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Der Tempel der vier Winde - 8

Der Tempel der vier Winde - 8

Titel: Der Tempel der vier Winde - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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ließ sich die Waffe verblüffend schnell ziehen. Kahlan wollte eine Frau aufsuchen, vor der sie sich fürchtete, und mit dem Knochenmesser war ihr dabei entschieden wohler zumute.
    Einer anderen Schublade entnahm Kahlan einen leichten hellbraunen Umhang. Wegen der Schneestürme des Frühlings hätte sie gerne einen schwereren eingepackt, es war jedoch damit zu rechnen, daß sie ihnen nicht lange ausgesetzt sein würde. In Agaden würde es nicht so kalt sein wie in Aydindril.
    Sie hoffte, die helle Farbe werde es ihr erleichtern, sich unbemerkt an den Posten oben bei der Burg vorbeizuschleichen, zudem ließ sich das Messer in dem leichten Umhang schneller ziehen.
    War es töricht zu glauben, sie könne das Messer schneller ziehen, als Shota einen Bann aussprach, überlegte sie, und war eine solche Waffe gegen eine Hexe überhaupt von Nutzen? Sie warf den Umhang über die Schultern. Das Messer war alles, was sie hatte.
    Außer ihrer Konfessorenkraft. Vor der hatte Shota Respekt: Gegen die Berührung durch einen Konfessor war niemand gefeit. Gelang es Kahlan, die Hexe zu berühren, wäre es deren Ende. Allerdings besaß Shota Magie, die bislang verhindert hatte, daß Kahlan ihr nahe genug kam, um von ihrer Kraft Gebrauch zu machen.
    Damit der blaue Blitz des Con Dar seine Wirkung entfalten konnte, brauchte Kahlan sie allerdings nicht zu berühren. Sie seufzte. Zu ihrer eigenen Verteidigung ließ sich der Con Dar nicht heraufbeschwören. Kahlan hatte Richard mit dem Blitz beschützt, als der Screeling ihn angegriffen hatte und als die Schwestern der Finsternis ihn abgeholt hatten.
    Sie spürte, wie eine Woge der Erkenntnis durch ihre Gedanken flutete. Richard liebte sie und wollte sie heiraten, um immer bei ihr sein zu können. Shota hatte ihm diesen Wunsch verwehrt und Nadine geschickt, damit diese ihn heiratete. Davon wollte er nichts wissen.
    Nadine war einfach über die Tatsache hinweggegangen, daß Richard Kahlan liebte, hatte ihn gequält und verletzt. Er wollte nicht mit ihr Zusammensein und duldete ihre Anwesenheit nur, weil Shota etwas im Schilde führte und er Angst hatte, sie aus den Augen zu lassen. Auf keinen Fall aber wollte er gezwungen sein, sie zu heiraten.
    Shota stand im Begriff, Richard Unheil zuzufügen.
    Die Hexe stellte eine Gefahr für ihn dar. Kahlan konnte den Con Dar heraufbeschwören, um ihn zu schützen. Sie hatte es schon einmal getan, als die Schwestern Richard gegen seinen Willen gefangenzunehmen drohten. Kahlan konnte den blauen Blitz benutzen, um Shota in ihre Schranken zu weisen. Dieser Art von Magie hatte die Hexe nichts entgegenzusetzen.
    Kahlan wußte, wie Magie funktionierte. Diese Magie stammte aus ihrem Innern. Wie jene aus Richards Schwert war sie mit dem subjektiven Empfinden verbunden. Fühlte Kahlan sich berechtigt, sie zu Richards Verteidigung einzusetzen, dann tat der Con Dar, was sie von ihm verlangte. Sie wußte, Richard wollte nicht, daß Shota ihn benutzte, ihn beherrschte, ihm vorschrieb, wie er sein Leben zu leben hatte.
    Kahlans Vorgehen war daher gerechtfertigt: Shota stand im Begriff, Richard Unheil zuzufügen. Der Con Dar würde gegen sie wirken.
    Sie hielt inne, ließ sich auf die Fersen sinken und bat die Guten Seelen mit einem Gebet um Unterweisung. Die Vorstellung, sie handele aus Rache oder mache sich auf den Weg, um jemanden zu töten, war ihr unangenehm. Sie wollte nicht denken, daß sie die Absicht hatte, Shota umzubringen. Sie fragte sich, ob sie etwas zu rechtfertigen versuchte, das sich nicht rechtfertigen ließ.
    Nein, sie brach nicht in der Absicht auf, Shota umzubringen. Sie wollte lediglich dieser Geschichte mit Nadine auf den Grund gehen und herausfinden, was die Hexe über die Tempel der Winde wußte.
    Doch wenn es nicht anders ging, dann wollte sie sich wehren. Mehr noch, sie hatte die Absicht, Richard vor Shota zu beschützen – vor ihren Plänen, seine Zukunft zu ruinieren. Kahlan war es leid, das Ziel ihres unberechenbaren Zorns zu sein. Sollte Shota versuchen, sie zu töten oder Richard dieses Unheil aufzuzwingen, dann würde Kahlan der Bedrohung ein Ende setzen.
    Bereits jetzt vermißte sie Richard. Sie hatten so lange dafür gekämpft zusammenzusein, und jetzt verließ sie ihn. Wäre die Situation umgekehrt, wäre sie dann ebenso verständnisvoll, wie sie dies jetzt von ihm erwartete?
    In Gedanken noch bei Richard, zog sie die oberste Schublade auf, in der ihr wertvollster Besitz lag. Ehrfürchtig nahm sie das blaue Hochzeitskleid hervor.

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