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Der Tempel

Der Tempel

Titel: Der Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Reilly
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langen, knochigen Finger auf die Brust.
    »Verachte dein tapferes Herz nicht, junger Goldesser«, sagte er. »Du selbst hast gewaltigen Mut gezeigt, als du unserem jungen Prinzen bei der Flucht aus seinem spanischen Gefängnis geholfen hast. Einige würden sogar sagen, dass du den allergrößten Mut gezeigt hast – den Mut, das Rechte zu tun.«
    Bescheiden senkte ich den Kopf.
    Der alte Mann beugte sich nahe zu mir heran. »Ich glaube, dass so mutige Taten nicht unbelohnt bleiben sollten. Nein, als Lohn für deine Tapferkeit würde ich dir gern das hier verehren.«
    Er hielt eine Blase hoch, die er offensichtlich einem kleinen Tier entnommen hatte. Sie war mit einer Flüssigkeit gefüllt.
    Ich nahm sie entgegen. An einer Seite hatte sie eine Öffnung, durch die, wie ich annahm, der Besitzer den Inhalt der Blase entleeren konnte.
    »Was ist das?«, fragte ich.
    »Affenurin«, erwiderte der alte Mann eifrig.
    »Affenurin?«, wiederholte ich ausdruckslos.
    »Er wird dich vor den Rapas schützen«, sagte der alte Mann. »Denke daran, der Rapa ist eine Katze, und wie alle Katzen ist er eitel. Den Stämmen dieser Region zufolge gibt es einige Flüssigkeiten, die der Rapa mit wütender Verachtung bedenkt. Flüssigkeiten, die, wenn man sie sich über den ganzen Körper schmiert, den Rapa abschrecken.«
    Ich lächelte den alten Mann schwach an. Immerhin war es das erste Mal, dass mir Exkremente eines Dschungeltiers als Geschenk der Anerkennung überreicht worden waren.
    » Vielen Dank«, sagte ich, »für ein so … wundervolles … Geschenk.«
    Der alte Mann wirkte sehr zufrieden mit meiner Antwort und sagte: »Dann sollte ich dir noch ein Geschenk überreichen.«
    Ich war drauf und dran, seine Großzügigkeit zurückzuweisen – sollte er mir eine weitere Variante tierischer Exkremente geben wollen. Aber sein zweites Geschenk war kein materielles.
    »Ich würde dir gern ein Geheimnis mitteilen«, sagte er.
    »Und welches Geheimnis ist dies?«
    »Wenn du je aus diesem Ort fliehen musst, so gehe in das quenko und nimm den dritten Tunnel rechter Hand. Von dort aus gehe abwechselnd nach links, dann nach rechts, und nimm jedes Mal den ersten Tunnel, den du erblickst, aber stelle sicher, dass du das erste Mal nach links gehst. Das quenko wird dich zum Wasserfall führen, der die weiten Feuchtgebiete des Regenwalds überblickt. Das Geheimnis des Labyrinths ist einfach, man muss nur wissen, wo man anfangen muss. Vertraue mir, junger Goldesser, und hüte diese Geschenke. Sie können dir das Leben retten.«

    ***

    Von meinem Schlummer erfrischt, kehrte ich auf das Dach der Zitadelle zurück.
    Dort fand ich Renco, der weiterhin edelmütig Wache hielt. Er musste überaus erschöpft sein, zeigte jedoch keinerlei Anzeichen davon. Aufmerksam sah er über die Hauptstraße des Ortes, ungeachtet des leichten Regenschleiers, der ihm auf den Scheitel fiel. Wortlos trat ich an seine Seite und folgte seinem Blick.
    Abgesehen vom Regen rührte sich nichts.
    Nichts gab einen Laut von sich.
    Die unheimliche Stille des Ortes war gespenstisch.
    Als er das Wort ergriff, wandte mir Renco nicht das Gesicht zu. »Vilcafor sagt, er habe den Tempel bei Tageslicht geöffnet. Daraufhin habe er fünf seiner besten Krieger hineingeschickt, um Solons Schatz zu suchen. Sie sind nie zurückgekehrt. Erst bei Anbruch der Nacht sind die Rapas aus dem Tempel gekommen.«
    » Sind sie jetzt dort draußen?«, wollte ich voller Furcht wissen.
    »Wenn sie dort sind, habe ich sie nicht sehen können.«
    Ich blickte Renco an. Seine Augen waren rot und dunkel umrandet.
    »Mein Freund«, sagte ich sanft, »du musst schlafen. Du musst deine Kraft wiedergewinnen, insbesondere wenn meine Landsleute diesen Ort finden. Schlaf jetzt, ich werde Wache halten, und wenn ich etwas sehe, werde ich dich wecken.«
    Renco nickte langsam. » Wie üblich hast du Recht, Alberto. Vielen Dank.«
    Mit diesen Worten ging er nach drinnen und ich fand mich allein auf dem Dach der Zitadelle wieder, allein in der Nacht.
    Doch noch immer rührte sich nichts unten im Ort.

    Es geschah nach etwa einer Stunde meiner Wache.
    Ich hatte die winzigen Wellen im Fluss beobachtet, der silbern im Mondlicht glitzerte, als plötzlich ein kleines Floß in Sicht kam. Ich erspähte drei Gestalten, die auf dem Deck des Fahrzeugs standen, dunkle Schatten in der Nacht.
    Mir gefror das Blut in den Adern.
    Hernandos Männer …
    Gerade wollte ich loslaufen und Renco holen, da steuerte das Floß den kleinen hölzernen

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