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Der Tempel der vier Winde - 8

Der Tempel der vier Winde - 8

Titel: Der Tempel der vier Winde - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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Davon abgesehen war die Schublade leer. Sie strich mit den Daumen über den feinen Stoff. Als die Tränen Kahlan überwältigten, drückte sie das Kleid an ihren Busen.
    Behutsam legte sie das Kleid wieder an seinen Platz zurück, bevor Tränen darauf tropften. Eine ganze Weile stand sie da, eine Hand auf dem Kleid.
    Sie schob die Lade zu. Sie hatte eine Aufgabe zu erledigen. Sie war die Mutter Konfessor, ob ihr das gefiel oder nicht. Shota lebte in den Midlands und gehörte daher zu ihren Untertanen.
    Sie wollte nicht sterben, ohne Richard wiederzusehen, aber sie ertrug es nicht mehr, daß Shota sich in ihr Leben einmischte und ihre Zukunft verpfuschte. Die Hexe hatte eine andere Frau geschickt, die Richard heiraten sollte. Kahlan hatte nicht die Absicht, dieser Einmischung tatenlos zuzusehen.
    Ihr Entschluß festigte sich. Sie griff hinten in den Kleiderschrank und nahm ein verknotetes Seil von einem hölzernen Haken. Es hing dort für den Fall, daß es brannte und die Mutter Konfessor sich über den Balkon retten mußte.
    Der heulende Wind und der Schnee trafen sie wie ein Schock, als sie die Glastüren öffnete. Kahlan kniff gegen den Sturm die Augen zusammen und zog die Türen hinter sich zu. Sie streifte die Kapuze über und stopfte ihr Haar darunter. Es wäre nicht gut, wenn die Leute die Mutter Konfessor erkannten – falls in einer solchen Nacht überhaupt jemand unterwegs war. Sie wußte allerdings, daß die Posten oben bei der Burg der Zauberer draußen sein würden.
    Rasch befestigte sie das Seil an einem der vasenförmigen Baluster und warf den Rest der schweren Rolle über das Geländer. In der Dunkelheit konnte sie nicht erkennen, ob es bis zum Boden reichte. Sie mußte darauf vertrauen, daß, wer immer das Seil in Kahlans Kleiderschrank gehängt hatte, überprüft hatte, ob es lang genug war.
    Kahlan schwang ein Bein über das steinerne Geländer, ergriff das Seil mit beiden Händen und machte sich an den Abstieg.
    Kahlan hatte sich entschieden, zu Fuß zu gehen. Sehr weit war es nicht, und wenn sie ein Pferd nähme, müßte sie es an der Burg zurücklassen, wo es gefunden werden könnte und sie verraten würde. Oder aber sie müßte es laufenlassen, bevor sie dort ankam, was nur den Befürchtungen Nahrung gäbe, ihr könnte etwas zugestoßen sein. Zu Pferd wäre es auch schwieriger, an den Posten oben bei der Burg vorbeizukommen. Die Guten Seelen hatten ihr einen Frühlingsschneesturm geschickt. Das mindeste, was sie tun konnte, war, ihn zu nutzen.
    Während sie durch den schweren, nassen Schnee stapfte, begann sie sich zu fragen, ob es klug gewesen war, zu Fuß aufzubrechen. Sie bekräftigte sich in ihrem Entschluß. Wenn sie bereits jetzt anfing, ihre Entscheidungen in Zweifel zu ziehen, dann stand es ihr nicht zu, die Sache zu Ende zu führen.
    Die meisten Läden waren geschlossen. Die wenigen Menschen, denen sie begegnete, waren selbst zu sehr damit beschäftigt voranzukommen, um eine gedrungene Gestalt zu beachten, die sich durch den Wind kämpfte. In der Dunkelheit ließe sich nicht einmal unterscheiden, ob sie Mann war oder Frau. Bald würde sie die Stadt hinter sich haben und befände sich auf der menschenleeren Straße, die zur Burg führte.
    Den ganzen Weg hinauf überlegte sie, wie sie am besten an den Wachen vorbeikommen sollte. Es waren d’Haranische Soldaten. Die durfte man nicht unterschätzen. Wenn sie erkannt wurde, wäre dies äußerst unvorteilhaft. Man würde es berichten.
    Der einfachste Weg, an Posten vorbeizugelangen, war, sie zu töten. Aber das konnte sie unmöglich tun. Das waren jetzt ihre eigenen Leute, die für ihre Sache und gegen die Imperiale Ordnung kämpften. Sie zu töten stand außer Frage.
    Sie mit einem Schlag über den Schädel außer Gefecht zu setzen, wäre ebenfalls nicht gut. Nach ihrer Erfahrung erzielte ein Schlag über den Kopf selten das gewünschte Ergebnis. Manchmal war das Opfer nicht bewußtlos und schrie aus Leibeskräften, bevor man irgend etwas unternehmen konnte, schlug Alarm und rief Wachen herbei, die auf Leben und Tod gegen jeden Eindringling vorgingen.
    Außerdem hatte sie bereits Männer nach einem Schlag über den Schädel qualvoll sterben sehen. Das wollte sie nicht riskieren. Man schlug jemanden nur dann auf den Kopf, wenn man seinen Tod einkalkulierte, denn der würde aller Wahrscheinlichkeit nach auch eintreten.
    Vermutlich hatten Marlin und die Schwester die Wachen mit Hilfe von Magie unbemerkt passiert. Sie besaß jedoch keine, die

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