Der Tempel der vier Winde - 8
Wachen von Kahlan abgezogen werden, was wäre passiert, wenn er mich getötet hätte? Was hätte ihm das genützt?«
»Er weiß, daß ich die Gabe habe, und darauf hat er sich verlassen. Hätte er dich versehentlich getötet, hätte es vielleicht trotzdem geklappt. Oder er hätte etwas Ähnliches bei Drefan vortäuschen und uns in unserem Glauben bestärken können, Heiler seien das Ziel und nicht Kahlan.«
»Warum hat er Kahlan dann nicht einfach mit einem Pfeil getötet?«
Richard verfolgte den einseitigen Kampf auf der anderen Seite des Betts. »Weil es ihm Vergnügen bereitet, mit diesem Messer zuzustechen. Er wollte das Gefühl genießen, sie zu töten.«
Seine Worte ließen Kahlan frösteln. Sie kannte Tristan. Gut möglich, daß Richard recht hatte. Tristan hätte seinen Spaß daran gehabt.
Die Soldaten bogen Tristan die Arme auf den Rücken und rissen ihn auf die Beine. Er wehrte sich noch immer nach Kräften, war aber hoffnungslos unterlegen. Als das Zimmer sich mit Soldaten füllte, wurden weitere Lampen angezündet.
Kahlan waren all die Menschen in ihrem Schlafzimmer unangenehm. Vermutlich deshalb, weil die Gemächer der Mutter Konfessor stets ein privates Heiligtum gewesen waren. Ein Ort der Zurückgezogenheit.
In dieses Heiligtum war ein Mann eingedrungen. Ein Mann, der sich mit der Absicht trug, sie zu erdolchen.
»Was hat das eigentlich alles zu bedeuten?« brüllte Tristan.
»Oh, wir wollten bloß sehen, wie ein Kerl ein mit Werg ausgestopftes Nachthemd absticht«, erwiderte Richard.
General Kerson untersuchte den Gefangenen, um sich davon zu überzeugen, daß Berdine ihm alle Waffen abgenommen hatte. Als er zufrieden war, wandte er sich zu Richard.
»Was soll mit ihm geschehen, Lord Rahl?«
»Enthauptet ihn.«
Kahlan drehte sich schockiert um. »Das kannst du nicht tun, Richard.«
»Du hast mit eigenen Augen gesehen, was er getan hat. Er befand sich in dem Glauben, dich umzubringen.«
»Aber er hat es nicht getan. Er hat nur auf mein Bett eingestochen. Die Seelen machen einen Unterschied zwischen Absicht und Tat.«
»Er hat auch versucht, Nadine zu töten.«
»Ich habe nichts dergleichen getan!« brüllte Tristan. »Das war ich nicht – ich habe den Palast heute abend überhaupt nicht verlassen!«
Richard sah Tristan mit einem kalten Funkeln in den Augen an. »Ihr habt weiße Haare an den Knien. Weiße Ziegenhaare. Ihr habt hinter dem Zaun gekniet, als Ihr mit der Armbrust gezielt habt, und dabei sind die Ziegenhaare an Eurer Hose hängengeblieben.«
Kahlan blickte nach unten und sah, daß Richard recht hatte.
»Ihr seid wahnsinnig! Das habe ich niemals getan!«
»Richard«, sagte Kahlan, »Nadine hat er ebenfalls nicht getötet. Er hat es vielleicht versucht, aber getan hat er es nicht. Du kannst ihn nicht für die Absicht hinrichten.«
Richard ballte die Faust um das Amulett auf seiner Brust, das Amulett, das den Tanz mit dem Tod repräsentierte. Kein Erbarmen.
Der General löste den Blick von Kahlan und richtete ihn auf Richard. »Lord Rahl?«
»Richard«, drängte Kahlan, »das darfst du nicht tun.«
Richard sah Tristan wütend funkelnd an. »Er hat diese Frauen umgebracht. Er hat sie mit seinem prächtigen Messer aufgeschlitzt. Es gefällt Euch, Menschen aufzuschlitzen, nicht wahr, Tristan?«
»Was redet Ihr da? Ich habe niemanden getötet – außer im Krieg!«
»Nein«, sagte Richard, »und Ihr habt auch nicht versucht, Kahlan umzubringen. Und Ihr habt nicht versucht, Nadine zu töten, und an Eurer Hose kleben auch keine weißen Ziegenhaare.«
Tristans von Panik erfüllte braune Augen richteten sich auf Kahlan. »Mutter Konfessor, ich habe Euch nicht getötet, und ich habe sie nicht getötet. Ich habe niemanden getötet. Ihr dürft nicht zulassen, daß er es so weit kommen läßt.«
Kahlan erinnerte sich, was man sich hinter vorgehaltener Hand über Tristan erzählte, an die Gerüchte, er bevorzuge, wenn er in den Kampf zog, das Messer gegenüber dem Schwert, weil er ein sadistisches Vergnügen daran finde, Menschen aufzuschlitzen.
Die Frauen waren aus sadistischem Vergnügen getötet worden.
»Was habt Ihr mir erzählt, Tristan? Daß Ihr oft auf das Zaubermittel Geld zurückgreifen müßt, wenn Euch nach weiblicher Gesellschaft zumute ist? Und daß Ihr, falls Ihr die Regeln brecht, erwartet, einer Bestrafung unserer Wahl unterzogen zu werden?«
»Wie wäre es mit einer Gerichtsverhandlung? Ich habe niemanden ermordet. Absicht ist nicht dasselbe wie die
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