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Der Tempel

Der Tempel

Titel: Der Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Reilly
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Landungssteg des Ortes an. Seine Passagiere traten auf den Steg und ich bekam sie besser in den Blick.
    Erleichtert ließ ich die Schultern sinken.
    Es waren keine Konquistadoren.
    Es waren Inka.
    Ein Mann – gekleidet in das traditionelle Gewand eines Inkakriegers – und eine Frau mit einem kleinen Kind. Alle drei trugen Kapuzen und Mäntel gegen den Regen.
    Sie gingen langsam die Hauptstraße hinauf und warfen scheue Blicke auf das Blutbad ringsumher.
    Da sah ich ihn.
    Zunächst hielt ich ihn lediglich für den Schatten eines schwankenden Asts, der auf die Wand einer der Hütten an der Straße geworfen wurde. Aber dann verschwand er und ein anderer Schatten trat an seine Stelle.
    Ich erkannte den Umriss einer großen, dunklen Katze – den schwarzen katzenhaften Kopf, die gereckte Nase, die Enden der aufgestellten, spitzen Ohren. Ich sah sie in stummer Vorfreude auf den Mord das Maul öffnen.
    Zunächst konnte ich nicht fassen, wie groß sie war. Gleich, welches Tier es sein mochte, es war gewaltig …
    Dann war es urplötzlich verschwunden und ich hatte lediglich die nackte und leere, vom Mond beschienene Hütte vor mir.
    Die drei Inka waren jetzt etwa zwanzig Schritte von der Zitadelle entfernt.
    Ich zischte ihnen laut auf Quechua zu: »Hier herüber! Kommt rasch hierher! Rasch!«
    Zunächst verstanden sie mich wohl nicht.
    Nun trat das erste Tier langsam auf die Hauptstraße.
    »Lauft!« , rief ich. »Sie sind hinter euch!«
    Der Mann drehte sich um und sah die riesige Katze hinter ihnen im Schlamm stehen.
    Das Tier bewegte sich langsam, präzise und wohl überlegt. Es sah aus wie ein gewaltiger schwarzer Panther. Kalte gelbe Augen blickten an einer spitz zulaufenden Schnauze hinab. Sie blinzelten nicht und besaßen die Katzen eigene Gleichgültigkeit.
    In diesem Moment trat ein zweites Tier zum ersten. Die beiden Rapas starrten die kleine Gruppe vor sich durchdringend an.
    Dann senkten sie den Kopf und spannten die Körper wie zwei fest zusammengedrückte Federn an, die gleich losschnellen wollten.
    »Lauft!«, schrie ich. »Lauft!«
    Der Mann und die Frau rannten auf die Zitadelle zu.
    Die beiden Katzen sprangen hinter ihnen her.
    Ich eilte zu der offenen Tür, die vom Dach der Zitadelle zum Hauptbau hinabführte, und schrie: »Renco! Wächter! Öffnet das Haupttor! Da sind Leute draußen!«
    Ich eilte zum Rand des Dachs zurück und traf gerade rechtzeitig dort ein, um zu sehen, wie die Frau an der Basis der Zitadelle eintraf. Sie trug das Kind in den Armen. Der Mann war unmittelbar hinter ihr.
    Die Katzen sprangen die Straße hinab.
    Noch immer hatte unten niemand die Tür geöffnet.
    Die Frau blickte mit furchtsamen Augen zu mir auf – und für den kürzesten aller Augenblicke war ich bezaubert von ihrer Schönheit. Sie war die wunderbarste Frau, die ich jemals gesehen hatte …
    In diesem Moment traf ich eine Entscheidung.
    Ich riss mir den Mantel vom Körper, hielt ihn am einen Ende fest und schleuderte das andere Ende über den Rand des Dachs.
    »Halt dich an meinem Mantel fest!«, rief ich. » Ich ziehe dich hoch!«
    Der Mann fing das andere Ende meines Kleidungsstücks auf und drückte es der Frau in die Hand.
    »Los!«, schrie er. »Los!«
    Kaum hing sie ein Stück weit in der Luft, da sah ich einen der Rapas den Krieger anspringen. Der Mann wurde gegen die Außenmauer der Zitadelle geschleudert und ein Übelkeit erregendes Geräusch erklang. Er schrie laut auf, als der Rapa sich daranmachte, ihn bei lebendigem Leib aufzufressen.
    Mit aller Kraft zog ich an dem Mantel und hievte die Frau und das Kind der Sicherheit entgegen.
    Sie erreichten den Rand des Dachs. In dem leichten Regen ergriff die Frau die steinerne Brustwehr, während sie gleichzeitig versuchte, mir das Kind hinüberzureichen. Es war ein kleiner Junge mit großen, erschrockenen braunen Augen.
    Verzweifelt bemühte ich mich, die Frau, den Jungen und meinen Mantel gleichzeitig festzuhalten. Voller Entsetzen sah ich, dass weitere Rapas auf die Hauptstraße von Vilcafor hinausgeschlichen waren, um sich das Durcheinander anzusehen.
    Da sprang eine der Katzen hoch und versuchte, die Kiefer um die herabbaumelnden Füße der Frau zu schließen. Aber die Frau war auf der Hut. Im allerletzten Augenblick zog sie die Beine an und die Zähne der Katze schlossen sich lediglich um die bloße Luft.
    »Hilf mir!«, bat sie, Verzweiflung im Blick.
    »Das werde ich tun«, erwiderte ich, während mir der Regen ins Gesicht schlug.
    Da vollführte die Katze

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