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Der Tempel zu Jerusalem

Der Tempel zu Jerusalem

Titel: Der Tempel zu Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Weite säumten, in der sich die jämmerlichen Wadis fast
verloren. Hier und da sah man Salzkrusten und Kristallkegel.
    «In dieser
Trostlosigkeit kann niemand mehr atmen», meinte Hiram. «Weder Tier noch
Pflanze… nur die abertausend Mücken, die uns stechen.»
    Balkis stieg
ab. Sie schritt in das türkisfarbene Wasser, das ihr fast ölig vorkam. Sie
wollte baden trotz des mineralischen Zersetzungsgeruchs, der ihr beißend in die
Nase stieg. Doch ihr Körper wurde hochgetrieben, Schwimmen erwies sich als
unmöglich.
    «Dieses Meer dringt bis tief
in die Erde», sagte Hiram. «Genau wie die Berge, die es abschirmen, wehrt es
sich gegen die Anwesenheit des Menschen. Eine Pforte zur Hölle…»
    «Warum hast
du mich hierhergeführt?»
    «Das muß ich
seit Monaten aushalten, Majestät. Heute bin ich zu einem Entschluß gekommen.
Ich will die Gärten des Paradieses kennenlernen.»
    «Wie hast du gewählt?»
    «Ich möchte
nach Saba aufbrechen und weitere Tempel, weitere Paläste bauen. Das wünsche ich
mir.»
    Glücklich
betrachtete Balkis die trostlose Gegend. In dem Türkis des Toten Meeres
erblickte sie die grünen Hügel von Saba, seine Berge aus Gold, die
blumenbedeckten Teiche ihrer Hauptstadt. Dann hatte ihre Beharrlichkeit also
doch gesiegt. Es war ihr gelungen, Hiram anzulocken, diesen unzugänglichen
Mann, der so stolz war, daß er sich der Liebe verweigerte. Ein
unbeschreibliches Glücksgefühl versetzte die Königin von Saba an die mit
Tamarisken bepflanzten Ufer ihres Kindheitsflusses, an dem das Verlangen einer
Frau in ihr erwacht war. Der Oberbaumeister riß sie aus der Vergangenheit, aus
der Zeit, die die Seelen abnutzte, und machte sie sorglos und glücklich.
    Doch da waren
noch Schatten, die sie an diesem Wunder zweifeln ließen.
    «Willst du
deine Bruderschaft aufgeben?»
    «Das wäre
unwürdig und verachtenswert. Viele Gesellen wollen mir folgen. Was die Meister
angeht, so will ich ihnen zeigen, wie sie ohne mich weitermachen können; sie
sollen sich im Land verteilen. Ich habe die Kunst des Bauzeichnens
weitergegeben.»
    Balkis trat
näher.
    «Und
meinetwegen riskierst du das Verschwinden deines Meisterwerks…»
    «Dieser
Tempel ist nur ein Tempel. Was meine Hände gebaut haben, werden andere Hände
zerstören. Nur das künftige Werk zählt.»
    «Ist deine
Freundschaft mit Salomo zerbrochen?»
    «Ich habe
dieses Land bereits verlassen.»
    Die Lippen
der Königin berührten Hirams. Ihre Brüste drückten sich an ihn. In ihren Augen
standen leidenschaftliche Tränen.
    «Nicht hier
und nicht heute», bat Hiram. «In Saba, meine Königin.»
    Nachdem
Meister Hiram fortgeritten war, verweilte Balkis noch lange am Ufer des Toten
Meeres. Sie prägte sich diese mineralische und feindselige Welt ein, in der ihr
Leben aufs neue Hoffnung und Wunder erfahren hatte. Hiram opferte ihr das
Höchste, denn er überließ sein Meisterwerk einem König, der nicht gemerkt
hatte, welchen herausragenden Baumeister er an ihm hatte. Wenn das nicht der
eindeutigste Beweis für eine leidenschaftliche Liebe war?
    Schon bald
würden sich die Königin und Hiram in Saba vereinen.

 
    Kapitel 53
     
     
     
    Hiram
rief die neun Meister, die er an die
Spitze der Handwerkerschaft gestellt hatte, in der Höhle zusammen, in der er
sie eingeführt hatte. Auf einem aufgerollten Papyrus sammelte er die
Unterschriften, die diese Männer für immer verpflichteten, die Geheimnisse zu
wahren, die nur ihnen allein bekannt waren. Dem Klügsten vertraute er sein
Zeichendreieck an und lehrte ihn das Geheimnis des Ellenbogenmaßes und der
Beziehungen zwischen den Proportionen, die es ihm über die Berechnungen hinaus
erlauben würden, die ehrgeizigsten Bauwerke zu verwirklichen.
    Hiram
entblößte den rechten Arm seines auserkorenen Nachfolgers und drückte ihm ein
Siegel in die Ellenbogenbeuge, auf dem ein Zeichendreieck mit unregelmäßigen
Seiten und die Regel der Oberbaumeister standen.
    «In dir
verkörpert sich die Wahrheit des Bauzeichnens. Von nun an ist dein Unterarm das
Maß, aus dem sich die Schlüssel zum Werk herleiten, doch das dürfen nur Meister
wissen.»
    Sodann
vereidigte Hiram seine Jünger auf eine Urkunde mit ihren Pflichten. Erneut
forderte er einen Schwur von ihnen und verpflichtete sie, in ihre Reihen nur
Gesellen aufzunehmen, die die härtesten Proben bestanden hatten. Und er
verlangte, daß sie Israel mit den besten Handwerkern verlassen sollten, wenn
sich die ersten Anzeichen einer Unterdrückung

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