Der Tempel zu Jerusalem
nicht Recht, wenn er in dieser schwierigen Zeit eingriff, in der
der Herrscher seine Macht durch einen fremdländischen Oberbaumeister
geschmälert sah? Wollte Hiram etwa nicht den Thron stürzen und seine
Bruderschaft herrschen lassen? Sich nicht dagegen zu wehren war ein Verbrechen.
«Ich stimme mit dir überein»,
erklärte Elihap.
Der
Hohepriester umarmte Salomos Schreiber, das wichtigste Zeichen für
Freundschaft.
«Du bist ein
mutiger Mann», sagte Zadok. «Mit dir zusammen bauen wir Israel.»
«Welche
Stellung nimmt Banajas ein?»
«Der General
ist ein sehr schlichter Mensch. Er kann nur das Schwert führen. Unser Tun muß
geheim bleiben, unsere Gesichter undurchschaubar. Es wäre ein Fehler, ihm zu
bald von unseren Plänen zu berichten. Doch er ist mit allem einverstanden und
gehorcht uns im geeigneten Augenblick.»
Jerobeam
jubilierte. Vor ihm öffnete sich eine glänzende Laufbahn. Morgen würde er König
von Israel und oberster Heerführer sein. Den alten Banajas schickte er dann in
eine provinzielle Residenz aufs Altenteil, Zadok in Davids alte Kapelle. Elihap
würde er des Hochverrats anklagen und dann die uneingeschränkte Macht haben und
das größte Heer ausheben, das jemals in Israel zusammengekommen war. Er würde
Tyros und Byblos einnehmen, dann die Marschen des ägyptischen Deltas angreifen,
die Truppen des Pharaos vernichten und siegreich in die stolze Stadt Tanis
einziehen.
Dank Elihap hätte er Kenntnis
davon, wie Salomos Verwaltung arbeitete, so als leite er selbst den Staat. Da
er den König im Herzen seines Palastes ausspionierte, konnte dieser ihn nicht
überrumpeln. Blieb nur noch ein letztes Hindernis: Hiram und seine
Bruderschaft.
«Wie willst
du vorgehen?» fragte Elihap.
«Du wirst uns
von Salomos Absichten berichten», erwiderte Zadok.
«Wache über seine Beziehungen
zu Hiram», fügte Jerobeam hinzu. «Wir wollen ihren unseligen Bund vernichten.»
«Ihren
Bund…», wiederholte der Schreiber zweifelnd. «Ist das der richtige Ausdruck
dafür? Zuweilen habe ich das Gefühl, sie sind Blutsbrüder, und nichts kann ihre
Freundschaft zerstören. Das ist zweifellos ein Trugschluß. Salomo verabscheut
Hiram. Dessen Ruf kränkt seine Eigenliebe. Wenn der Tempel gebaut ist, wie will
er ihn dann loswerden? Trotz der Gerüchte, die nur von Hiram selbst stammen
können, weiß jeder, daß der Oberbaumeister Jerusalem nicht vor Fertigstellung seines
Meisterwerks verlassen wird. Sein Ruf ist ihm wichtiger als Salomos, und gewiß
möchte er den genießen.»
«Darum
verhindern wir ja auch den Bau dieses unnötigen Heiligtums», bestätigte Zadok.
«Salomo wird es uns danken.»
«Er wird uns
hassen, weil wir das Unternehmen vernichten, das seine Herrschaft krönen soll»,
wandte Elihap ein.
«Dieser
Herrscher ist ein Tyrann und ein Narr», meinte Jerobeam. «Er verdient es nicht
mehr, Israel zu regieren.»
«Den Bau des
Tempels verhindern… Wer könnte das schon?»
«Ich»,
antwortete Jerobeam.
Geduckt näherten sich die
beiden Fronarbeiter dem Eingang zur Baustelle. Hier hatten nur die Mitglieder
der Bruderschaft Zutritt. Die Fundamente des Tempels wurden gerade
fertiggestellt, und Hiram ließ keinen Unbefugten mehr durch. Wer am Bau
teilnahm, hatte dem Oberbaumeister den Treueeid geleistet und geschworen, die
Geheimnisse zu wahren, die er zu sehen und zu hören bekommen würde.
Hiram
berichtete von den regelmäßigen Fortschritten des Werks, weigerte sich jedoch,
die angewandten Techniken preiszugeben. Der Baumeister wurde immer scheuer und
entzog sich selbst kurzen Unterhaltungen mit dem Herrscher. Dauernd rief ihn
die Arbeit auf den Felsen, wo das Heiligtum hinter dem Bauzaun wuchs.
Die Arbeiter hielten inne.
Das Tor zur Baustelle wurde von zwei Wärtern bewacht, einer innen, der andere
außen. Bis dahin kam man leicht. Die von Jerobeam bestochenen Soldaten hatten
die Boten des Fronvogts durchgelassen. Der weitere Teil der Unternehmung war
nicht so einfach. Machten Hirams Handwerker ihre Runden? Waren hinter den
großen, am Eingang aufgehäuften Blöcken Späher aufgestellt?
Die Arbeiter
beobachteten in der blauen Abenddämmerung, daß der Wächter im Schneidersitz
zusammengesunken dasaß, er schien zu schlafen. Als die von Jerobeam
Ausgeschickten nichts Ungewöhnliches bemerkten, standen sie auf. Einer ging auf
den Wachposten zu. Der andere hatte ihm eine Fackel gegeben, die er an einem
Kohlenbecken entzündet hatte.
Der Wächter schreckte von dem
Licht geblendet hoch
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