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Der Tempel zu Jerusalem

Der Tempel zu Jerusalem

Titel: Der Tempel zu Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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wieder warm. Wie wohl sie sich fühlte, wie aufgehoben! Ach,
wenn doch dieser Oberkörper, dieser Arm, dieses Gesicht dem Mann gehört hätten,
den sie anbetete.
    «Man muß die
Frau aus dem Land jagen», beharrte sie. «Sie bringt Unglück. Das Flammenorakel
hat mich gewarnt. Sei du das Instrument meiner Rache.»
    «Was
verlangst du von mir?»
    «Daß du
Salomo überzeugst, sie nach Saba zurückzuschicken.»
    «Ist das nicht etwas
kindisch?»
    «Du bist der
heimliche Herr dieses Landes. Wenn deine Arbeiter streiken, ist der König
gezwungen, dir zu gehorchen.»
    «Meine Arbeiter arbeiten, bis
sie nicht mehr in der Lage sind, ihre Arbeit richtig auszuführen. Streik ist
wie Krieg. Er darf nicht zur Erpressung dienen.»
    «Dann bringe
Balkis um!»
    Nagsara löste
sich aus Hirams Umarmung. Ihr Aufschrei hatte den Haß aufgezeigt, der sich
während vieler schlafloser Nächte aufgestaut hatte.
    «Meine Hände
sind zum Bauen bestimmt, nicht zum Töten. Was du verlangst, ist Wahnsinn.»
    «Dann
verachtest du mich auch…»
    Nagsara sank
gegen den Felsen. Welchen Beistand hätte ihr Hiram auch in der Finsternis
bringen können, in der sie unterging?
     
     
    Auf Befehl Salomos und nach
einem diplomatischen Briefwechsel hatte sich Elihap den Winter zunutze gemacht
und war nach Ägypten aufgebrochen, um das Problem Jerobeam am Hofe des Pharaos
zu lösen. Zwar war das zwischen Ägypten und Israel geschlossene Bündnis durch
Nagsaras Anwesenheit in Jerusalem nicht in Frage gestellt, doch es war Brauch,
daß Siamun einen Feind Salomos auslieferte und andersherum genauso.
    Elihap merkte,
daß der vom Sohn Davids begründete Frieden kein Wahnbild war. Er reiste mit
kleinem Gefolge und kam durch glückliche Städte und Dörfer, in denen die
Handwerker aus Hirams Bruderschaft die alten Häuser ausbesserten und neue
bauten. Bis zur Grenze sah Salomos Schreiber ein friedliches und blühendes
Land. Ein Trupp ägyptischer Soldaten empfing ihn und geleitete ihn bis zur
prachtvollen Stadt Tanis, die von Kanälen durchzogen wurde, an die Gärten und
Parks grenzten, in denen sich die Herrenhäuser des Adels versteckten.
    Elihap
verwunderte sich über die Stille auf den Straßen. Die Ägypter hatten den Ruf,
frohe und lachende Menschen zu sein. Auf den Märkten wurde tüchtig gestritten.
In der Regel waren die Hauptstraßen der Stadt von zahlreichen Karren befahren.
Doch Tanis wirkte so leblos, als hätten es alle Bewohner verlassen.
    Die Flure des
Palastes waren leer. Kein einziges Grüppchen von Höflingen in eine Unterhaltung
vertieft. Ein Hofmeister führte Elihap in das weiträumige Arbeitszimmer des
Wesirs, dessen Fenster auf einen Teich mit Seerosen gingen. Der Oberste Berater
Ägyptens war ein hochgewachsener und herrischer Mann. Der kleine, schwarze
Schnurrbart konnte seine strenge Miene auch nicht mildern.
    «Verzeih
diesen jämmerlichen Empfang, aber die Zeiten sind düster. Der Pharao ist
ernstlich erkrankt.»
    «Befürchtest
du, daß er stirbt?»
    «Die besten
Ärzte sind an Siamuns Krankenlager. Sie haben die Hoffnung noch nicht
aufgegeben.»
    «Dann kommt
dir mein Besuch wohl ungelegen.»
    «Keineswegs.
Doch du mußt verstehen, daß jetzt viele Angelegenheiten, auch wenn sie noch so
dringlich sind, liegenbleiben müssen. Das ist jedoch kein Hinderungsgrund, sie
anzusprechen.»
    «Der Fall Jerobeam
beispielsweise…»
    «Der wohnt
augenblicklich in einem Landhaus im Delta. Unsere beiden Länder sind
Verbündete. Hebräische Staatsbürger, die unsere Gesetze achten, können sich in
Ägypten frei bewegen.»
    Salomos
Schreiber witterte, daß ihm das Glück hold war. Siamuns Nachfolge versprach,
schwierig zu werden. Man raunte den Namen eines Libyers, der, einmal auf dem
Thron, sofort daran denken würde, den Frieden zu brechen und Gegner Salomos zu
begünstigen. Jerobeam, dem Verbannten, winkte vielleicht eine große Zukunft am
zukünftigen, ägyptischen Hof. Elihap war es sich schuldig, auf mehreren Ebenen
gleichzeitig vorzugehen. Der Erfolg schien ihm gewiß, vorausgesetzt, er stellte
einen gefährlichen Gegner kalt, der sich niemals in seine Strategie einbinden
ließ.
    «Durch meinen
Mund wünschen Israels König und sein Volk unserem Bruder, dem Pharao, baldige
Genesung. Was Jerobeam angeht, so üben wir uns in Geduld und warten auf die
Entscheidung des Pharaos.»
    Diese
Einstellung freute den Wesir. Siamuns Seele würde demnächst vor den Toren des
Jenseits stehen. Kein Arzt konnte ihn retten. Und im Schatten hielt sich

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