Der Tempel der vier Winde - 8
gerannt?«
Verängstigt versuchte sie, sich loszureißen und gleichzeitig mit ihrer anderen Hand den Hut auf ihrem Kopf festzuhalten. »Hier sind überall Menschen. Was denn für ein Mann?«
Richard ließ ihren Arm los. Von ihm aus gesehen links die Straße hoch sah er, wie ein Mann damit beschäftigt war, einen umgestürzten Handkarren mit frischem Gemüse wieder aufzurichten. Der Mann blickte auf, als Richard keuchend aus vollem Lauf vor ihm stehenblieb.
»Wie sah er aus? Der Mann, der hier durchgerannt ist – wie sah er aus?«
Der Mann schob seinen breitkrempigen Hut zurecht. »Keine Ahnung.« Er streckte den Arm aus. »Ich war gerade auf der Suche nach einem guten Standplatz. Ich hörte, wie mein Karren umfiel. Dann bemerkte ich einen dunklen Schatten, der dort hinauf lief.«
Richard rannte weiter. Der alte Stadtkern verzweigte sich zu einem Gewirr aus Gassen, Straßen und verschlungenen Durchgängen. Er konnte sich nur am goldenen Glanz über dem westlichen Himmel orientieren. Das bedeutete allerdings nicht, daß der Mann, den er verfolgte, ein bestimmtes Ziel hatte. Wahrscheinlich lief er einfach drauflos und suchte sein Heil in der Flucht.
Richard stieß auf eine Patrouille aus einem Dutzend Soldaten. Bevor sie salutieren konnten, hatte er schon zu sprechen angefangen.
»Irgendwo hier ist ein Mann vorbeigerannt. Hat ihn einer von euch bemerkt?«
»Wir haben niemanden gesehen. Könnt Ihr ihn uns beschreiben?«
»Nein. Er hat uns mit einer Armbrust überfallen und ist dann geflohen. Ich will, daß er gefaßt wird. Schwärmt aus und macht euch auf die Suche.«
Bevor sie aufbrechen konnten, kam Raina mit gut fünfzig Mann die Straße hinaufgestürmt.
»Habt Ihr gesehen, wo er hingelaufen ist?« fragte sie, völlig außer Atem.
»Nein. Ich habe ihn irgendwo dort drinnen verloren. Ich möchte, daß ihr alle ausschwärmt und ihn findet.«
Einer der Soldaten, ein Unterkommandant, meldete sich zu Wort. »Lord Rahl, ein Mann, der fliehen will, würde sich nur verdächtig machen, wenn er rennt. Wenn er nur einen Funken Verstand hat, biegt er einfach um eine Ecke und geht gemächlich weiter.«
Der Unterkommandant deutete nach hinten, die Straße hinauf, um sein Argument zu unterstreichen. Überall gingen Menschen ihren Geschäften nach, wenn auch eine ganze Menge zu der aufgeregten Szene herüberstarrte. Jeder von ihnen hätte der Mann sein können, dem er nachjagte.
»Irgendeine Idee, wie dieser Meuchelmörder ausgesehen hat?«
Richard schüttelte verzweifelt den Kopf. »Ich habe ihn überhaupt nicht zu Gesicht bekommen.« Er strich sich durchs Haar und holte tief Luft. »Teilt euch auf. Die Hälfte von euch geht zurück in die Richtung, aus der wir gekommen sind. Befragt jeden, den ihr findet, und stellt fest, ob jemand ihn gesehen hat – einen Mann, der flieht. Möglicherweise geht er jetzt langsam, aber vorhin ist er gerannt.«
Raina, den Strafer in der Hand, nahm ihre Position an seiner Seite ein.
»Der Rest von euch bleibt bei mir«, sagte Richard. »Wir werden noch mehr Männer zusammentrommeln. Ich werde weitersuchen. Vielleicht läuft uns jemand über den Weg, der langsam geht, in Panik gerät und versucht zu fliehen. Wenn das jemand tut, will ich ihn haben. Lebend.«
Es war spät in der Nacht, als sie in den Palast der Konfessoren zurückkehrten. Die Soldaten dort waren bereits in erhöhter Alarmbereitschaft. Die Männer hatten ihre Schwerter und Streitäxte griffbereit, die Pfeile eingelegt, die Speere ausgerichtet. Andere patrouillierten auf dem weiten Palastgelände. Ihren stechenden, prüfenden Blicken wäre nicht einmal eine Maus entgangen.
Als Kahlan, Berdine, Raina, Drefan und Nadine Richard in den Versammlungssaal begleiteten, erblickte er dort Tristan Bashkar, der, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, wartend auf und ab ging. Er hörte sie kommen, blieb stehen und hob den Kopf.
Richard blieb gemächlich stehen, während der Botschafter, der sich reumütig gab, auf sie zukam. Richards Begleitung sammelte sich, bis auf Kahlan, die gleich neben ihm stand, zu einer kleinen Gruppe hinter ihm. Tristan begrüßte sie lautstark mit erhobener Hand.
»Lord Rahl, könnte ich bitte ein paar Worte mit Euch sprechen?«
Richard musterte den Mann von Kopf bis Fuß und bemerkte, daß er seine Hand nicht auf eine Hüfte stützte, um die Aufmerksamkeit auf sein prunkvoll verziertes Messer zu lenken.
Richard hob einen Finger. »Augenblick bitte.«
Er drehte sich ein Stück weit zu den
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