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Der Tempel zu Jerusalem

Der Tempel zu Jerusalem

Titel: Der Tempel zu Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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und wachte auf.
    «Wer bist du,
Freund?»
    «Ein
Handlanger, der auf der Baustelle des Tempels arbeiten will.»
    «Geh nach
Haus. Meister Hiram stellt niemanden mehr ein.»
    «Das hat man mir anders
berichtet.»
    «Dann hat man
dich getäuscht.»
    «Das ist mir mal eine
eingebildete Bruderschaft… Wer Geheimnisse hütet, ist entweder ein Angsthase
oder ein Verschwörer.»
    «Geh fort,
sonst bekommst du meinen Stock zu spüren!»
    «Nicht, ehe
du nicht von mir bestraft worden bist!»
    Und der Handlanger
zündete mit der Fackelspitze, die er wie ein Schwert handhabte, die Kleider des
Wächters an. Als der Unselige um Hilfe rief und sich vor Schmerzen schreiend
auf dem Boden wälzte, rannten die beiden Fronarbeiter davon.
     
     
    Das Attentat löste einen großen
Tumult aus. Der schlimm verbrannte Wächter wurde im Palast von Salomo
höchstpersönlich gepflegt. Der Zauber des Königs, die Salben aus Sais, der
Stadt der ägyptischen Ärzte, und die Feigenpflaster ließen ihn wieder genesen.
Trotz der Nachforschungen, die vom Oberhofmeister und Schreiber geführt wurden,
konnten die beiden Verbrecher nie gefunden werden.
    Hiram hatte
sich entschieden gegen einen Sperrgürtel bewaffneter Wächter rings um die
Baustelle gewehrt. Trotz des Risikos, das sie dabei eingingen, sorgten die
Brüder der Bruderschaft weiterhin selbst für ihre Sicherheit.
    Der König
verfaßte einen Erlaß, daß jeder auf der Stelle gesteinigt würde, der einem
Meister, einem Gesellen oder Lehrling Leid antat. Niemand konnte ohne
Passierschein, eine Holztafel mit Salomos Siegel, zum Gipfel des Felsens.
    Im Volk
rumorte es. Jeder fand, Salomos Abhängigkeit von Hiram werde zunehmend
besorgniserregender. Gab der König nicht allen Forderungen seines
Oberbaumeisters nach? War er in dessen Händen nicht zum Spielzeug geworden? In
Wirklichkeit leerte Salomo seine Schatzkammer, um die immer teureren Arbeiten
zu finanzieren. Hiram sortierte fehlerhafte Steine aus, und wenn der Fehler
noch so klein war, entfernte Säulen, die nicht die richtigen Proportionen
besaßen, ließ Mauern einreißen, die ihm nicht gelungen erschienen.
    Der König
verzweifelte schier, denn Hiram arbeitete, als hätte er alle Zeit der Welt.
     
     
    In einer windstillen und
wolkenlosen Nacht rief Hiram alle Brüder zusammen. Stumm sahen die Meister dem
Oberbaumeister zu. Der visierte mit Hilfe eines Zedernstocks, der an der Spitze
mit einer Kimme versehen war, den Polarstern an. Sein ausgestreckter Arm wurde
zu einer Verlängerung der Sterne. Die Steine sogen das unveränderliche Licht
des Nordens auf. Und derart lebendig gemachte Steine würden der Zeit
widerstehen.
    In dieser
Nacht floß der Wein auf der Baustelle in Strömen. Die Handwerker tauschten ihre
Erwartungen aus. Sie waren sich bewußt, daß sie an einem gewaltigen Abenteuer
teilnahmen. Einzig Hirams Stimme, die ihnen durch die Bruderschaft so nahe und
durch die Wissenschaft so fern war, verlieh ihnen eine unerschöpfliche Energie.
Vom folgenden Morgen an würden alle Kopfschmerzen und Schlafbedürfnis
vergessen, die Steinblöcke ordentlich verteilen und die Feuersteinbohrer
handhaben, mit denen die Steine bearbeitet wurden.
    Die Gesellen
gaben ihnen mit Steinmeißeln Profil und vollendeten es mit kupfernen
Stechbeiteln, auf die sie mit Holzhämmern einschlugen. Deren Klingen wurden
schnell stumpf, wurden neu geschliffen und dann ersetzt.
    Ein Befehl
Hirams unterbrach den Gesang der Stechbeitel. Die Handwerker scharten sich um
ihn. Der Oberbaumeister stellte sich auf die höchste Steinschicht, die zum
Sockel des Tempels hin eine Stufe bildete. Zu seinen Füßen lagen mehrere Balken.
Er stellte einen von ihnen senkrecht und verstrebte ihn mit drei Pfosten aus
Fichtenholz. Dann stellte er einen zweiten Balken auf und befestigte ihn
rechtwinklig am ersten, so daß er sich von unten nach oben schwenken ließ.
Sodann stellte er einen dritten Balken auf und verstrebte ihn. Dann knüpfte er
aus Stricken Schlingen. Zwei Meister hoben einen Block hoch, den er an das Ende
des Balkens hängte, der der Achse am nächsten war. Die sieben anderen Meister
zogen an den Seilen und stellten damit das Gegengewicht her, das dem
Oberbaumeister erlaubte, den Block mühelos bis zur obersten, noch gedachten
Schicht zu heben. Man brauchte nur noch eine zusätzliche Bohle, Hebel und
Keile, und schon fügte sich auch der schwerste Stein wohlbehalten und paßgerecht
an seinen Platz. So gab Hiram unter den bewundernden Blicken der Bruderschaft
die

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