »Lily fühlt sich nicht wohl. Die Male an ihren Beinen sind voll ausgeprägt. Ihr Tod wird noch vor Mitternacht eintreten.«
    »Heute abend?« fragte Richard bestürzt.
    »Ja. Allerspätestens. Eher innerhalb der nächsten Stunden. Vielleicht sogar…«
    Aus dem Haus drang der langgezogene, schrille Schrei einer Frau. Das Entsetzen darin jagte Richard einen Schauer über den Rücken. Die Soldaten, die sich hinten, am anderen Ende der Gasse, mit gesenkter Stimme unterhalten hatten, verstummten. Das einzige Geräusch war ein Hund, der in der nächsten Straße bellte.
    Aus dem Haus war der gequälte Schrei eines Mannes zu hören.
    Drefan schloß die Augen. »Ich wollte es gerade sagen, vielleicht sogar schon eher.«
    Kahlan vergrub ihr Gesicht an Richards Schulter. Sie krallte sich in sein Hemd. Richards Kopf wirbelte herum.
    »Das sind Kinder«, weinte sie. »Dieser Bastard tötet Kinder!«
    Drefans Brauen zogen sich zusammen. »Wovon redet sie?«
    »Drefan« – Richard nahm Kahlan fester in die Arme, als sie zu zittern begann – »ich glaube, diese Kinder sterben, weil ein Zauberer und eine Magierin vor ein paar Tagen das Ja’La-Spiel besucht und diese Epidemie mit Magie ausgelöst haben.«
    »Ausgeschlossen. Es dauert länger, bis die Menschen erkranken.«
    »Der Zauberer war derselbe, der Cara bei deiner Ankunft verletzt hat. Er hat eine Prophezeiung auf der Wand der Grube zurückgelassen. Sie beginnt mit den Worten: ›Mit dem roten Mond kommt der Feuersturm‹.«
    Drefan runzelte die Stirn und betrachtete ihn unschlüssig. »Wie kann Magie eine Epidemie auslösen?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte Richard leise.
    Er ertrug es nicht, den nächsten Teil der Prophezeiung laut auszusprechen. Der, der der Klinge verbunden ist, wird mit ansehen, wie sein Volk stirbt.

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