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Der Tempel zu Jerusalem

Der Tempel zu Jerusalem

Titel: Der Tempel zu Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Jerobeam sahen mißmutig aus. Dem Bericht des Schreibers zufolge
gingen die Arbeiten am Tempel nach fünf Jahren peinlich genauer Vorbereitungen
mit überraschender Schnelligkeit voran. Die Fundamente waren fertiggestellt,
die ersten Steinschichten verlegt, und das Heiligtum wuchs nach einem neuen
Rhythmus. Was den Palast des Königs anging, so wurde er von Tag zu Tag schöner.
Der Audienzsaal war ausgeschmückt, demnächst sollte die Schatzkammer gebaut
werden.
    Das Volk jubelte. Die von
Salomo geforderten Anstrengungen erschienen ihm leicht. Da Weisheit den König
leitete und in seinem Herzen wohnte, warum sollte man ihm dann nicht blindlings
trauen? Er hielt, was er versprochen hatte. Der stolze Felsen, dessen Hoffahrt
Hirams Bruderschaft gemeistert hatte, war zum Diener von Gottes Tempel
geworden, in dem das Licht des Friedens leuchtete.
    «Diese
vermaledeiten Handwerker haben keine Angst gehabt», beklagte sich Jerobeam.
«Und dabei hätte das Attentat auf den Wächter eine wilde Flucht bewirken
müssen. Wenn wir es noch einmal versuchen…»
    «Zwecklos»,
hielt Elihap dagegen. «Meister Hiram nimmt ihnen alle Furcht. Sie würden ihr
Leben für ihn geben und weichen keiner Drohung.»
    Wütend hämmerte der rote
Riese mit der Faust auf die feuchte Mauer ein.
    «Dann
vernichten wir eben den Baumeister!»
    «Viel zu gefährlich», meinte
der Hohepriester. «Den schützen die Meister und Gesellen. Und bei
Nachforschungen würde Salomo sehr schnell auf uns stoßen. Wenn wir Meister
Hiram angreifen, zahlen wir mit dem Leben.»
    «Müssen wir also den Kampf
aufgeben und uns damit abfinden, daß Salomo und Hiram triumphieren?»
    «Aber
keineswegs. Uns bleibt immer noch die List. Elihap, ist es wahr, daß sich
einige Lehrlinge über den mageren Lohn beklagen?»
    «Stimmt
genau», antwortete der Schreiber. «Sie möchten gern Gesellen werden, aber
Meister Hiram denkt kaum noch an Beförderungen.»
    «Dann laßt
uns Unruhe in der Bruderschaft säen», schlug Zadok vor.
    «Aber diese
Männer haben einen Eid geschworen», rief ihnen Elihap ins Gedächtnis. «Die
verraten ihren Oberbaumeister nicht.»
    «Jeder Mensch
hat seinen Preis», sagte Jerobeam. «Wir müssen nur bereit sein, ihn zu zahlen.»

 
    Kapitel 39
     
     
     
    Am
ersten Festtag der Schafschur und der
Segnung der Herden zu Sommeranfang gab Hiram den Handwerkern der Bruderschaft
frei. Sie nahmen an Festmählern teil, die von Bauern ausgerichtet wurden, die
keine Antwort auf die vielen Fragen zum Fortschritt der Bauarbeiten bekamen.
    Der
Baumeister nahm an keiner Festlichkeit teil. Er ging in der Gegend, fern der
Dörfer, in Begleitung seines Hundes spazieren.
    Vor dem Tor
zur Baustelle ließ er einen wütenden Kaleb stehen, der zum alleinigen Wächter
ernannt worden war. Wie lang ihm die Stunden vorkamen! Wer würde schon wagen
einzudringen, wo doch mehr als hundert Soldaten auf Befehl Meister Hirams über
den ganzen Platz wachten, bis die Bruderschaft zurückkehrte? Der Hinkefuß
fürchtete sich vor der Einsamkeit, vor allem aber bedauerte er, daß er sich bei
dieser Gelegenheit nicht mit frischem Wein vollaufen lassen konnte. Niemand
begehrte mehr gegen den Bau des Tempels auf. Jeder wartete ungeduldig darauf,
ihn in seiner ganzen Pracht betrachten zu können. Kaleb hätte sich beim
Einschenken der Becher nützlicher machen können als beim Überwachen der Leere,
so wie er da im mageren Schatten der Toreinfahrt zur Baustelle saß.
    Doch wie staunte, ja erschrak
er, als er einen hochgewachsenen Mann mit Golddiadem und weißem Gewand mit
goldener Borte auf sich zukommen sah.
    Kaleb erkannte König Salomo
und erzitterte.
    «Niemand…
niemand darf hier ohne das Erkennungswort hinein!» verkündete er mit unsicherer
Stimme.
    Der Herrscher
lächelte.
    «Mein Siegel
gibt mir Zutritt zur ganzen Welt. Falls du mich hinderst, verwandele ich dich
in ein wildes Tier oder einen kopflosen Dämon.»
    Kaleb fiel vor Salomo auf die
Knie.
    «Gebieter…
ich habe meine Befehle!»
    «Bist du
Mitglied der Bruderschaft?»
    «Ein wenig…
nur ein wenig… Aber ich weiß nichts Wichtiges!»
    «Wenn das so
ist, dann vergiß, daß ich hiergewesen bin. Halte den Mund und gib den Weg
frei.»
    Gehörte der
Tempel nicht dem König von Israel? Wenn er ihn früher als vorhergesehen sah,
was machte das schon? Selbst der Hinkefuß Kaleb gefiel sich in der menschlichen
Gestalt, die ihm Gott geschenkt hatte. Da war es doch unvernünftig, wenn er
sich dem königlichen Zauber entgegenstellte.

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