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Der Tempel zu Jerusalem

Der Tempel zu Jerusalem

Titel: Der Tempel zu Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Nur
dort gestand er sich zwischen zwei Reisen einige Ruhestunden zu. Der Hinkefuß
hatte einen Weg bis zu einer unweit gelegenen Quelle freigeschlagen, die in
einem Dickicht aus Gestrüpp, Jasmin und kleinen Palmen verborgen lag. Salomo
höchstpersönlich hatte diese Wasserader zu Beginn seiner Herrschaft mit der
Wünschelrute aufgespürt, die ihm sein Vater vererbt hatte.
    Dorthin ging
der Baumeister jeden Morgen und wusch sich.
    Er hatte
nicht erwartet, die Königin von Saba dort nackt anzutreffen, die sich anmutig
mit sonnenglitzerndem Wasser bespritzte.
    «Nicht weglaufen, Meister
Hiram. Erschreckt dich die Vision einer Frau? Wer macht in Ägypten bei
Festmählern Musik, wenn nicht nackte Frauen?»
    Der Baumeister drehte sich um
und lehnte sich an einen Palmenstamm.
    «Dein Platz
ist nicht hier.»
    «Warum sollte
sich eine Königin nicht mit dem mächtigsten Mann im Land unterhalten?»
    «Wer wagt es…»
    «Das Volk,
Meister Hiram, und seine Stimme lehrt uns etwas.»
    «Ich kenne
nur die meiner Arbeiter. Mein Beruf ist nicht Herrschen.»
    «Bist du in dieser Hinsicht
neidisch auf Salomo?»
    «Heirate ihn nicht,
Majestät.»
    Die Königin
kam aus dem Wasser, trocknete sich mit weißem Leinen ab und zog ohne Eile eine
leichte Tunika an.
    Hiram hatte
den Blick nicht von ihr abwenden können. Sie hatte überhaupt nicht versucht,
sich zu verstecken.
    «Ich werde
Salomo nicht heiraten», teilte sie ihm mit. «Aber das hindert mich nicht daran,
ihn zu lieben.»
    «Du liebst ihn nicht. Er
reizt dich. Er fasziniert dich wie der Berglöwe. Er wird dich ersticken.»
    «Wir sind aus
dem gleichen Holz geschnitzt. Ich habe von Israels König nichts zu befürchten.»
    «Ich muß
gehen, Majestät.»
    «Warum
fliehst du? Warum flüchtest du dich in eine Arbeit, die deinen hohen Zielen
nicht mehr angemessen ist?»
    Balkis
schöpfte mit der rechten Hand Wasser.
    «Hörst du,
wie es zwischen meinen Fingern verrinnt? Denke an dein Schicksal, das sich in
diesem Land erschöpft, während es in Saba neue Kraft gewinnen könnte, ist es
nicht so?»
    «Das sind zu
viele Fragen, Majestät.»
    Er ging, und
Balkis blickte ihm nach. Er war ihr ein zweites Mal entkommen.
     
     
    Als der Himmel dunkelblau wurde
und sich mit Sternen schmückte, begab sich Nagsara zum Fuß des Felsens. Sie
hatte den Kopf mit einem Schleier bedeckt, bloße Füße und glich so den
Dienerinnen, die Wasser für den Frondienst schleppten.
    Angst schnürte ihr die Kehle
zu. Würde Meister Hiram auf ihre Aufforderung reagieren? Hatte der Hinkefuß
ihre Botschaft überbracht? Der heilige Bezirk über ihr erdrückte sie schier mit
seiner beeindruckenden Masse. Wie sich die Hauptstadt Israels doch verändert
hatte! Die Stadt Davids war Salomos Königreich geworden. Niemand dachte mehr
daran, den Ruf des Königs in Frage zu stellen. Gott hatte seinem Volk einen
außergewöhnlichen Führer geschenkt, dessen Andenken so glorreich sein würde wie
das von Moses.
    Nagsara hätte
glücklich sein können, falls er ihr ein wenig Liebe geschenkt hätte. Als Salomo
sie vergaß, hatte er sie ausgelöscht. Diese verfluchte Balkis hatte
Zauberkünste spielen lassen, denen die Pharaonentochter nichts entgegenzusetzen
hatte.
    Sie sah Hiram
einen steilen Pfad hochsteigen. Auch er hatte das Gesicht verhüllt, doch es
gelang ihm schlecht, seinen eindrucksvollen Wuchs und seine Herrscherhaltung zu
verbergen. Neben Salomo war er der einzige Mann, der Nagsara so beeindruckte,
daß sie innerlich zitterte. Er besaß nicht die strahlende Schönheit des Königs,
doch sein Ernst und seine Kraft machten ihn ebenso anziehend.
    «Ich bin da,
Königin von Israel.»
    «Ich brauche
dich, Meister Hiram.»
    Der
Baumeister spürte, wie verstört die Königin war. Ihre Stimme zitterte. Als der
Mondschein ihre Züge erhellte, merkte er, daß sie sehr abgemagert war.
    «Hilf mir,
Salomo zu retten. Er muß aus dem Bann dieser Sabäerin befreit werden. Du bist
Ägypter, da bin ich mir sicher. Wir gehören derselben Rasse an. Der Nil ist uns
Vater und Mutter. In diesem fremden Land, in dem das Schicksal mich zu leben
verurteilt, bist du meine einzige Stütze. Darum ist dein Name auch in meine
Kehle eingebrannt.»
    Wie von
Sinnen warf sich Nagsara dem Oberbaumeister an die Brust.
    «Halte mich
fest… mir ist kalt, und ich bin müde, so müde… Ich wollte doch nur geliebt
werden. Warum begreift Salomo das nicht?»
    «Der König
wird Balkis nicht heiraten», teilte Hiram ihr mit.
    Der jungen
Ägypterin wurde

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