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Der Tempel zu Jerusalem

Der Tempel zu Jerusalem

Titel: Der Tempel zu Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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ehrerbietig den Stein.
    «Wie willst
du diesen Block verwenden?»
    «Als
Fundament für das Allerheiligste», antwortete Hiram. «Vorausgesetzt, wir können
ihn bewegen.»
    Salomo wandte
sich nach Osten, schloß die rechte Hand um den Rubin und hob das Haupt zum
Himmel.
    «Wo Menschen
scheitern, haben die Elemente Erfolg. Hast du etwas gegen eine aufkommende
Brise, Meister Hiram?»
    Jetzt erhob
sich ein heftiger Wind. Bösartiger als der Chamsin rüttelte er die Leiber
durch, bis sie taumelten.
    «Ich kenne
den Windgeist», fuhr Salomo fort. «Ich weiß, wo er sich in der Unendlichkeit
des Universums unweit der Ufer des Algenmeeres bildet. Er war es, der auf die
Stimme des Ewigen hin die Fluten des Roten Meeres zurücktrieb und mein Volk
durchziehen ließ. Heute wird seine Kraft noch stärker sein. Sie wird diesen
Stein aufheben.»
    Der entfesselte Sturm zwang
Elihap und Banajas, Schutz zu suchen. Salomo blieb stehen, als machte er ihm
nichts aus. Sein Blick kreuzte sich mit Hirams, als der Block erzitterte, als
wollte er sich von seinem Leichentuch erheben. Der Baumeister zögerte nicht
länger. Er bedeutete seinen Meistern, den Stein mit Seilen zu fesseln. Einer
ging die Gesellen suchen. Mit Hilfe des Windes, der aus den tiefsten Gründen
des Kosmos gekommen war, nachdem er unterwegs Milch verschüttet hatte, ließ die
Bruderschaft den Eckstein des Tempels auf sein Ziel zurollen.
     
     
    Als man sich zum Hasartha-Fest in Jerusalem
versammelte, wo das Volk beim Verspeisen der Schaubrote der Übergabe der
Gesetzestafeln an Moses gedachte, suchte Hiram noch immer die hochragenden
Zypressenstämme, deren duftendes Holz den Boden des Tempels bedecken sollte.
Dann überzeugte er sich von dem hervorragenden Zustand der Ölbäume, die er vor
einem Jahr auf dem Lande ausgesucht hatte. Diese sonnengesättigten Bäume, die
an die fünfundzwanzig Ellen hoch und mindestens vierhundert Jahre alt waren,
sollten das Material für die symbolischen Bildwerke abgeben, mit denen er das
Heiligtum schmücken wollte. Die in den Steinbrüchen behauenen Steine, die auf
Granitsockeln standen, bildeten eine beeindruckende Reihe, die nur darauf wartete,
dem Bau eingefügt zu werden.
    Jetzt
kündigte sich die entscheidende Phase an. Während mehrerer Tage hatte niemand
mehr den Gesang der Stechbeitel, der Hämmer, der Schaber und der Polierer
gehört. Kein Eisen störte die Stille der Baustelle, denn Meister und Gesellen
erfuhren aus dem Mund des Oberbaumeisters die erforderlichen Geheimnisse, mit
denen sie die Kunst des Bauzeichnens in den Raum übertragen konnten.
    Die
Märchenerzähler vor ihrer hingerissenen Menge hatten hundert Erklärungen, eine
noch malerischer als die andere, womit sie das Fehlen des Lärms rechtfertigten.
Vor allem hatten die Dämonen dank Salomos Eingreifen damit aufgehört, jede
Nacht die Arbeit der Erbauer zunichte zu machen. Auf Befehl des Königs hatten
sie sich geläutert und halfen beim Bau mit. Diese feindseligen Kräfte huldigten
nun Salomo und waren damit einverstanden, die Handwerker zu unterstützen. Sie
kamen aus der Erde, dem Wasser, der Luft, aus Ebenen und Schluchten, aus
Wäldern und Wüsten, sprangen aus in den Tiefen verborgenen Metallen, aus dem
Saft der Bäume, den Blitzen des Gewitters, den Wellen des Meeres oder dem Duft
der Blumen und verneigten sich vor Salomo, der ihnen ihr Siegel auflegte. Daher
trugen sie die Blöcke und Stämme, das Gold und die Bronze und schwebten damit über
die Erde. Doch die phantasiereichsten Erzähler wußten noch viel mehr zu
berichten: Ein Meeresadler mit so riesigen Schwingen, daß sie vom Morgenland
bis zum Abendland und vom Süden bis in den Norden reichten, hatte Salomo einen
Zauberstein aus dem Abendgebirge gebracht. Den hatte der König Hiram
überlassen, der ihn in einen kostbaren Stoff gewickelt und in einen Goldkasten
gelegt hatte. Es reichte, daß der Oberbaumeister einen Strich auf den Felsen
aus dem Steinbruch zog und den Talisman dort ablegte, schon barst der Felsen
von ganz allein. Die Steinhauer mußten die Blöcke nur noch auf die Baustelle
bringen. Um diese dann an die anderen anzugleichen, brauchten sie keine
Schleifsteine. Dank des Adlergeschenks fügten sie sich mit einer solchen
Genauigkeit zueinander, daß kein Mörtel erforderlich war.
     
     
    «Wir sind gescheitert», stellte
Zadok fest. «Salomo und Hiram sind mächtiger denn je.»
    Sie waren in
dem Keller der Unterstadt fern von neugierigen Ohren zusammengekommen, und
Elihap und

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