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Der Tempel der vier Winde - 8

Der Tempel der vier Winde - 8

Titel: Der Tempel der vier Winde - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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den Opfern verborgen blieb, die im Begriff standen, ihre Gebete in die Welt der Seelen hinüberzutragen, kamen aus ihren Hütten und wollten sehen, wie Zedd und Ann hinter vorgehaltenen Speerspitzen durch das Dorf getrieben wurden. Ihre Häscher, beschmiert mit weißer Asche, die Augen schwarz bemalt, waren als Tote verkleidete Jäger, damit niemand Gefahr lief, als einer der Lebenden erkannt zu werden.
    Vor einem Pferch wurde Zedd zurückgerissen, damit er stehenblieb, während die Männer die Seilschlaufe am Gatter lösten. Das Tor schwang im Mondlicht auf. Offenbar war ihnen das gesamte Nangtongdorf gefolgt. Die Menschen johlten und brüllten, als die beiden Gefangenen durch das Gatter getrieben wurden. Wahrscheinlich wollten sie den beiden Seelen, die im Begriff standen, im Namen der Nangtong mit deren Vorfahren zu sprechen, irgendwelche Botschaften mit auf den Weg geben.
    Zedd und Ann, die Handgelenke noch immer hinter dem Rücken gefesselt, wurden in den Pferch gestoßen und stürzten zu Boden. Sie landeten im Matsch. Grunzende Schatten sprangen davon. Schweine! Dem Untergrund nach, den sie zu einem morastigen Sumpf aufgewühlt hatten, stand das Dorf seit wenigstens einigen Monaten an dieser Stelle.
    Die Seelenjäger, fast fünfzig Mann, wie Zedd schätzte, gingen auseinander. Eingekreist von fröhlichen Kindern und stoischen Frauen, machten sich ein paar zu ihren Zelten auf. Andere umstellten den Pferch, um Wache zu halten. Die meisten der Anwesenden riefen den Gefangenen etwas zu und gaben ihnen Botschaften an die Vorfahren mit.
    »Warum tut ihr das?« fragte Zedd einen der Bewacher. Er deutete mit einem Nicken auf Ann. »Warum?« Er zuckte die Achseln.
    Einer der Bewacher schien zu verstehen. Er machte eine schneidende Bewegung über seine Kehle, dann deutete er imaginäres Blut an, das aus der vorgetäuschten Wunde rann. Er zeigte mit seinem Speer auf den Mond.
    »Blutmond?« fragte Ann kaum hörbar.
    »Roter Mond«, hauchte Zedd, als er begriff. »Nach dem, was ich zuletzt gehört habe, haben die Konfessoren den Nangtong das Versprechen abgenommen, keine Menschenopfer mehr darzubringen. Ich war nie sicher, ob sie ihr Versprechen halten würden. Wie auch immer, die Menschen haben sich von ihnen ferngehalten.
    Der rote Mond muß ihnen angst und sie glauben gemacht haben, die Welt der Seelen sei erzürnt. Wahrscheinlich sollen wir deshalb auch geopfert werden: um die erzürnten Seelen zu besänftigen.«
    Ann wand sich unbehaglich neben ihm im Schlamm. Sie warf ihm einen mörderischen Blick zu.
    »Ich bete nur, daß Nathan sich in einer Lage befindet, die noch schlimmer als die unsere ist.«
    »Was meintest du doch gleich«, fragte Zedd zerstreut, »über das Herumtreiben mit einem Verrückten?«

38. Kapitel
    »Was meint Ihr?« fragte Clarissa.
    Sie drehte sich erst ein wenig in die eine, dann in die andere Richtung und versuchte eine möglichst natürliche Pose einzunehmen, dabei kam sie sich alles andere als natürlich vor. Sie wußte nicht recht, was sie mit den Händen anfangen sollte, also verschränkte sie sie hinter ihrem Rücken.
    Nathan fläzte sich in einem Sessel, wie sie ihn prächtiger noch nicht gesehen hatte. Sitz und Rückenlehne, beides gepolstert, waren mit einem hellbraunen und goldengestreiften Stoff bezogen. Sein linkes Bein hing bequem über einer der reich verzierten Armlehnen, während sein Ellenbogen lässig auf der anderen lag. Sein Kinn ruhte nachdenklich in seiner Hand. Die fein gearbeitete Silberscheide seines Schwertes hing herab, so daß deren Spitze vor dem Sessel den Boden berührte.
    Nathan lächelte das ihm eigene Lächeln, welches verriet, daß er sich aufrichtig freute.
    »Meine Liebe, ich finde, Ihr seht wunderbar aus.«
    »Bestimmt? Das sagt Ihr nicht einfach so? Es gefällt Euch wirklich? Ich wirke nicht … albern darin?«
    Er lachte vergnügt in sich hinein. »Nein, albern ganz bestimmt nicht. Hinreißend vielleicht.«
    »Aber ich komme mir … ich weiß nicht … vermessen vor. Ich habe noch nie so elegante Kleider gesehen, geschweige denn anprobiert.«
    Er zuckte die Achseln. »Dann wird es allmählich Zeit.«
    Der Damenschneider, ein dürrer, gepflegter Mann, dessen kahle, weite Schädeldecke nur eine einzige lange graue Locke zierte, kehrte durch die mit einem Vorhang verhängte Tür zurück. Er packte die beiden Enden des um seinen Hals geschlungenen Maßbandes und zog es nervös hin und her.
    »Die Dame findet das Kleid annehmbar?«
    Clarissa erinnerte sich, wie

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